Von Andreas Steinhardt 16.05.2023 um 12:47 Uhr | melden
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Emil Rittershaus.
Wilhelm hatte einen exorbitanten Humor, lachte sehr viel. Ähnlich wie in den Versen von Rittershaus " Komm! Laß uns einen Scherz erzählen" sagte mein Großvater so oft: "Ich muß Dir mal einen Spaß erzählen" - es handelte sich dabei fast ausschließlich über selbst erlebte Anekdoten - Wilhelm hatte die Gabe, viel aufs Korn zu nehmen, das Leben von der heiteren Seite zu betrachten. Und darum ging es ihm im Prinzip immer gut. Manchmal gelingt mir dies auch - meines Erachtens viel häufiger als meinen Mitmenschen - aber es ist nicht so einfach, immer alles von der humorvollen Seite zu betrachten. Ich habe einen Freund, der scheinbar alles humoristisch betrachtet kann - derweil ist dies aber auch sehr anstrengend. Ich bin zufrieden mit meiner Mischung aus objektiver Betrachtungsweise, einer großen Portion Melancholie - und manchmal bin ich auch "Wilhelm" - Gott sei Dank!
Ihr, die ihr allen Scherz vernehmet,
Laßt dem Humor das Spiel beim Krug!
Wer nie zum Denken sich bequemet,
Hat doch zum Lästern Witz genug!
Da trifft der Pfeil den Armen, Schwachen,
Da will nicht die Verleumdung ruhn! –
Viel besser ists beim Scherz zu lachen,
Als seinem Nächsten weh zu tun!
Bevor die bösen Reden fallen,
Bring heitrer Sinn das Blut in Fluß. –
Ach, auch der Klügste unter Allen
Liebt ja nicht immer Spiritus!
Warum sich stets zum Ernste quälen?
Ein jedes Ding zu seiner Stund! –
Komm! Laß uns einen Scherz erzählen!
Man lacht – und Lachen ist gesund!
Emil Rittershaus, *03. April 1834 in Barmen (heute zu Wuppertal),
+03.. März 1897 ebenda. Rittershaus war ein westfälischer Lyriker
und Rezitator, sehr bekannt sein "Westfalenlied"