Gedenkkerzen
Kerze anzündenHier sehen Sie alle 142 Gedenkkerzen, welche für Wilhelm Remiorz angezündet wurden. Entzünden auch Sie eine Gedenkkerze.
Zur Gedenkkerze ein nettes, kleines Gedicht von Heinrich Hoffmann, Autor des "Struwwelpeter."
Nach einigen sehr ruhigen, trockenen aber
trüben Novembertagen ereilt uns morgen wechselhafteres Wetter, wenn auch nicht zu vergleichen mit den großen Regenmengen
und stürmischen Tagen im letzten November.
Wilhelm trotzte jedem Wetter, es schien ihm
schier nichts anhaben zu können. Über den
Regen oder Sturm mäkeln oder murren? Nein - Wilhelm ging spazieren. "Wofür gibt es denn
wohl Schirme, Regenjacken, Handwärmer
und festes Schuhwerk?" - so höre ich meinen Großvater noch reden...
November
von Heinrich Hoffmann
Trüber Himmel, raue Tage
Kommen sicher jedes Jahr;
Schwere Sorgen, harte Plage,
Jedes Leben bringt sie dar.
Doch bedenkt, die heitern Stunden
Hätten nie euch so beglückt,
Hättet ihr nicht überwunden,
Was in trüben euch bedrückt.
Heinrich Hoffmann, auch "Peter Struwwel" od. "Reimerich Kinderlieb", war ein dt. Lyriker, Kinderbuchautor und Psychiater. Wie man es
an seinem Pseudonym schon beinahe errät,
war Hoffmann Verfasser des "Struwwelpeter."
(1844, als Weihnachtsgeschenk für seinen
Sohn, Neufassung mit Bebilderung 1858)
Hoffmann wurde am 13. Juni 1809 in Frankfurt am Main geboren, starb am 20. September 1894 ebenda.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Adolf Schults, "Sonntag" - welches mich doch ein wenig zum Schmunzeln bringt...
Um direkt Bezug zum Gedicht zu nehmen - Wilhelm war zwar nicht ungläubig, aber er war auch nicht der "Kirchgänger vor dem Herrn"
Meinen Großvater lockte es dann doch mehr
in Wald und Feld zum Spaziergang am Sonntagvormittag, als zur Predigt in die hiesige Josefskirche....
"Geht ihr mal! Der Poppek (Name eines Pfarrers) läutet schon! Und betet für mich und meine Sünden" - einen unschlagbaren Humor hatte
mein Opa ja...
Sonntag
von Adolf Schults
Sonntag, Sonntag! Horch, der Glocken
lieblich lockender Ton erschallt!
Wie sie dich zur Kirche locken,
locken sie mich zum grünen Wald,
wie verschieden die Wege scheinen,
einem Ziel doch streben sie zu;
denn den Ewigen, Einzig-Einen
suchen wir beide, ich und du.
Gar verschiedene Wege sind es,
doch sie führen zu einem Ziel:
Mir erscheint es im Säuseln des Windes,
dir im wogenden Orgelspiel.
Adolf Schults, dt. Dichter, *05. Juni 1820 in Elberfeld (seit 1930 Teil der damals neugegründeten Stadt Wuppertal),
+02. April 1858 ebenda.
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Hugo von Hofmannsthal über den Wörthersee, was man ohne Hintergrundwissen zu Hoffmannsthals "Reiselied" vermutlich nicht auf den ersten Blick erkennen mag...
Wilhelm verreise nicht viel - ehrlich gesagt erinnere ich mich nur an einen einzigen Reisebericht. Mein Großvater wollte im Prinzip nie fort von seinem Haus, seinem Garten, seinem gemütlichen Platz unter dem alten Kirsch- und auch Apfelbaum.
"Ich war einmal am Wörthersee" oder: "Mensch, was war es schön am Wörthersee! " - ich kann
gar nicht sagen, wie oft mir mein Opa von seiner
(vermeintlich einzigen) größeren Reise nach Kärnten erzählte - es muß ihn schwer beeindruckt haben...
Diese eine Urlaub reichte ihm offenbar für das ganze Leben. Ihm fiel immer etwas anderes ein, was er denn alles dort unten in Österreich in jenen zwei Wochen seines Lebens sah und erlebte. Er war kein junger Mann mehr, schon im Rentenalter, und wurde von seiner jüngeren Tochter, meiner Tante, in diesen Urlaub mitgenommen.
Wie schön bodenständig dieser Mann doch war! Einmal zum Wörthersee und zurück - und Wilhelm hatte ein Leben lang etwas zu erzählen...
Bei Interesse lesen Sie doch einmal im Netz die Legende der Entstehung des Wörthersees - vielleicht kann man dann die folgenden, etwas "irritierenden Verse" des österreichischen Dichters, welche sich direkt auf den Wörthersee beziehen, auch besser einordnen...
Reiselied
von Hugo von Hoffmansthal
Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.
Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
In den alterslosen Seen.
Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn...
Hugo Laurenz August Hofmann Edler von Hofmannsthal, *01. Feb. 1874 in Wien, +15. Juli 1929 in Rodaun, seit 1938 zu Wien. Hofmannsthal war österr. Schriftsteller, Dramatiker, Lyriker und Mitbegründer der Salzburger Festspiele.
Zur Gedenkkerze am heutigen Hochfest Allerheiligen und zum morgigen Gedenktag Allerseelen ein Gedicht von Franz Reinhold Fuchs.
Ich gedenke mit dieser Kerze nicht nur Wilhelm, sondern auch den Vorfahren meines Großvaters, seinen Eltern Johann und Maria Elisabeth, seinen Großeltern Josef und Maria wie Jakob und Sophia sowie weiteren Ahnen, dessen Namen vermutlich niemand mehr kennt, zudem seinem Bruder Theodor und seiner Schwester Maria.
Die folgenden Verse sind vielleicht nicht gerade erbauend, aber vielleicht passend zu der beginnenden Reihe an Gedenktagen im November, am End ein Lichtschimmer zwischen Trauer und Sehnsucht, zwischen Abschied und erhoffter Wiederkehr.
Für Wilhelm. Für Axel.
Allerseelen
von Franz Heinrich Fuchs
Welch traumhaft stilles Schreiten
Den fahlen Hain entlang!
Rings müder Blätter Gleiten,
Und über Stoppelbreiten
Verlorner Glockenklang.
Was je dein Herz besessen
An Hoffnung, Glück und Leid,
Was unter Gruftzypressen
Geschlummert, halbvergessen,
Gibt klagend dir Geleit.
Gestalten, längst entschwunden,
Brechen des Grabes Bann:
Neu bluten alte Wunden,
Und tote Wonnestunden
Lächeln dich schmerzlich an.
Herz, heiß die Sehnsucht schweigen,
Die um Vergangnes wirbt! –
Die ew’gen Sterne steigen,
Die Heimat dir zu zeigen,
Wo jede Klage stirbt!
Franz Reinhold Fuchs, dt. Pädagoge und Dichter,
* 08. Juni 1858 in Leipzig, +12. Mai 1938 in Dresden.
Zur heutigen Gedenkkerze ein schönes Herbstgedicht von Gottfried Keller, mit Anmerkungen zu den Versen.
Nach einem wundervollen, sonnendurchfluteten Samstag mit Temperaturen bis 20°C in hiesigen Breitengraden war es am Sonntag überwiegend trübe, es gab ein wenig Morgenregen, zögerlich lichteten sich die Wolken. Ähnlich dem heutigen Tag, die Sonne scheint etwas milchig durch die Wolken, über 16° C. an einem 28. Oktober werden sich wahrscheinlich nur wenige beklagen...
Wilhelm würde den heutigen Tag sicherlich nutzen um Blätter zu fegen, durch die vielen Obstbäume in seinem Garten fiel zu dieser Zeit eine Menge Laub an, inklusive Fallobst. Zwischendurch würde er bei diesen noch milden Temperaturen immer wieder ein kleines Päuschen auf seinem Gartenstuhl, unter dem fallenden Laub des Apfelbaums machen...
Stiller Augenblick
von Gottfried Keller
Fliehendes Jahr, in duftigen Schleiern
Streifend an abendrötlichen Weihern,
Wallest du deine Bahn;
Siehst mich am kühlen Waldsee stehen,
Wo an herbstlichen Uferhöhen
Zieht entlang ein stummer Schwan.
Still und einsam schwingt er die Flügel,
Tauchet in den Wasserspiegel,
Hebt den Hals empor und lauscht;
Taucht zum andern Male nieder,
Richtet sich auf und lauschet wieder,
Wie’s im flüsternden Schilfe rauscht.
Und in seinem Tun und Lassen
Will’s mich wie ein Traum erfassen,
Als ob’s meine Seele wär’,
Die verwundert über das Leben,
Über das Hin- und Widerschweben,
Lugt’ und lauschte hin und her.
Atme nur in vollen Zügen
Dieses friedliche Genügen
Einsam auf der stillen Flur!
Und hast du dich klar empfunden,
Mögen enden deine Stunden,
Wie zerfließt die Schwanenspur!
Kurze Anmerkung:
Wie ich finde ein sehr interessantes, etwas anderes Herbstgedicht, die Ruhe am Waldsee
wird prinzipiell als genießerischer Augenblick dargestellt "Atme nur in vollen Zügen - Dieses friedliche Vergnügen", kein Wort von Sturm oder Regen.
Besonders zum Reimschema:
Die Strophen sind im Schweifreimschema (aabac) aufgebaut und enden mit Hebungen, Paarreime mit Senkungen. Zu Versbeginn findet ein Wechsel Dieser statt (Versfuß Trochäus, Daktylus in immer wieder vorkommenden Senkungen).
Gottfried Keller, *19. Juli 1819 in Zürich, +15. Juli 1890 ebenda.
Keller war Schriftsteller (z.B. "Der grüne Heinrich") Dichter, nebenbei Maler und im politischen Amt (Erster Staatsschreiber Kanton Zürich)
Zur heutigen Gedenkkerze ein schönes Herbstgedicht von Friedrich Hebbel.
Nach kühlen und windigen Oktobertagen soll es morgen in hiesigen Breitengraden bis zu 20° C. warm werden. In anderen Regionen Deutschlands könnte es bei Fön noch um einiges wärmer werden...
...wie wird heuer der Winter???
Wilhelm säße bei solch kommenden, warmen Oktobertagen sicherlich unter seinem alten Apfelbaum oder dem Birnbaum, bis
die Sonne sich neigen würde...
"Dies ist ein Herbsttag wie ich keinen sah", so beginnt das Gedicht von Friedrich Hebbel, wir können diesem in den folgenden Tagen wahrscheinlich durchweg zustimmen...
Für Wilhelm. Für Axel.
Herbstbild
von Friedrich Hebbel
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält;
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Friedrich Hebbel, früheres Pseudonym Dr. J. F. Franz, *18. März 1813 in Wesselburen/ Dithmarschen, heutiges Schleswig-Holstein,
+13. Dezember 1863 in Wien.
Hebbel war deutscher Dramatiker, Lyriker und Erzähler "Maria Magdalena", sehenswert das Hebbel-Museum in Wesselburen
mit 550 Exponaten.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Erich Kästner. Der Oktober zeigt sich heute von seiner schönen Seite, auch der morgige Sonntag wird für hiesige Breitengrade als sehr freundlich prognostiziert.
Nun, "frösteln", wie in den Versen von Kästner beschrieben, tut es zwar noch nicht - aber lang wird es damit nicht mehr auf sich warten lassen.
Wilhelm hätte sich an solch einem strahlenden Oktobertag noch einmal, vielleicht nur mit einer Weste oder Pullover bekleidet, unter seinen alten
Apfel- oder Birnbaum gesetzt, den ersten umherfliegenden Blättern hinterher gesehen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen...
Der Oktober
von Erich Kästner
Für Wilhelm. Für Axel.
Fröstelnd geht die Zeit spazieren.
Was vorüber schien, beginnt.
Chrysanthemen blühn und frieren.
Fröstelnd geht die Zeit spazieren.
Und du folgst ihr wie ein Kind.
Geh nur weiter, bleib nicht stehen.
Kehr nicht um, als seis zuviel.
Bis ans Ende musst du gehen,
hadre nicht in den Alleen.
Ist der Weg denn schuld am Ziel?
Geh nicht wie mit fremden Füßen
und als hättst du dich verirrt.
Willst du nicht die Rosen grüßen?
Lass den Herbst nicht dafür büßen,
dass es Winter werden wird.
Auf den Wegen, in den Wiesen
leuchten, wie auf grünen Fliesen,
Bäume bunt und blumenschön.
Sinds Buketts für sanfte Riesen?
Geh nur weiter, bleib nicht stehn.
Blätter tanzen sterbensheiter
ihre letzten Menuetts.
Folge folgsam dem Begleiter.
Bleib nicht stehen. Geh nur weiter,
denn das Jahr ist dein Gesetz.
Nebel zaubern in der Lichtung
eine Welt des Ungefährs.
Raum wird Traum. Und Rausch wird Dichtung.
Folg der Zeit. Sie weiß die Richtung.
„Stirb und werde!“ nannte ers.
Emil Erich Kästner, *23. Februar 1899 in Dresden, +29. Juli 1974 in München.
Kästner war ein dt. Schriftsteller, Publizist, Drehbuchautor und Kabarettdichter - "Das doppelte Lottchen" oder "Emil und die Detektive" werden fast jedem etwas sagen. Er zählt zu den Autoren von Weltgeltung. 1959 bekam Kästner das Große Bundesverdienstkreuz.
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Georg Heym, passend zum heutigen meteorologischen Herbstanfang um 14:43 h MESZ.
Nun, in hiesigen Breitengraden beschert uns
das Herbstäquinoktium noch einmal einen warmen Tag bis zu 25° C, bevor der Sommer
am Nachmittag fast symbolisch in wolkiges, morgen auch in regnerisches Wetter in den
Herbst übergeht...
Wilhelm mochte den Herbst, er war retativ Wetter- und Jahreszeiten unabhängig, ein Murren über das zu stürmische oder regnerische Wetter gab es bei ihm nicht. Staunend und neugierig beobachte mein Opa Willi die Wetterentwicklung im Herbst, machte ausgedehnte Spaziergänge durch das umhertreibende Laub.
"Endlich kann man wieder richtig durchatmen" hörte ich öfter von meinem Großvater bei gemeinsamen Spaziergängen.in meiner Kindheit. Ich stimme dem voll zu...
Für Wilhelm. Für Axel.
Der Herbst
von Georg Heym
Viele Drachen stehen in dem Winde,
Tanzend in der weiten Lüfte Reich.
Kinder stehn im Feld in dünnen Kleidern,
Sommersprossig und mit Stirnen bleich.
In dem Meer der goldnen Stoppeln segeln
Kleine Schiffe, weiß und leicht erbaut;
Und in Träumen seiner leichten Weite
Sinkt der Himmel wolkenüberblaut.
Weit gerückt in unbewegter Ruhe
Steht der Wald wie eine rote Stadt.
Und des Herbstes goldne Flaggen hängen
Von den höchsten Türmen schwer und matt.
Georg Friedrich Franz Artur Heym, *30. Oktober 1887 in Hirschberg, Schlesien (heute Jelenia
Góra, poln. Woiwodschaft Niederschlesien),
+16. Januar 1912 in Gatow, Osthavelland, seit 1920 eingemeindet in den Berliner Stadtbezirk Spandau.
Heym gilt als einer der wichtigsten Lyriker des früheren literarischen Expressionismus.
Zur Gedenkkerze ein kleines Gedicht, passend
zur Jahreszeit von Christian Morgenstern.
Nach dem letzten warmen und sonnigen Wochenende bekamen wir einen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Herbst - deutliche Abkühlung, viele Wolken, ab und zu Schauer und morgendliche Temperaturen von 8° C.
Wilhelm wäre es recht Einerlei, er genoss den Sommer auf seine Weise, aber er hatte auch keinerlei Einwände gegen einen frühen Herbst.
Ich freue mich drauf, für viele unverständlich,
auf die kühlere, durchwachsenere Jahreszeit.
Mein Opa verbrachte die Sommer im Schatten seines Kirsch- und Apfelbaums und sagte immer gerne: "Man muss durch den Sommer durch" -
so halte ich es auch...
Den Sonnenanbetern unter Ihnen sei mit Gewissheit gesagt: Ihre Zeit kommt wieder...
Sie müssen jetzt "durch den Herbst und Winter durch..." - gönnen Sie der Natur ihre Auszeit.
Und denen, die wirklich Probleme mit dem Sommer haben, sei es kreislaufmäßig, sei es maltretiert durch schwere Sonnenallergie...
...heute geht es mir gut.
Für Wilhelm. Für Axel.
Septembertag
von Christian Morgenstern
Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit,
die dich befreit, zugleich sie dich bedrängt;
wenn das kristallene Gewand der Wahrheit
sein kühler Geist um Wald und Berge hängt.
Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit.
Christian Otto Josef Wolfgang Morgenstern,
*06. Mai 1871 in München, +31. März 1914 in
Untermais, Tirol.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Robert Reinick.
Wie oft saß Wilhelm im Schatten seines alten Apfelbaumes und
ließ den lieben Gott einen guten Mann sein lassen? Dabei stets
die kleine Straße beobachtend, ein Gruß, ein Winken, feststellend, das er heute Herrn Kaminski noch gar nicht gesehen habe...
Beim heutigen Regenwetter wäre ein solch schönes Verweilen unter dem Baume nicht möglich, aber für morgen sind in unserem Sektor wieder Sonnenschein bei bis zu 28° angesagt - dann säße mein Großvater sicherlich wieder auf seinem Beobachtungsposten
unter dem wunderschönen, alten Apfelbaume...
September – Der Apfelbaum
von Robert Reinick
Der Apfelbaum, das ist ein Mann!
Kein andrer gibt so gern wie der.
Im Winter, wenn man schüttelt dran.
Da gibt er Schnee die Fülle her.
Im Frühling wirft er Blüten nieder,
Im Sommer herbergt er die Finken;
Jetzt streckt er seine Zweige nieder,
Die voller Frucht zur Erde sinken.
Drum kommt! und schüttelt was ihr könnt,
Ich weiß gewiss, dass er’s euch gönnt.
Robert Reinick, *22. Februar 1805 in Danzig, +7. Februar 1852
in Dresden.
Reinick war ein deutscher Maler und Dichter.
Zur Gedenkkerze für meinen Großvater möchte ich erwähnen, daß heute Wilhelms Tochter Dorothea, Schwester meiner verstorbenen Mutter, Gerda, ihren 93. Geburtstag feiert. Zuletzt besuchte ich meine Tante, welche auswärts wohnt, im Juli.
Wir sind stolz und glücklich, das Dorothea immer noch so rüstig und aktiv ist. Sie geht jeden Tag selbstständig einkaufen, ist sehr gut zu Fuß und erfreut sich stabiler Gesundheit. Meine Tante ist lebensfroh und mitteilsam, über den Tod macht sie sich keine Gedanken. "Warum sollte ich das tun"? entgegnete sie mir einmal. Sie freut sich über jeden Tag, der ihr geschenkt wird - was für
ein Vorbild!
Im Bilderalbum finden sie einige Fotos von Wilhelms Töchtern:
Bild 5 zeigt links Gerda, rechts Dorothea.
Auf Foto 8 sieht man ganz links Dorothea, in der Mitte ihre Eltern, rechts Gerda.
Bild 9 auf der Treppe: links meine Mutter Gerda, rechts meine Tante Dorothea.
Foto 10 zeigt Gerda links als Kommunionkind,
rechts daneben Dorothea.
Zur heutigen Gedenkkerze ein schönes Sommergedicht von Hermann Allmers.
Die Verse passen ganz gut zu meinem
Großvater Wilhelm, dem freundlichen
Lebemann, ich kann mir ihn ganz gut im
hohen Gras lümmelnd vorstellen, womöglich
noch mit einem Gänseblümchen im Mund
und still das Wolkenspiel beobachtend...
Für Wilhelm. Für Axel.
Feldeinsamkeit
von Hermann Allmers
Ich ruhe still im hohen, grünen Gras
Und sende lange meinen Blick nach oben,
Von Grillen rings umschwirrt ohn’ Unterlass,
von Himmelsbläue wundersam umwoben.
Und schöne, weiße Wolken ziehn dahin
Durchs tiefe Blau, wie schöne, stille Träume; –
Mir ist, als ob ich längst gestorben bin,
Und ziehe selig mit durch ew’ge Räume.
Hermann Ludwig Allmers, *11.02.1821 in Rechtenfleth*), +9. März 1902 ebenda.
Allmers war ein deutscher Dichter und Schriftsteller - er schrieb vor allem über
Kultur und Landschaft seiner Heimat.
*)Rechtenfleth ist eine Ortschaft in der Einheitsgemeinde Hagen im Bremischen im niedersächs. LK Cuxhaven. Eingemeindet zu Sandstedt 1968, 2014 zu Hagen i. B.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Sommergedicht
von Gertrud Goes, welches meinem immer so fröhlichen Großvater Wilhelm sicherlich gefallen hätte.
Sommerabendwind
von Gertrud Goes
Leiser Sommerabendwind,
Der durch reife Gräser schleicht,
So wie die schlanke Männerhand
Über Frauenhaare streicht;
Leiser Sommerabendwind,
Der um volle Rosen geht
Und von jedem offnen Kelch
Eine Welle Duft erfleht;
Leiser Sommerabendwind,
Der mit Tönen überrascht,
Der von zartem Vogellied
Noch den letzten Laut erhascht;
Leiser Sommerabendwind,
Der die Mittagswolken kühlt,
Und das ganze Himmelszelt
Nach versunknem Glanz durchwühlt;
Leiser Sommerabendwind,
Sag mir, flogst du aus dem Tor,
Das der Sel’gen Gärten schließt,
Eben leicht beschwingt hervor?
Leiser Sommerabendwind,
Hast die Sehnsucht mir geweckt,
Dass nach deinem Heimatland
Meine Seele froh sich reckt!
Gertrud Goes, geborene Staehle, *25.11.1878 in Löwenstein, damals zum Oberamt Weinsberg/ Württemberg gehörend, heute zum Landkreis Heilbronn, +30. Dezember 1915 in Engelsbrand, damaliger Schwarzwaldkreis, heute zum Enzkreis, Baden-Württemberg. Engelsbr. ist Nachbarort von Pforzheim.
Goes war eine deutsche Dichterin und Erzählerin.
Zur Gedenkkerze der Hinweis zu den Bildern im Album, Aufnahme 7 - 13 der Album-Reihenfolge.
Im letzten Jahr bekam ich von Wilhelms Tochter Dorothea (92) einige alte Bilder an die Hand, welche ich nun digitalisiert habe.
Ich bin im Rahmen meiner Ahnenforschung sehr interessiert an weiteren Daten und ggf. Bildern des Remiorz-Zweiges. Mehr dazu später.
Bilderalbum:
Bild 7 und 8 des Albums zeigt meinen Großvater Wilhelm als noch recht jungen Mann.
Foto 9 zeigt Wilhelm mit seiner Ehefrau Theresia (auch eigene Gedenkseite, Theresia Remiorz) und ihren beiden Töchtern Gerda (meiner Mutter, eigene Gedenkseite Gerda Sophia Steinhardt) wie meiner Tante Dorothea ,"Thea".
Auf Bild 10 sehen Sie beide Töchter in jungen Jahren - Aufnahme 11 als Kinder anlässlich der Erstkommunion von Gerda.
Aufnahme Nr. 12 des Albums zeigt Wilhelms Ehefrau Theresia.
Das letzte Foto im Album zeigt Wilhelm und Theresia bei einer großen Familienfeier zwischen 1987-1990.
Zum Remiorz-Zweig gibt es zumindest von Seiten meiner Tante noch Kontakt zu einer Nichte von Wilhelm.
Wilhelm hatte zwei Geschwister, Maria und Theodor, "Theo". Er ist mir noch bestens in Erinnerung, wohnte er dich im selben Ortsteil wie mein Großvater. Er war von ähnlichem Frohsinn und Heiterkeit wie sein Bruder "Willi", immer ein Scherz auf den Lippen, ständig lächelnd.
Es wurde mir vor wenigen Tagen empfohlen, zu Theos Sohn Dieter, an welchen ich mich persönlich nicht mehr erinnern kann, Kontakt aufzunehmen zwecks Ahnenforschung und der eventuellen Möglichkeit an weitere alte Bilder zu gelangen. Zumindest verfüge ich über die Anschrift seiner ehem. Gemeinschaftspraxis an der Grenze RP/NRW.
Sollte der große Zufall es wollen und SIE zur Familie Remiorz, Nachfahren von Theodor gehören, schreiben sie dies ruhig zu einer Gedenkkerze. Ich würde mich sehr darüber freuen!
Falls Sie eine Mail-Adresse hinterlassen, kann ich diese Gedenkkerze/Text selbstverständlich umgehend nach Kenntnisnahme wieder löschen.
Es wäre in der Tat ein unglaublicher Zufall.
Diese Gedenkkerze widme ich nicht nur Wilhelm, sondern auch seinem Bruder Theodor, seiner Schwester Maria und all unseren verstorbenen Vorfahren des Remiorz-Zweiges.
Eltern von Wilhelm:
Johann Remiorz
* 03.02.1878
im April 1945
Maria Elisabeth Remiorz, geborene?
*13.06.1886 in Rybnik / Schlesien
╬ 20.07.1933 in Bottrop
____________________________________________
Großeltern von Wilhelm väterlicherseits:
Josef Remiorz
Maria Remiorz, geb. Nowak
momentan keine weiteren Daten vorhanden
____________________________________________
Großeltern von Wilhelm mütterlicherseits:
Jakob Strudulla
*01.05.1856
╬ 24.11.1917
Sophia Strudulla geb. Hruzik
*05.04.1858
╬01.05.1931
Zur Gedenkkerze ein Sommergedicht von Ada Christen.
Gestern gab es hierzulande noch ein oder Tropfen - eine kurze Hitzewelle ist allerdings schon angekündigt.
Ging ich mit meinem Großvater Wilhelm nach einem Regenguss spazieren, fragte er mich stets:
"Kind, riechst du den Wald, riechst du das Feld, die Wiese nach dem Regen?" In der Tat ist es ein schöner, gar erfrischender Geruch, da hatte mein Opa schon recht...und die Luft ist schlichtweg besser nach einem warmen Tag - Wilhelm atmete immer tief und hörbar durch - "Endlich wieder Luft schnappen können", äußerte er so bei sich...
Ich werde mich vielleicht wieder am Sonntag daran erinnern, wenn ich nach dem angekündigt
heißen Samstag, vielleicht nach einem
Regenguss, eine kleine Runde um das Feld,
dem Bauernhof, "zum Durchatmen" in Angriff nehme...
Nach dem Regen
von Ada Christen
Die Vögel zwitschern, die Mücken
Sie tanzen im Sonnenschein,
Tiefgrüne, feuchte Reben
Gucken ins Fenster herein.
Die Tauben girren und kosen
Dort auf dem niederen Dach,
Im Garten jagen spielend
Die Buben den Mädeln nach.
Es knistert in den Büschen,
Es zieht durch die helle Luft
Das Klingen fallender Tropfen,
Der Sommerregenduft.
Ada Christen (Pseudonym), eigentl. Christina von Breden, *06. März 1839 in Wien, +19. Mai 1901 in Inzersdorf am Wienerberge, seit 1938 Stadtteil von Wien.
Christen war eine österreichische Schriftstellerin, Dichterin und Theaterschauspielerin.
Durch die Vermittlung des Schriftstellers und Lyrikers Ferdinand von Saar erschien 1868 als ihre erste Veröffentlichung das Gedichtband "Lieder einer Verlorenen", welches durch seine Kombination von Erotik und sozialer Anklage zur Provokation wurde und entsprechend hohe Auflagen erreichte. Saar hatte ihr auch zu dem Pseudonym "Ada Christen" geraten, das sie für immer beibehielt.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Hans Böhm.
Lieben Sie den Juli - auch diesen? Nun, er ist ziemlich durchwachsen, wie der Letztere.
Morgen soll es einmal ein Zwischenhoch geben mit Temperaturen um die 30°, bevor wir Mittwoch oder Donnerstag zumindest wieder in unserer Region Regenwetter erwarten.
Was würde mein Großvater Wilhelm morgen machen? Er würde sich Stunden unter seinen schattigen Apfelbaum setzen - und Gott einen guten Mann sein lassen...
Er war mir gleich mir nicht wirklich ein Freund der hohen Temperaturen - aber konnte solch einen Tag durchaus genießen - im Schatten...ich versuche ihn zu finden...
Genießen Sie den morgigen Tag - der Regen kommt bestimmt. Sehr bald.
Juli
von Hans Böhm
Für Wilhelm. Für Axel.
Mit weißen Wolken Sommertag
Wie himmlisch du mich überblühst!
Es neckt der Wind mit lauem Schlag
Die Sonne wandelt hoch und grüßt.
Im Lindenbaume fällt und steigt
Der Biene dunkler Glockenton.
Geziefer webend mich umgeigt
So hör ich’s tausend Jahre schon.
Und wie die Wärme jubelnd schwillt
Und flimmert über Feld und Au
Da fahr ich mit der Erde mild
Und golden in das Himmelsblau.
Hans Böhm, *18. April 1876 in Köln,
+12. Dezember 1946 in Dießen am
Ammersee (heute LK. Landesberg am Lech, BY)
Böhm war ein deutscher Literaturwissenschaftler und Schriftsteller.
Heute vor 31 Jahren starb Wilhelm im Alter von 89 Jahren nach kurzer Schwäche im hiesigen Hospital.
Er war ein äußerst humorvoller Großvater, der immer einen Scherz auf den Lippen hatte, immer sehr heitere Anekdoten erzählte.
Als 1979 der amerik. Schauspieler John Wayne starb, titelte ein großes deutsches Boulevardblatt die Schlagzeile:
"Er starb wie ein Held" -
Wilhelm sagte zu mir: "...das werden sie über mich nicht schreiben, wenn ich einmal sterbe!" -
...doch, Opa, Du bist wie ein Held gestorben, mit einem Lächeln im Gesicht, einem letzten Scherz auf den Lippen und ohne Furcht. Und ich schreibe es DOCH über Dich, das es viele lesen können:
"Wilhelm Remiorz starb wie ein Held"
-
Inschrift auf John Waynes Grabstein:
„Der morgige Tag ist das Wichtigste im Leben.
Er kommt zu uns um Mitternacht – ganz rein.
Er ist makellos, wenn er ankommt, und gibt sich
in unsere Hände. Er hofft, dass wir vom Gestern etwas gelernt haben.“
John Wayne, *26.05.1907 in Winterset, Iowa, +11.06.1979 in Los Angeles.
Wilhelm Remiorz, * 27.05.1904 in Bottrop,
+25.06.1993 in Gladbeck.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Erich Kästner, welches im Juni beginnt und uns heiter durch die Jahreszeiten führt.
Die "Schafskälte" hat uns in diesen Tagen voll im Griff, ein Tief aus Nordeuropa liegt über uns.
Die folgenden Verse von Kästner hätten meinem Großvater sicherlich sehr gefallen - falls er diese nicht auch kannte - er trug mir häufig Gedichte vor, meist solche, die etwas aus dem Rahmen fielen und eine gewisse Heiterkeit inne hatten...
Der Juni
von Erich Kästner
Die Zeit geht mit der Zeit: Sie fliegt.
Kaum schrieb man sechs Gedichte,
ist schon ein halbes Jahr herum
und fühlt sich als Geschichte.
Die Kirschen werden reif und rot,
die süßen wie die sauern.
Auf zartes Laub fällt Staub, fällt Staub,
so sehr wir es bedauern.
Aus Gras wird Heu. Aus Obst Kompott.
Aus Herrlichkeit wird Nahrung.
Aus manchem, was das Herz erfuhr,
wird, bestenfalls, Erfahrung.
Es wird und war. Es war und wird.
Aus Kälbern werden Rinder
Und weils zur Jahreszeit gehört,
aus Küssen kleine Kinder.
Die Vögel füttern ihre Brut
und singen nur noch selten.
So ists bestellt in unsrer Welt,
der besten aller Welten.
Spät tritt der Abend in den Park,
mit Sternen auf der Weste.
Glühwürmchen ziehn mit Lampions
zu einem Gartenfeste.
Dort wird getrunken und gelacht.
In vorgerückter Stunde
tanzt dann der Abend mit der Nacht
die kurze Ehrenrunde.
Am letzten Tische streiten sich
ein Heide und ein Frommer,
obs Wunder oder keine gibt.
Und nächstens wird es Sommer.
Emil Erich Kästner, *23. Februar 1899 in Dresden, +29. Juli 1974 in München.
Kästner war ein dt. Schriftsteller, Publizist, Drehbuchautor und Kabarettdichter -
"Das doppelte Lottchen" oder "Emil und die Detektive" werden fast jedem etwas sagen.
Er zählt zu den Autoren von Weltgeltung. 1959 bekam Kästner das Große Bundesverdienstkreuz.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Max Dauthendey.
Meine Gedanken sind bei den Opfern der schlimmen Regenfälle, des Hochwassers in Bayern und Baden-Württemberg.
Möge sich die Lage schnellstmöglich (weiter) entspannen!
Der Regen schlägt das Haus mit Ruten
von Max Dauthendey
Draußen die Regenwolken, die schwimmend großen,
Sind wie die Fische mit grauen Flossen,
Die Wasser aus den Kiemen stoßen.
Der Regen schlägt das Haus mit Ruten,
Laute Wasserfluten schwemmen vom Dach;
Ein früher Abend kommt zu uns ins Gemach.
Wir hören die langen Finger vom Regen,
Die fahrig sich am Fenster bewegen,
Als will der Regen sich zu uns auf die Kissen legen.
Maximilian Albert Dauthendey, *25. Juli 1867 in Würzburg, +29. August 1918 in Malang auf Java, heute zu Indonesien.
Dauthendey war ein deutscher Dichter und Maler.
Heute vor 120 Jahren wurde mein Großvater Wilhelm, vom Familienstamm Schlesier, in Bottrop geboren.
Ein Original erblickte das Licht der Welt, eine Frohnatur, ein unglaublich humorvoller Mensch -
er sollte viele Menschen fröhlich und glücklich machen.
Wilhelms Geburtsjahr 1904 - was war das für eine Zeit? Vor 120 Jahren? Können wir es uns retrospektiv vorstellen, in dieser Zeit zu leben?
- Kaiser Wilhelm ll. war Staatsoberhaupt, Bernhard von Bülow Reichskanzler.
- Das Kinderschutzgesetz trat in Kraft, die Arbeit von Kindern unter 12 wurde in allen Betrieben verboten. (Wilhelm musste aber auch bereits schon mit 14 Jahren eine Bergmannslehre beginnen)
- Wilhelms und auch mein Lieblingsclub FC. Schalke 04 wurde gegründet, noch unter dem Namen Westfalia Schalke.
- Der Fußballweltverband FIFA wurde ebenfalls 1904 gegründet.
- Die beliebtesten Vornamen 1904 waren u. a. Maria, Helene und Erna, Hans, Paul, Otto und Walter.
Ich werde am heutigen Tag viel an meinem Opa denken - an seine tollen Geburtstagsfeiern mit vielen Gästen, leckeren Torten, üppigem Abendessen - und ich werde viel lächeln, wenn
mir einige seiner Späße einfallen...
Zur heutigen Gedenkkerze am Pfingstsonntag ein heiteres Gedicht von Paula Dehmel.
Wilhelm war einer der humorvollsten Menschen die ich je kennen lernte - ihm hätten die Verse "Wenns Pfingsten regnet" sicherlich auch gefallen.
Nun, bisher war der Pfingsttag in meiner Region trocken, eher bewölkt als Sonnenschein, man hört aber von weitem Donnergrollen. Der Regen wird kommen...
"Pfingstregen bringt Segen", hätte mein Großvater Wilhelm vielleicht jetzt gesagt...
Kommen Sie gut durch die Feiertage!
Wenns Pfingsten regnet
von Paula Dehmel
Oben aus dem Fahnenhaus
Guckt das schwarze Wettermännchen raus,
Spreizt die Beine und grinst uns an;
Schäme dich, alter Wettermann!
Am Ostersonntag, vor sieben Wochen,
Hast du dem Fritze fest versprochen,
Daß zu Pfingsten, im Monat Mai,
Das allerschönste Wetter sei.
Und nun regnets, liebe Not,
Alle hellen Blüten tot,
Sie liegen da wie nasser Schnee,
Auf den Wegen steht See an See;
Ja, wenn wir schon drinnen baden könnten,
Wie die Spatzen oder die Enten!
Wir dürfen aber gar nicht raus,
Sehn so mucksch wie Maulwürfe aus;
Röch nicht der Kuchen so lecker her,
Wüßt man gar nicht, daß Feiertag wär.
Nicht mal die Pfingstkleider kriegt man an;
Schäme dich, schwarzer Wettermann!
Paula Dehmel, *31. Dezember 1862 in Berlin als Pauline Oppenheimer, +8. Juli 1918 in Steglitz (seit 1920 zu Berlin)
Dehmel war eine deutsche Schriftstellerin, schrieb Gedichte und Märchen für Kinder. Sie war eine Schwester von Franz Oppenheimer und von 1889 bis 1900 mit dem Dichter Richard Dehmel verheiratet.
Zur Gedenkkerze am Himmelfahrtstag ein Maigedicht von Otto Julius Bierbaum.
Genießen Sie das heutige Wetter? Machen Sie einen Ausflug oder es sich nur schön gemütlich daheim, vielleicht im eigenen Garten?
Wilhelm würde sich heute auf seinen Gartenstuhl unter den alten Birn- oder Kirschbaum setzen - vermutlich fast den ganzen Tag...aber: es musste schon etwas schattiger sein...
Mai
von Otto Julius Bierbaum
Nun aber hebt zu singen an
Der Mai mit seinen Winden.
Wohl dem, der suchen gehen kann
Und bunte Blumen finden!
Die Schönheit steigt millionenfach
Empor aus schwarzer Erden;
Manch eingekümmert Weh und Ach
Mag nun vergessen werden.
Denn dazu ist der Mai gemacht,
Daß er uns lachen lehre.
Die Herzen hoch! Und fortgelacht
Des Grames Miserere!
Otto Julius Bierbaum, * 28. Juni 1865 in
Grünberg, Schlesien, (heute Zielona Góra,
poln. Woiwodschaft Lebus),
+1. Februar 1910 in Dresden.
Bierbaum war ein deutscher Journalist, Redakteur, Schriftsteller und Librettist. Bekannt war er auch unter den Pseudonymen „Martin Möbius“ und „Simplicissimus“.
Zur heutigen Gedenkkerze am Maifeiertag ein Gedicht von Friedrich von Hagedorn.
Ein ungewöhnlich warmer erster Maitag geht
langsam zu Neige - bis zu 27° am Nachmittag lockten auch die Letzten vor die Türe.
Ich erinnere mich gerne zurück an meine Kindheit, natürlich war mein Großvater Wilhelm beim Maiausflug stets dabei - wie damals ging es
heute auch zum Rhein. Wandeln auf der Rheinpromenade, etwas leckeres essen, vielleicht ein Ausflug zum Drachenfels - natürlich war ein Spielplatzbesuch auch dabei...
Bei schlechtem Wetter am Maifeiertag besuchten wir öfter meine Großtante in Bonn-Dransdorf und bekamen einen leckeren Kuchen serviert...
Der 1. Mai
von Friedrich von Hagedorn
Der erste Tag im Monat Mai
Ist mir der glücklichste von allen.
Dich sah ich und gestand dir frei,
Den ersten Tag im Monat Mai,
Daß dir mein Herz ergeben sei.
Wenn mein Geständnis dir gefallen,
So ist der erste Tag im Mai
Für mich der glücklichste von allen.
Friedrich von Hagedorn, dt. Dichter des Rokoko, *23.08.1708 in Hamburg, +28.10.1754 ebenda.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Rainer Maria Rilke.
Der April ist schon ziemlich turbulent -
nach ersten warmen, sonnigen Wochenenden hierzulande folgten stürmische, verregnete Tage mit Tagestemperaturen teilweise unter 10° C.
und nun soll es heute Nacht sogar gen Gefrierpunkt gehen...
"Der April macht eh was er will", hätte mein Großvater Wilhelm sicherlich angemerkt, "da
können wir nichts dran ändern!"
Aus einem April
von Rainer Maria Rilke
Wieder duftet der Wald.
Es heben die schwebenden Lerchen
mit sich den Himmel empor, der unseren
Schultern schwer war;
zwar sah man noch durch die Äste den Tag,
wie er leer war, –
aber nach langen, regnenden Nachmittagen
kommen die goldübersonnten
neueren Stunden,
vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten
alle die wunden Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.
Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser
über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.
Alle Geräusche ducken sich ganz
in die glänzenden Knospen der Reiser.
Rainer Maria Rilke, *04.12.1875 in Prag, +29.12.1926 in Glion, Kanton Waadt ,
Schweiz, seit 1953 Glion sur Montreux.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Wilhelm Busch.
Aus einem kleinen Gedichtband trug mir mein
Opa Wilhelm in meiner Kindheit die teilweise sehr heiteren Verse von Wilhelm Busch vor. Dabei hatte er eine unnachahmliche Art diese zu rezitieren, laut, lächelnd, gestikulierend - als seien es seine eigenen Werke - unvergesslich schön!
Vertraut
von Wilhelm Busch
Wie liegt die Welt so frisch und tauig
Vor mir im Morgensonnenschein.
Entzückt vom hohen Hügel schau ich
Ins frühlingsgrüne Tal hinein.
Mit allen Kreaturen bin ich
In schönster Seelenharmonie.
Wir sind verwandt, ich fühl es innig,
Und eben darum lieb ich sie.
Und wird auch mal der Himmel grauer;
Wer voll Vertraun die Welt besieht,
Den freut es, wenn ein Regenschauer
Mit Sturm und Blitz vorüberzieht.
Heinrich Christian Wilhelm Busch,
*14. April 1832 in Wiedensahl, Schaumburger Land, Niedersachsen, +9. Januar 1908 in Mechtshausen, seit 1974 zur Stadt Seesen, Niedersachsen. Busch war einer der einflussreichsten humoristischen Dichter
und auch Zeichner Deutschlands.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Ludwig Uhland.
Ein warmer Apriltag geht zuneige, ich hoffe Sie haben diesen auskosten können.
Wilhelm hätte heute zum ersten Mal die Gartenstühle aus dem Stall geholt und wäre sicherlich bis kurz vor der Tagesschau und
des Sonntagskrimis dort verharrt.
Eins steht fest: Kühlere Regentage kommen
mit Sicherheit in Kürze - so wird es nicht bleiben...
schon gleich sind die ersten Tropfen in unserer Region angekündigt...
Lob des Frühlings
von Ludwig Uhland
Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!
Wenn ich solche Worte singe,
braucht es dann noch großer Dinge,
Dich zu preisen, Frühlingstag?
Johann Ludwig „Louis“ Uhland, * 26. April 1787
in Tübingen, damaliges Königreich Württemberg, +13. November 1862 ebenda. Uhland war ein deutscher Dichter, Literaturwissenschaftler,
Jurist und Politiker.
Wie gerne erinnere ich mich an die vielen
schönen Osterfeste mit meinem Opa Willi
und Oma Theresia!
Ich konnte es kaum erwarten, bis sie zum Osteressen erschienen - und natürlich gab
es für den kleinen Enkel ein oder auch mehrere Geschenke - Naschereien, ein kleines Stofftier oder ein Spielzeugauto...
Den Lesern von Wilhelms Gedenkseite wünsche ich ein friedvolles Osterfest!
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Hoffmann von Fallersleben.
Der Winter ist nun tatsächlich "geflüchtet", um Bezug auf die Verse zu nehmen. Vieles blüht, wenn auch viel zu früh, die Temperaturen sind gemäßigt, es herrscht zumindest in meiner
Region momentan keine Frostgefahr mehr.
Die Karwoche hat begonnen, auch sie ist in diesem Jahr viel früher...
Wilhelm würde jetzt, bei solch mildem Sonnenschein, lange Wanderungen durch
Wald und Feld unternehmen - ich erinnere
mich auch an viele schöne, gemeinsame Spaziergänge mit meinem Opa...
Winters Flucht
von Hoffmann von Fallersleben
Dem Winter ward der Tag zu lang,
ihn schreckt der Vogel Lustgesang;
Er horcht und hört´s mit Gram und Neid,
Und was er sieht, das macht ihm Leid.
Er sieht der Sonne milden Schein,
Sein eigner Schatten macht ihn Pein.
Er wandelt über grüne Saat
Und Gras und Keime früh und sprach:
“Wo ist mein silberweißes Kleid,
Mein Hut, mit Demantstaub bestreut?”
Er schämt sich wie ein Bettelmann
Und läuft, was er nun laufen kann.
Und hinterdrein scherzt Jung und Alt
In Luft und Wasser, Feld und Wald;
Der Kiebitz schreit, die Biene summt,
Der Kuckuck ruft, der Käfer brummt;
Doch weil´s noch fehlt an Spott und Hohn,
So quakt der Frosch vor Ostern schon.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben war ein dt. Hochschullehrer, Dichter und Übersetzer wie Herausgeber von alten Schriften.
*02. April 1798 in Fallersleben, Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg, seit 1972 zu Wolfsburg
+19. Januar 1874 im Kloster Corvey, heute zur Stadt Höxter, OWL.
Auferstehung ist unser Glaube,
Wiedersehen unsere Hoffnung,
Gedenken unsere Liebe.
Aurelius Augustinus (Heiliger Augustinus, Augustinus von Hippo) war ein römischer Bischof und Kirchenlehrer.
Für Wilhelm. Für Franz.
Heute jährt sich der Todestag von Wilhelms Schwiegersohn, meinem Vater Franz Steinhardt (eigene Gedenkseite), der vor 38 Jahren, am 15. März 1986, von uns ging. Franz starb plötzlich
und unerwartet, kurz vor seinem 60. Geburtstag.
Mein Vater nahm Wilhelm an wie seinen eigenen Vater - und mein Großvater ihn wie einen Sohn. Franz leiblicher Vater verstarb ebenfalls sehr früh, im Alter von 56 Jahren. Ich lernte ihn nie kennen.
Die Schwiegermutter, meine Großmutter Theresia nahm er auch an wie eine zweite Mutter, und meine Oma ihn wie ein eigenen Sohn.
Franz besuchte seine Schwiegereltern auch häufig alleine, fand dort etwas, was er nie oder lange nicht mehr fand.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Rilke, passend zum aktuellen Vorfrühling.
Ich erinnere mich gerne zurück an meine Kindheit, als mein Großvater mit mir im Frühjahr durch die hiesigen Felder ging, durch den alten Kirchweg, durch das dortige Wäldchen.
Wilhelm erklärte mir alle frühblühenden Pflanzen und Bäume, das die Osterglocke eine Narzisse ist, aber nicht jede Narzisse damit eine Osterglocke sei. Diese ist eine Unterart der Narzisse, welche voll gelb ist und kleiner als andere Narzissenarten, welche größer und zum Beispiel gelb-weiße Blüten besitzt. Hat sich der kleine Enkel gemerkt...
Wilhelm äußerte auch gerne "Riechst Du auch den Frühling? Die gute Luft?" ...und nahm erst einmal einige ein paar kräftige Atemzüge...
Vorfrühling
von Rainer Maria Rilke
Härte schwand. Auf einmal legt sich Schonung
an der Wiesen aufgedecktes Grau.
Kleine Wasser ändern die Betonung.
Zärtlichkeiten, ungenau,
greifen nach der Erde aus dem Raum.
Wege gehen weit uns Land und Zeigens.
Unvermutet siehst du seines Steigens
Ausdruck in dem leeren Baum.
Rainer Maria Rilke, *04. Dezember 1875 in Prag,
+29. Dezember 1926 in Valmont bei Montreux, Schweiz.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Hermann Hesse über das Älterwerden.
Hesse war einer der Lieblings-Buchautoren Wilhelms, ich las auch mehrfach begeistert seine Werke.
Die Verse passen retrospektiv gesehen ganz gut zu meinem Großvater, eine Interpretation im Bezug zu Wilhelm würde jetzt allerdings jeglichen Rahmen sprengen.
Folgende Interpretation stammt nicht von mir selbst:
Das Greisenalter ist für den Schriftsteller Hermann Hesse
eine Stufe des menschlichen Lebens und hat wie alle anderen Lebensphasen ein eigenes Gesicht, eine eigene Atmosphäre und Temperatur sowie eigenen Freuden und Nöten. Ein Alter, der sein Altsein und die Todesnähe hasst oder fürchtet, ist seiner Meinung
nach kein würdiger Vertreter seiner Lebensstufe.
Älterwerden
von Hermann Hesse
Sterne der Jugend, wohin
Seid ihr hinabgefallen?
Keinen mehr von euch allen
Seh im Gewölk ich ziehn.
Ihr meiner Jugend Genossen,
Ach wie früh mit der Welt
Habt ihr Frieden geschlossen!
Keiner, der zu mir hält!
Junge, die ihr uns Alten
Hohnlacht, wie habt ihr recht!
Denn auch ich selber – wie schlecht
Hab ich mir Treue gehalten!
Dennoch kämpfe ich weiter,
Steh entgegen der Welt.
Kann ich nicht siegen als Held,
Will ich doch fallen als Streiter.
Hermann Karl Hesse, Pseudonym Emil Sinclair,
* 2. Juli 1877 in Calw, ehem. Königreich Württemberg,
+ 9. August 1962 in Montagnola, Schweiz.
Hesse war ein deutsch-schweizerischer Schriftsteller,
Dichter und Maler.
Zur heutigen Gedenkerze ein Gedicht von Theodor Fontane, welches
er an seine jüngste Schwester Elisabeth schickte. Ich erinnere mich genau, wie mein Großvater Wilhelm mir dies in meiner frühen Jugend aus einem kleinen, vergilbten Gedichtband von Fontane vortrug. Über den Verbleib des Büchleins kann ich nur spekulieren.
Analytisch gesehen möchte das lyrische Ich seine große Zuneigung zu seiner Schwester Elisabeth "Lischen" ausdrücken und sie ermutigen, ihr Leben zu genießen und glücklich zu sein.
Es passt schon zu Wilhelm, im Prinzip hatte mein Opa stets ein "heitres, fröhliches Herz" und konnte jeden Moment seines Lebens genießen - welch Talent!
An Lischen
von Theodor Fontane
Habe ein heitres, fröhliches Herz
Januar, Februar und März,
Sei immer mit dabei
In April und Mai,
Kreische vor Lust
In Juni, Juli und August,
Habe Verehrer, Freunde und Lober
In September und Oktober,
Und bleibe meine gute Schwester
Bis zum Dezember und nächsten Silvester.
Heinrich Theodor Fontane, *30. Dezember 1819 in Neuruppin, Brandenburg, +20. September 1898 in Berlin. Fontane war ein dt. Schriftsteller, Journalist und Kritiker. Er gilt als bedeutender Vertreter des Realismus.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Friedrich Rückert.
Der Karneval ist vorbei, der Aschermittwoch beendet nun die "tollen Tage". Vielleicht sind Sie froh darum, dass der ganze Spuk nun endlich vorüber ist oder haben eine Träne im Knopfloch, das nun alles wieder etwas trister ist - wie das Regenwetter heute in meiner Region.
Wilhelm liebte gar den Karneval, ich berichtete zur letzten Gedenkkerze über die jecken Tage zusammen mit meinem Opa...
Weil ich nicht am Fastnachtdienstag...
von Friedrich Rückert
Weil ich nicht am Fastnachtdienstag
Hatte mit zu schwärmen,
Hab ich auch am Aschermittwoch
Mich nicht mit zu härmen.
Wie ich durft am Fastnachtdienstag
Mich im Stillen härmen,
Darf ich auch am Aschermittwoch
In der Stille schwärmen.
Friedrich Rückert, Pseudonym Freimund Raimar, Reimar oder Reimer, *16.05. 1788 in Schweinfurt,
+ 31.01.1866 in Neuses bei Coburg. Rückert war Dichter, Lyriker, Übersetzer, Sprachgelehrter und sowie einer der Begründer der deutschen Orientalistik.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Erich Kästner, passend zum Karneval, zum Fasching.
Sind Sie jeck? Lieben Sie die "tollen Tage?" Oder ist es Ihnen ein Greuel? Darf man bei der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Situation überhaupt fröhlich sein? Feiern? Lassen wir nun auch unsere Geburtstage, Weihnachten, Ostern ausfallen oder gönnen wir uns ein paar Tage, ein paar Stunden Freude, Erholung vom trüben Alltag?
Wilhelm mochte den Fasching, feierte ihn in dem Wirtshaus um die Ecke und daheim. Ich erinnere mich auch daran, mit meinem Opa hiesige Karnevalszüge besucht zu haben. Er trug einen ganz kleinen roten Hut wie ein knallbuntes Hemd und ein auffällig gestreiftes Sacko. Es erinnert (e) sehr an Hans Süper aus Kölle, die Jecken unter uns wissen wer das war...ich kenne seinen Neffen sogar persönlich.
Der Februar (Karneval)
von Erich Kästner
Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht
bleibt ja doch nur eins: die Zeit.
Pünktlich holt sie aus der Truhe
falschen Bart und goldnen Kram.
Pünktlich sperrt sie in die Truhe
Sorgenkleid und falsche Scham.
In Brokat und seidnen Resten,
eine Maske vorm Gesicht,
kommt sie dann zu unsren Festen.
Wir erkennen sie nur nicht.
Bei Trompeten und Gitarren
drehn wir uns im Labyrinth
und sind aufgeputzte Narren
um zu scheinen, was wir sind.
Unsre Orden sind Attrappe.
Bunter Schnee ist aus Papier.
Unsre Nasen sind aus Pappe.
Und aus welchem Stoff sind wir?
Bleich, als sähe er Gespenster,
mustert uns Prinz Karneval.
Aschermittwoch starrt durchs Fenster.
Und die Zeit verläßt den Saal.
Pünktlich legt sie in die Truhe
das Vorüber und Vorbei.
Pünktlich holt sie aus der Truhe
Sorgenkleid und Einerlei.
Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht,
bleibt uns doch nur eins: die Zeit.
Erich Kästner, * 23.02.1899 in Dresden,
+ 29.07.1974 in München
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Friedrich Wilhelm Wagner - passend zum Februarbeginn, auch passend zu meinem doch sehr humorvollen und stets lachenden Großvater!
Februar
Es wird allmählich Frühling werden.
Zwar merkt man wenig noch davon
Und duldet vielerlei Beschwerden,
Indes – man denkt: es macht sich schon.
Und watet man in Schnee und Kot
Auch knöcheltief – die Hoffnung blüht
In jedem menschlichen Gemüt,
Stets rosenrot, stets rosenrot.
Friedrich Wilhelm Wagner, *16.08.1892 in Hennweiler/Hunsrück, +22.06.1931 in Schönberg/Schwarzwald.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Robert Reinick, welches meinem sehr humorvollen Großvater Wilhelm sicherlich gefallen hätte.
Für Wilhelm. Für Axel.
Januar
Wohin man schaut, nur Schnee und Eis,
Der Himmel grau, die Erde weiß;
Hei, wie der Wind so lustig pfeift,
Hei, wie er in die Backen kneift!
Doch meint er’s mit den Leuten gut,
Erfrischt und stärkt, macht frohen Mut.
Ihr Stubenhocker, schämet euch.
Kommt nur heraus, tut es uns gleich.
Bei Wind und Schnee auf glatter Bahn,
Da hebt erst recht der Jubel an!
Robert Reinick, * 22.02.1805 in Danzig, + 07.02.1852 in Dresden.
Reinick war ein dt. Maler und Dichter.
Heute möchte ich mit dieser Kerze nicht nur meinem Großvater Wilhelm gedenken, sondern auch seiner ältesten Tochter und meiner Mutter Gerda, die heute vor 30 Jahren viel zu früh an schwerer Herzkrankheit verstarb. (Gedenkseite Gerda Sophia Steinhardt)
Wilhelm starb etwa ein halbes Jahr vor seiner Tochter, an kurzer Schwäche, wenn man dies so formulieren kann. Die beginnende Herzerkrankung Gerdas erlebte er damit noch, zu dem Zeitpunkt rechnete man aber wirklich nicht mit ihrem Ableben in kurzer Folge.
Meine Großmutter, Wilhelms Gattin Theresia befand sich zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes wie Tochter im Anfangsstadium ihrer Demenz, aber der Tod von Wilhelm und auch Gerda war ihr noch voll bewusst. Gar nicht in so ferner Zukunft vergaß Theresia sogar,
das ihre ältere Tochter nicht mehr lebt, vielmehr erkannte sie auch nicht mehr ihre jüngere Tochter Dorothea.
Im ewigen Gedenken an Wilhelm. Theresia. Gerda.
Trennung ist unser Los, Wiedersehen ist unsere Hoffnung.
So bitter der Tod ist, die Liebe vermag er nicht zu scheiden.
Aus dem Leben ist er zwar geschieden,
aber nicht aus unserem Leben;
denn wie vermöchten wir ihn tot zu wähnen,
der so lebendig unserem Herzen innewohnt!
Aurelius Augustinus (Heiliger Augustinus, Augustinus von Hippo)
war ein römischer Bischof und Kirchenlehrer.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Emil Besser.
Nach den unglaublichen Wochen des Regens hat es nun (auch) heute Nacht in unserer Region den ersten kleinen Schneefall des Jahres gegeben, viele Tage mit Minusgraden sind vorhergesagt - und sämtliche Menschen die ich kenne sind erfreut - man kann den vielen Regen nicht mehr sehen...
Wilhelm machte sich nicht viel aus dem Wetter, schimpfte nie über Regen oder Sturm. Dann machte man es sich halt sehr gemütlich im Haus, schaute sich das wilde Wetterspiel vom Fenster aus an - oder mein Großvater ging trotzdessen spazieren - einem Mann "aus schlesischem Holz" macht so etwas doch nichts aus...
Januar
Das weite todesmüde Schweigen;
Die kalte Klarheit in der Luft;
Die Bäume mit den kahlen Zweigen;
Auf frischem Schnee ein blauer Duft;
Und drunter all das junge Leben,
Um dessen still verborgnes Sein
Schon ahnungsvolle Träume schweben
Von einer Welt im Sonnenschein.
Emil Besser, *09. September 1894 in Dresden, +29. Juni 1916 gefallen bei Avocourt, FR.
Zur heutigen Gedenkkerze am Neujahrstag ein kleines Gedicht von Wilhelm Busch.
Ich hoffe Sie hatten einen recht guten Start ins neue Jahr 2024.
Gesundheit, Glück und Zuversicht - das wünsche ich Ihnen. Obwohl
es sicherlich nicht immer einfach ist, in dieser Zeit zuversichtlich zu bleiben...
Zu Neujahr
Will das Glück nach seinem Sinn
Dir was Gutes schenken,
Sage Dank und nimm es hin
Ohne viel Bedenken.
Jede Gabe sei begrüßt,
Doch vor allen Dingen:
Das, worum du dich bemühst,
Möge dir gelingen.
Heinrich Christian Wilhelm Busch, * 14. April 1832 in Wiedensahl,
heute zum Kreis Nienburg, Niedersachsen, +09.Januar 1908 in Mechtshausen, heute zur Stadt Seesen am Harz. Busch war einer der einflussreichsten humoristischen Dichter und auch Zeichner Deutschlands.
Zur heutigen Gedenkkerze am Heiligen Abend ein Weihnachtsgedicht von Adele Schopenhauer.
Ich werde am heutigen Abend, während ich mit meinen Lieben das Christfest begehe, sicherlich viel an die Weihnachten der Kindheit mit meinen Eltern und Großeltern denken, wie inbrünstig mein Opa Willi "Oh Du Fröhliche" schmettete...
Erinnerungen werden wieder besonders präsent, während des Singens am Christbaum, bei der Bescherung...
...gut, diese wundervollen Momente in der ewigen Erinnerung immer wieder aufs Neue abrufen zu können!
Ich wünsche Ihnen und ihren Angehörigen eine besinnliche Christnacht und friedvolle Weihnachten! Sollten Sie an diesen Tagen einen lieben Menschen besonders vermissen, vielleicht sogar durch einen Sterbefall in diesem Jahr, wünsche ich Ihnen viel Kraft! Ist ein lieber Mensch in ihrem Umfeld erkrankt, oder gar Sie selbst, wünsche ich Ihnen oder der entsprechenden Person Zuversicht und Hoffnung!
Weihnachten wird es für die Welt!
von Adele Schopenhauer
Weihnachten wird es für die Welt!
Mir aber - ist mein Lenz bestellt,
Mir ging in solcher Jahresnacht
Einst leuchtend auf der Liebe Pracht!
Und an der Kindheit Weihnachtsbaum
Stand Englein gleich der erste Traum!
Und aus dem eiskristallnen Schoß
Rang sich die erste Blüte los -
Seitdem schau ich nun jedes Jahr
Nicht was noch ist - nur was einst war!
Luise Adelaide Lavinia Schopenhauer, bekannt als Adele Schopenhauer (Pseudonyme Henriette Sommer und Adrian Van der Venne, *12. Juli 1797 in Hamburg, † 25. August 1849 in Bonn. Schopenhauer war eine deutsche Schriftstellerin und Schwester des Philosophen Arthur Schopenhauer wie Tochter der Schriftstellerin Johanna Schopenhauer.
Zur heutigen Gedenkkerze für meinen Großvater ein kurzes vorweihnachtliches Gedicht von Theodor Fontane. Nun, in
Strophe 2 ist der Weihnachtstag "noch fern", am heutigen 21. Dezember sind wir aber hingegen schin sehr nah davor...
Sehen Sie schon den Stern? Oder ist dieser vor lauter vorweihnachtlichem Stress noch ziemlich "vernebelt?"
Wir sehen schon den Stern
von Theodor Fontane
Wir sehen schon den Stern
Tag der Geburt, heute bist du uns noch fern,
aber Tannen, Engel, Fahnen,
lassen und den Tag schon ahnen,
und wir sehen schon den Stern.
Heinrich Theodor Fontane, *30. Dezember 1819 in Neuruppin, Brandenburg, +20. September 1898 in Berlin. Fontane war ein dt. Schriftsteller, Journalist und Kritiker. Er gilt als bedeutender Vertreter des Realismus.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Adventsgedicht von Matthias Claudius.
Der dritte Advent steht schon vor der Tür - noch 9 Tage bis zur Heiligen Nacht.
Haben Sie schon viele Vorbereitungen für das Fest getroffen? Ihre Geschenke gekauft? Sind Sie schon im "Weihnachtsstress" oder bleiben Sie ganz entspannt...kann Ihnen der Trubel gar nichts anhaben?
Einen vorweihnachtlichen Stress hatte mein Opa Willi sicher nicht. Er ließ Gott einen guten Mann sein...seine Gattin, meine Oma Theresia übernahm die ganze Planung, das Geschenke kaufen und verpacken, das Backen und sonstiges rundherum.
Wilhelm hatte derweil die "Bespaßung" seiner Enkel und später auch Urenkel zur Hauptaufgabe, welches er bravourös meisterte. Mein Opa trug mir (uns) Adventsgedichte und Geschichten vor, erzählte heitere Dinge aus seinem Leben, spielte mit uns "Mensch! ärgere dich nicht" - Stress war ein Fremdwort für meinen Großvater - er machte sich keinen, ließ sich nicht davon anstecken.
Na, ob Sie, wir uns in dieser Zeit ein Stück davon annehmen können?
Lassen wir uns nicht stressen...
Lied im Advent
Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
dass er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.
Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.
Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!
Matthias Claudius (Pseudonym Asmus), *15. August 1740 in Reinfeld, Holstein, +21. Januar 2815 in Hamburg. Claudius war ein dt. Dichter, Lyriker und Journalist.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Rainer Maria Rilke.
Der 2. Advent steht vor der Tür, es herrscht ein buntes Treiben
auf den Christkindlesmärkten, auch wir werden heute einen dieser besuchen.
Mit meinem Opa Willi war ich als Kind auch öfter auf mehreren Weihnachtsmärkten, mein Großvater zeigte sich immer äußerst großzügig, wenn der kleine Enkel (zuviele...) Wünsche hatte...
"Hier! Ich habe 100 Mark mitgenommen! Die können wir
ausgeben" - sehr spendabel!
Die hohen Tannen atmen
Die hohen Tannen atmen heiser
im Winterschnee, und bauschiger
schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser.
Die weißen Wege werden leiser,
die trauten Stuben lauschiger.
Da singt die Uhr, die Kinder zittern:
Im grünen Ofen kracht ein Scheit
und stürzt in lichten Lohgewittern, –
und draußen wächst im Flockenflittern
der weiße Tag zur Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke, *04. Dezember 1875 in Prag,
+29. Dezember 1926 in Valmont bei Montreux,
Schweiz.
Zur heutigen Gedenkkerze am ersten Advent ein Gedicht von Friedrich Wilhelm Kritzinger.
Machen Sie es sich heute schön gemütlich und zünden die erste
Kerze an? Ich erinnere mich gern an meinen Opa Willi zurück, der
mir immer als Kind im Scheine der Adventskerzen schöne Adventsgedichte vortrug...
Es ist Advent
Die Blumen sind verblüht im Tal, die Vöglein heimgezogen;
Der Himmel schwebt so grau und fahl, es brausen kalte Wogen.
Und doch nicht Leid im Herzen brennt: Es ist Advent!
Es zieht ein Hoffen durch die Welt, ein starkes, frohes Hoffen;
Das schließet auf der Armen Zelt und macht Paläste offen;
Das kleinste Kind die Ursach kennt: Es ist Advent!
Advent, Advent, du Lerchensang von Weihnachts Frühlingstunde!
Advent, Advent, du Glockenklang vom neuen Gnadenbunde!
Du Morgenstrahl von Gott gesendt! Es ist Advent!
Friedrich Wilhelm Kritzinger, * 24. Januar 1816 in Lehnin, Provinz Brandenburg,
damaliges KR Preußen, +12. Juli 1890 in Naumburg (Saale), Provinz Sachsen,
KR Preußen.
Kritzinger war evangelischer Theologe und Pädagoge. Er ging als Autor des
Weihnachtsliedes "Süßer die Glocken nie klingen" in die Literaturgeschichte ein.
Zur heutigen Gedenkkerze am Totensonntag ein paar Worte.
Mit dem heutigen Totensonntag (Ewigkeitssonntag, kath. Christkönigsfest) geht die Reihe der vielen Gedenktage des
Novembers zuende. Allerheiligen/Allerseelen mit Gräbergängen,
der Volkstrauertag am letzten Sonntag wie dem Totensonntag
heute mit erneutem Gang zusammen mit der ganzen Familie
zu den Ruhestätten unserer Lieben.
Das erste Adventswochenende steht uns bevor, vielleicht ein
doch trostreicher Gedanke an eine heimelichere Zeit als der
Trauermonat November, der mit den vielen düsteren und
regnerischen Tagen sich alle Ehre machte...
"Der Tod ist die uns zugewandte Seite jenes Ganzen, dessen andere Seite Auferstehung heißt.“
(Romano Guardini)*1
"Niemand ist fort, den man liebt. Liebe ist ewige Gegenwart.“
(Stefan Zweig)*2
*1) Romano Guardini, kath. Priester und Religionsphilosoph,
*17. Feb. 1895 in Verona, +01.Okt.1968 in München.
*2) Stefan Zweig, österr.-britischer Schriftsteller und Übersetzer,
*28. Nov. 1881 in Wien, +23. Nov. 1942 in Petrópolis, Brasilien.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von Gustav Renner.
Was empfinden wir bei einem Spaziergang im November?
Einen immer noch währenden Abschiedsschmerz vom Sommer?
Gar eine Vorfreude auf den Winter, wenn man ihn denn mag?
Hegen wir trübe Gedanken oder genießen wir das Herbstbild
welches sich uns bietet? Träumen wir schon jetzt vom kommenden Frühjahr, welches, mit Verlaub, noch lange auf sich warten lässt?
Allein wenn ich das Wort Spaziergang höre oder lese, fällt mir immer mein Großvater Wilhelm ein. Er ging fast jeden Tag ausgedehnt spazieren, es musste schon Hund und Katz regnen, das er auf seine geliebten Rundgänge durchs Feld, an den Bauernhöfen vorbei, verzichtete.
Gerne erinnere mich zurück, wie ich mit meinem Opa gemeinsam
diese Spaziergänge tätigte, durch das Feld, genannt der alte Kirchweg, oder quer durch den hiesigen Stadtwald mit Gelegenheit zum Besuch eines Spielplatzes. Wilhelm hatte immer viel zu erzählen - und ich als Kind selbstredend auch...langweilig wurde es mit meinem Großvater nie!
Spaziergang
Im Winde knarren
Die alten Föhren
Und schütteln des Regens letzte Tropfen
Auf unser Haupt;
Kein Laut zu hören,
Nur unserer Herzen leises Klopfen.
Noch einmal bricht
Aus schweren Wolken
Die Sonne hervor mit stillem Leuchten,
Im Abendlicht
Aufblüht der See
Und Stämme und Gräser, die regenfeuchten.
Dein Antlitz glüht
In Jugendröte,
In Jugendglück wie in alten Tagen.
Mir ists, als müsste
Wie damals wieder
Ich heisse, tiefe Worte dir sagen.
Gedicht gekürzt
Gustav Renner, *17.10.1866 in Freiburg/Schlesien
(heutiges Świebodzice, poln. Woiwod. Niederschlesien),
+29.05.1945 ebenda.
Renner war deutscher Lyriker, Erzähler, Dramatiker und
Bbliothekar in Berlin.
Zur heutigen Gedenkkerze ein schönes Gedicht von Adolf Schults.
Um direkt Bezug zum Gedicht zu nehmen - Wilhelm war zwar
nicht ungläubig, aber er war auch nicht der Kirchgänger vor dem Herrn.
Meinen Großvater lockte es dann doch mehr in Wald und Feld zum Spaziergang am Sonntagvormittag, als zur Predigt in der hiesigen Josefskirche. "Geht ihr mal! Der Poppek (Name eines Pfarrers) läutet schon! Und betet für mich und meine Sünden" - ja, einen unschlagbaren Humor hatte mein Opa ja...
Sonntag
Sonntag, Sonntag! Horch, der Glocken
lieblich lockender Ton erschallt!
Wie sie dich zur Kirche locken,
locken sie mich zum grünen Wald,
wie verschieden die Wege scheinen,
einem Ziel doch streben sie zu;
denn den Ewigen, Einzig-Einen
suchen wir beide, ich und du.
Gar verschiedene Wege sind es,
doch sie führen zu einem Ziel:
Mir erscheint es im Säuseln des Windes,
dir im wogenden Orgelspiel.
Adolf Schults, dt. Dichter, *05. Juni 1820 in Elberfeld (seit 1930 Teil der neugegründeten Stadt Wuppertal), +02. April 1858 ebenda.
Zum heutigen Martinstag passend, ein schönes Gedicht von Hoffmann Fallersleben.
Auch mit meinem Großvater Wilhelm ging ich öfter zu einem Martinszug in seinem Ortsteil - ich konnte als Kind ja nicht genug
Züge erleben....
Ich erinnere mich aber auch, das Wilhelm mit seinen kleinen Urenkeln
den Martinszug der Kirche mitmachte, mit weit über 80 Jahren, ich selbst wohnte diesen Zügen als Jugendlicher mit meinen kleinen Neffen bei. Einmal wurde ich angesprochen, ob ich nicht eine der Fackeln zur Begleitung des St. Martin hoch zu Ross tragen möchte,
da eine Person ausfiel. Mit Stolz ging ich dem Pferd voraus. Schöne Erinnerungen!
Auch gleich werde ich zu einem Zug gehen, mit vielen erwachsenen Fackelträgern, ganzer Kapelle und anschließendem Martinsspiel mit Umtrunk und Brezeln. Die Kinder brechen dann auf zum Martinssingen, ziehen von Haus zu Haus, ein sehr schöner, traditioneller Akt in einem traditionalistischem Ortsteil, welcher keine Feier, keine folkloristische Aktivität auslässt.
Kinderfest im Herbst
Doch ehe der Herbst uns ganz verläßt,
So bringt er uns noch ein Kinderfest:
Sobald es Abend, zieh’n wir aus
Und wandern singend von Haus zu Haus,
Und bitten dem heiligen Martin zu Ehren
Uns kleinen Kindern was zu bescheeren.
Da reicht man uns Aepfel und Nüsse dar,
Zuweilen auch Honigkuchen sogar.
Wir sprechen unsern Dank dafür aus
Und wandern dann in ein anderes Haus.
Nun laßt uns heute singen auch
Wie’s ist am Martinstag der Brauch!
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben,
*02. April 1798 in Fallersleben, Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg, seit 1972 zu Wolfsburg,
+19. Januar 1874 in Corvey, heute zur Stadt Höxter, OWL.
Zur Gedenkkerze ein nettes, kleines Gedicht von Heinrich Hoffmann.
Stürmische, regnerische Tage liegen hinter uns - und vermutlich noch viele vor uns... vielleicht können die meisten Menschen dieses turbulente Wetter besser im Glanze der kommenden Adventslichter ertragen...
Mein Großvater Wilhelm trotzte jedem Wetter, es schien ihm schier nichts anhaben zu können. Über den Regen oder Sturm mäkeln oder murren? Nein - Wilhelm ging spazieren. "Wofür gibt es denn wohl Schirme, Regenjacken, Handwärmer und festes Schuhwerk?" - wo
er recht hatte, hatte er recht...
November
von Heinrich Hoffmann ("Struwwelpeter")
Trüber Himmel, raue Tage
Kommen sicher jedes Jahr;
Schwere Sorgen, harte Plage,
Jedes Leben bringt sie dar.
Doch bedenkt, die heitern Stunden
Hätten nie euch so beglückt,
Hättet ihr nicht überwunden,
Was in trüben euch bedrückt.
Heinrich Hoffmann, auch "Peter Struwwel" od. "Reimerich Kinderlieb", war ein dt. Lyriker, Kinderbuchautor und Psychiater. Wie man es bei seinem Pseudonym schon beinahe rät, war Hoffmann Verfasser des Struwwelpeter (1844, als Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn, Neufassung mit Bebilderung 1858)
Heinrich Hoffmann wurde am 13. Juni 1809 in Frankfurt geboren,
starb am 20. September 1894 ebenda.
Am heutigen Hochfest Allerheiligen und zum morgigen Gedenktag Allerseelen zur Gedenkkerze ein Gedicht von Franz Reinhold Fuchs.
Unsere Kirch- und Gräbergänge sind für heute beendet, Wilhelms
Grab wird - wie das Grabmal seiner Tochter Gerda - in Kürze eingeebnet. Mein Großvater starb etwa ein halbes Jahr vor meiner Mutter, die 30 Jahre "Ruhefrist" sind auf dem hiesigen Friedhof nun schon fünf Monate überschritten, was Wilhelms Ruhestätte betrifft.
Ein eigenartiges Gefühl, in Kürze die beiden Gräber nicht mehr zu sehen. Meines Vaters Grab wurde schon eingeebnet, es ist aber dort eine Rasenfläche entstanden, man erkennt die Konturen seiner Ruhestätte immer noch.
Ich Gedenke mit dieser Kerze besonders den Vorfahren meines Großvaters, seinen Eltern Johann und Maria Elisabeth, seinen Großeltern Josef und Maria wie Jakob und Sophia, seinen und
meinen weiteren Ahnen, dessen Namen vermutlich niemand
mehr kennt, seinem Bruder Theodor und seiner Schwester Maria.
Allerseelen
Welch traumhaft stilles Schreiten
Den fahlen Hain entlang!
Rings müder Blätter Gleiten,
Und über Stoppelbreiten
Verlorner Glockenklang.
Was je dein Herz besessen
An Hoffnung, Glück und Leid,
Was unter Gruftzypressen
Geschlummert, halbvergessen,
Gibt klagend dir Geleit.
Gestalten, längst entschwunden,
Brechen des Grabes Bann:
Neu bluten alte Wunden,
Und tote Wonnestunden
Lächeln dich schmerzlich an.
Herz, heiß die Sehnsucht schweigen,
Die um Vergangnes wirbt! –
Die ew’gen Sterne steigen,
Die Heimat dir zu zeigen,
Wo jede Klage stirbt!
Franz Reinhold Fuchs, dt. Pädagoge und Dichter, * 08. Juni 1858 in Leipzig, +12. Mai 1938 in Dresden.
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Hugo von Hofmannsthal. Wilhelm verreise nicht viel - ehrlich gesagt erinnere ich mich nur an einen Reisebericht. Mein Großvater wollte im Prinzip nie fort von seinem Haus, seinem Garten, seinem gemütlichen Platz unter dem alten Kirsch- und auch Apfelbaum.
"Ich war einmal am Wörthersee" oder: " Mensch, was war es schön am Wörthersee" - ich kann gar nicht sagen, wie oft mir Wilhelm von seiner
(vermeintlich einzigen) größeren Reise nach Kärnten erzählte. Es muß meinen Opa schwer beeindruckt haben. Dieses eine Mal reichte ihm
offenbar für das ganze Leben. Ihm fiel immer etwas anderes ein, was er denn unten in Österreich in jenen zwei Wochen seines Lebens alles sah und erlebte. Er war ganz kein junger Mann mehr, schon Rentner, und wurde von seiner jüngeren Tochter, meiner Tante, in diesen Urlaub mitgenommen.
Wie schön bodenständig dieser Mann doch war! Einmal zum Wörthersee und zurück - und Wilhelm hatte ein Leben lang etwas
zu erzählen...
Bei Interesse lesen Sie doch einmal im Netz die Legende der Entstehung des Wörthersees - vielleicht kann man dann folgende,
etwas irritierenden Verse des österreichischen Dichters auch
besser einordnen...
Reiselied
Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.
Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
In den alterslosen Seen.
Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.
Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal,
*01. Feb. 1874 in Wien, +15. Juli 1929 in Rodaun, seit 1938
zu Wien. Hofmannsthal war österr. Schriftsteller, Dramatiker,
Lyriker und Mitbegründer der Salzburger Festspiele.
Zur heutigen Gedenkkerze ein Gedicht von "Klabund" *)
Der Herbst kündigt sich machtvoll an, falls man ihn bisher noch nicht so ganz bemerkt haben sollte - nun steht er direkt vor der Tür. Ein Wetterwechsel kündigt sich an, von windigem, wolkenverhangenen und schwülen 23°C am heutigen Tag zu kühlen 10°C am morgigen Samstag.
Wilhelm mochte den Herbst, machte auch bei starkem Wind und bei Regenwetter ausgedehnte Spaziergänge, lobte die gute Luft und beobachtete stets das wechselnde Wolkenspiel am Himmel...ich tue es meinem Großvater gleich...
Lied im Herbst
Wie Krieger in Zinnober
Stehn Bäume auf der Wacht.
Ich taumle durch Oktober
Und Nacht.
Blut klebt an meinem Rocke.
Mein Weg ist weit und lang.
Des Tales dunkle Glocke
Verklang.
Auf einem schwarzen Pferde
Reit ich von Stern zu Stern.
Die Sonne und die Erde
Sind fern.
Ich bin von vielen Winden
Zu Gott emporgereicht.
Werd ich den Frühling finden?
Vielleicht ...
*) "Klabund", eigentlich Alfred Georg Hermann Henschke, das Pseudonym ist eine Zusammensetzung aus "Klabautermann
und Vagabund"
*04.11.1890 in Crossen/Oder, Brandenburg,
+14.08.1928 in Davos, Graubünden, CH
Zur heutigen Gedenkkerze ein Herbstgedicht von Stephan von Millenkovich (Pseudonym Stephan Milow).
Nun, dieser Oktober ist bisher ziemlich mild und trocken - ich erinnere mich an ganz andere Oktober, mit Regen und Sturm.
im folgenden Gedicht sieht Milow den Oktober nicht als "das Ende, das Sterben" an, beleuchtet den Sinn des Herbstes, mit einem weitem Blick,
früh vorausschauend und hoffend auf ein noch fernes Frühjahr...
Für Wilhelm. Für Axel.
Ist das ein Sterben? ...
Ist das ein Sterben? Menschen regen
Sich munter auf dem Ackerland;
Hier führt der eine heim den Segen,
Dort streut das Korn des andern Hand.
Mich dünkt, ich seh’ erst jetzt das Leben
So voll gestillt wie hoffnungsreich:
Was kann es Schöneres denn geben,
Als ernten und auch sä’n zugleich?
Stephan von Millenkovich, Pseudonym Stephan Milow,
* 09. März 1836 in Orschowa, österr. Kaiserreich (heute wieder
Oršova, Rumänien), + 12. März 1915 in Mödling, Niederösterreich.
Millenkovich war österr.-rumänischer Lyriker, Erzähler und Kartograph.
Zur heutigen Gedenkkerze ein schönes Herbstgedicht von Friedrich Hebbel.
Haben Sie diesen sehr warmen Oktobertag in vollen Zügen genossen? Schon ungewöhnlich, ich erinnere mich an recht kühle und stürmische erste Oktobertage, und auch nicht wenige verregnete Feiertage der Deutschen Einheit. Nun, morgen soll es tatsächlich etwas unbeständig werden, aber die Wetterprognose für die darauffolgenden Tage sieht durchweg sonnig und mild aus.
Wilhelm säße bei diesen ungewöhnlich warmen Oktobertagen sicherlich unter seinem alten Apfelbaum oder dem Birnbaum, bis
die Sonne sich neigen würde...
"Dies ist ein Herbsttag wie ich keinen sah", so beginnt das Gedicht von Friedrich Hebbel, wir könnten dem heute durchweg zustimmen...
Herbstbild
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält;
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Friedrich Hebbel, früheres Pseudonym Dr. J. F. Franz,
*18. März 1813 in Wesselburen/Dithmarschen, heutiges
Schleswig-Holstein, +13. Dezember 1863 in Wien.
Hebbel war deutscher Dramatiker, Lyriker und Erzähler "Maria Magdalena", sehenswert das Hebbel-Museum in Wesselburen
mit 550 Exponaten.
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Georg Heym, passend zum gestrigen meteorologischen Herbstanfang. Wilhelm mochte den Herbst, er war retativ Wetter- und Jahreszeiten unabhängig, ein Murren über das zu stürmische oder regnerische Wetter hab es bei ihm nicht. Staunend und neugierig beobachte mein Opa Willi die Wetterentwicklung im Herbst, machte ausgedehnte Spaziergänge durch das umhertreibende Laub. "Endlich kann man wieder richtig durchatmen" hörte ich öfter
von meinem Großvater bei gemeinsamen Spaziergängen.in meiner Kindheit. Ich stimme dem voll zu...
Für Wilhelm. Für Axel.
Der Herbst
Viele Drachen stehen in dem Winde,
Tanzend in der weiten Lüfte Reich.
Kinder stehn im Feld in dünnen Kleidern,
Sommersprossig und mit Stirnen bleich.
In dem Meer der goldnen Stoppeln segeln
Kleine Schiffe, weiß und leicht erbaut;
Und in Träumen seiner leichten Weite
Sinkt der Himmel wolkenüberblaut.
Weit gerückt in unbewegter Ruhe
Steht der Wald wie eine rote Stadt.
Und des Herbstes goldne Flaggen hängen
Von den höchsten Türmen schwer und matt.
Georg Friedrich Franz Artur Heym, *30. Oktober 1887 in
Hirschberg, Schlesien (heute Jelenia Góra, poln. Niederschlesien)
+16. Januar 1912 in Gatow, Osthavelland, seit 1920 eingemeindet
zum Berliner Stadtbezirk Spandau.
Heym gilt als einer der wichtigsten Lyriker des früheren literarischen
Expressionismus.
Zur Gedenkkerze ein kleines Gedicht passend zur Jahreszeit von Christian Morgenstern. Nach dem warmen, sonnigen Wochenende stehen uns nun durchwachsenere Tage bevor, die Ausläufer des Hurrikan ziehen auch durch unser Land, mit Wind und Gewitter.
Bleiben Sie standhaft!
Für Wilhelm. Für Axel.
Septembertag
Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit,
die dich befreit, zugleich sie dich bedrängt;
wenn das kristallene Gewand der Wahrheit
sein kühler Geist um Wald und Berge hängt.
Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit.
Christian Otto Josef Wolfgang Morgenstern,
*06. Mai 1871 in München, +31. März 1914 in
Untermais, Tirol
Zur Gedenkkerze für meinen Großvater eine Erinnerung an den 09.09.1983, dem Geburtstag seines ersten Urenkels Lars, dem
ältesten Sohn meines im Dezember 2021 verstorbenen Bruders
Axel.
Mein Neffe ist heute 40. Jahre alt geworden, verzichtete allerdings
auf eine Feier. Ich kann dies durchaus nachvollziehen, zu meinem
40. Geburtstag "flüchtete" ich ein paar Tage auf Sylt. Ich gehöre zu denjenigen, die den Hype um Geburtstage nicht nachvollziehen können.
Zurück zu Wilhelms erstem Urenkel Lars: Als mein Neffe heute vor 40 Jahren geboren wurde, ich war gerade erst mal 13 Jahre alt und bis dato der jüngste in der gesamten Familie, war ich unglaublich stolz Onkel zu werden, es war für mich wir die Geburt eines kleinen Bruders.
Mein Großvater Willi war zu diesem Zeitpunkt 79 Jahre alt - er konnte seinen ersten Urenkel noch fast 10 Jahre erleben. Knapp drei Jahre später wurde Wilhelm zum zweiten Male Urgroßvater.
Nachts um etwa 3 Uhr bekamen wir den Anruf, das Lars das Licht der Welt erblickte. Mit Schlafen war nun nichts mehr...in der Schule hang ich ziemlich durch, schon am Nachmittag konnte ich im hiesigen Hospital einen ersten Blick auf meinen kleinen Neffen werfen. Und Wilhelm war sehr stolz, zum ersten Mal Urgroßvater zu sein! Es begann eine unglaublich aufregende und wunderschöne Zeit, Lars aufwachsen zu sehen. Eine Lebensbereicherung für uns alle!
Aber auch an diesem Tag denke ich an meinen verstorbenen Bruder Axel, der den runden Geburtstag seines Sohnes nicht mehr miterleben kann.
Diese Gedenkkerze widme ich heute Wihelm und Axel.
Zur Gedenkkerze ein schönes, kleines Gedicht von Eduard Morike.
Freuen Sie sich über diese warmen Septembertage? Das der Frühherbst uns mit viel Sonnenschein verwöhnt?
Mein Großvater Willi würde in diesen Tagen unter seinem Apfelbaum sitzen, an ganz heißen Tagen auf dem Gartenstuhl im Schatten des mächtigen, alten Kirschbaums...
Für Wilhelm. Für Axel.
Septembermorgen
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.
Eduard Morike, *18. Sept. 1804 in Ludwigsburg, Kurfürstentum Württemberg, +04. Juni 1875 in Stuttgart, Königreich Württemberg
(ab 1806)
Zur Gedenkkerze ein Gedicht, passend zum Augustende und zur Erntezeit von Julius Sturm. Passend vielleicht nicht zur derzeitig weniger üppig ausfallenden Ernte, wie beim Gedanken an Kornkrisen mit Blick auf ukrainisches Getreide. Trotz diesem grotesken Widerspruchs möchte ich dieses Gedicht doch verwenden, rückblickend auf bessere Tage, vorausschauend und zart hoffnungsvoll auf wieder bessere Zeiten.
Dieses Gedicht habe ich auch heute auf die Gedenkseite meiner Mutter, Wilhelms Tochter Gerda Sophia Steinhardt, gestellt.
Für Wilhelm. Für Axel.
Erntefestlied
Wagen auf Wagen schwankte herein,
Scheune und Böden wurden zu klein:
Danket dem Herrn und preist seine Macht,
glücklich ist wieder die Ernte vollbracht.
Hoch auf der Fichte flattert der Kranz,
Geigen und Brummbass laden zum Tanz;
leicht wird das Leben trotz Mühe und Plag’,
krönet die Arbeit ein festlicher Tag.
Seht ihr der Kinder fröhliche Schar,
blühende Wangen, goldlockiges Haar?
Hört ihr sie jubeln? O liebliches Los,
fällt ihnen reif doch die Frucht in den Schoß!
Wir aber furchen, den Pflug in der Hand,
morgen geschäftig aufs neue das Land;
ewig da reiht, nach des Ewigen Rat,
Saat sich an Ernte und Ernte an Saat.
Pfarrer Julius Carl Reinhold Sturm, auch "Julius Stern",
*31. Juli 1816 in Köstritz, +02. Mai 1896 in Leipzig.
Sein ältester Sohn August war ebenfalls Verfasser von
Gedichten und anderen Werken, sein jüngerer Sohn Heinrich
war bis 1917 Oberbürgermeister von Chemnitz.
Zur Gedenkkerze ein schönes Sommergedicht von Joachim Ringelnatz. Mein sehr humorvoller Opa Willi trug mir einst einige heutere Gedichte von Ringelnatz vor, teilweise auswendig, andere las er aus einem kleinen Sammelband vor.
Einige dieser Verse von Ringelnatz sind schon von sehr deftigem Humor, welche man nur schwer für die Gedenkseiten verwenden kann.
Ich glaube dieses, auch passend zum August, läd zumindest zum Schmunzeln ein...
Für meinen heiteren Opa.
Schwebende Zukunft
Habt ihr einen Kummer in der Brust
Anfang August,
Seht euch einmal bewußt an,
Was wir als Kinder übersahn.
Da schickt der Löwenzahn
Seinen Samen fort in die Luft.
Der ist so leicht wie Duft
Und sinnreich rund umgeben
Von Faserstrahlen, zart wie Spinneweben.
Und er reist hoch über euer Dach,
Von Winden, schon vom Hauch gepustet.
Wenn einer von euch hustet,
Wirkt das auf ihn wie Krach,
Und er entweicht.
Luftglücklich leicht.
Wird sich sanft wo in Erde betten.
Und im Nächstjahr stehnen dort,
die fetten, goldigen Rosetten,
Kuhblumen, die wir als Kind übersehn.
Zartheit und Freimut lenken
Wieder später deren Samen Fahrt.
Flöge doch unser aller Zukunftsdenken
So frei aus und so zart.
Joachim Ringelnatz (eigentl. Hans-Gustav Bötticher),
*06. August 1883 in Wurzen, heute Große Kreisstadt im
Landkreis Leipzig), +17. Nov. 1934 in Berlin.
Ringelnatz war dt. Dichter und Lyriker, Schriftsteller, Erzähler, Kabarettist und auch Maler.
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Max Dauthendey, welches ganz gut zum Monat der Meteoritenschauer passt.
Diese Gedenkkerze widme ich meinem Großvater Wilhelm und meinem Bruder Axel.
Atemloser August
Sommermonde machen Stroh aus Erde,
Die Kastanienblätter wurden ungeheuer von Gebärde,
Und die kühnen Bäume stehen nicht mehr auf dem Boden,
Drehen sich in Lüften her gleich den grünen Drachen.
Blumen nahen sich mit großen Köpfen, und scharlachen,
Blau und grün und gelb ist das Gartenbeet, hell zum Greifen,
Als ob grell mit Pfauenschweifen ein Komet vorüberweht.
Und mein Blut, das atemlos bei den sieben Farbenstreifen
stille steht...Fragt sich: wenn die Blum, Baum und Felder sich verschieben, ob zwei Menschen, wenn die Welt vergeht.
Zweie, die sich lieben, nicht von allen Wundern übrig blieben.
Max Dauthendey, * 25.07. 1860 in Würzburg, + 29.08.1918 in Malang, Indonesien
Zur Gedenkkerze der Hinweis - ich habe 7 neue Bilder dem Album hinzugefügt, Aufnahme 7 - 13 der Album-Reihenfolge.
Vor 2 Tagen bekam ich von Wilhelms Tochter Dorothea einige alte Bilder an die Hand, welche ich nun digitalisiert habe.
Bild 7 und 8 des Albums zeigt meinen Großvater Wilhelm als noch recht jungen Mann.
Foto 9 zeigt Wilhelm mit seiner Ehefrau Theresia (auch eigene Gedenkseite, Theresia Remiorz) und ihren beiden Töchtern Gerda (meiner Mutter, eigene Gedenkseite Gerda Steinhardt) wie meiner Tante Dorothea.
Auf Bild 10 sehen Sie beide Töchter in jungen Jahren, Aufnahme 11
als Kinder anlässlich der Erstkommunion von Gerda.
Aufnahme Nr. 12 des Albums zeigt Wilhelms Ehefrau Theresia.
Das letzte Foto im Album zeigt Wilhelm und Theresia bei einer großen Familienfeier zwischen 1987-1990.
Zur Gedenkkerze ein heiteres Gedicht über das Alter(n) von Fritz Kukuk. Es gibt von Seiten meiner Partnerin ein Verwandtschafts- verhältnis zum Dichter, ihre Mutter war eine geborene Kukuk aus demselben Ort, Himmighausen in Ostwestfalen.
Meinem humorvollen Opa Willi hätte dieses Gedicht sicherlich auch sehr gefallen.
Das ist Seltsam mit dem Alter!
von Fritz Kukuk
Wenn man zehn ist und noch Kind,
weiß man glasklar, dass das Alter um die zwanzig rum beginnt.
Ist man aber selber zwanzig,
denkt man nicht mehr ganz so steif,
glaubt jedoch, genau mit vierzig ist man für den Sperrmüll reif.
Vierziger; schon etwas weiser
und vom Lebenskampf geprägt,
haben den Beginn des Alters auf Punkt sechzig festgelegt.
Sechziger, mit Hang zum Grübeln,
sagen dumpf wie ein Fagott,
achtzig ist die Altersgrenze und von da an sei man Schrott.
Doch die Achtziger, die Klugen,
denken überhaupt nicht dran,
leben, lieben, lachen weiter, Alter fängt mit hundert an.
Fritz Kukuk, *09.06.1905 in Himmighausen (heute zur Stadt Nieheim, Ostwestfalen gehörend), +24.12.1987 ebenda.
Seit 1934 schrieb Fritz Kukuk hauptsächlich Gedichte und erlangte mit seinen Werken überregionale Bekanntheit. Er bekam 1980 das Bundesverdienstkreuz für die Heimatdichtung wie die Erforschung von literarischen Werken verliehen, Darüber hinaus fand sein Werk aber auch internationale Anerkennung: So wurde Fritz Kukuk u. a. die Ehre zuteil, auch im Jahre 1980 vom Nestor der schwedischen Germanistik für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen zu werden. Ehrenamtlich war Fritz Kukuk als Consul de Mexico für Westfalen tätig.
Zur Gedenkkerze ein meiner Meinung nach schönes, weises Gedicht von Cäsar Flaischlen.
Die Verse passen sehr gut zu meinem Großvater Wilhelm - er hatte auch stets Sonne im Herzen und ein Lied auf den Lippen - er konnte Menschen motivieren, zum Lachen bringen, aufbauen, trösten...
Hab Sonne im Herzen
von Cäsar Flaischlen
Hab Sonne im Herzen,
ob’s stürmt oder schneit,
ob der Himmel voll Wolken,
die Erde voll Streit ...
hab Sonne im Herzen,
dann komme was mag:
Das leuchtet voll Licht dir
den dunkelsten Tag!
Hab ein Lied auf den Lippen
mit fröhlichem Klang,
und macht auch des Alltags
Gedränge dich bang ...
hab ein Lied auf den Lippen,
dann komme was mag:
Das hilft dir verwinden
den einsamsten Tag!
Hab ein Wort auch für andre
in Sorg und in Pein
und sag, was dich selber
so frohgemut lässt sein:
Hab ein Lied auf den Lippen,
verlier nie den Mut,
hab Sonne im Herzen,
und alles wird gut!
Cäsar Otto Hugo Flaischlen, *12. Mai 1864 in Stuttgart,
+16. Oktober 1920 im Sanatorium Horreck in Gundelsheim.
Vor 30 Jahren starb Wilhelm im Alter von 89 Jahren nach kurzer Krankheit im Hospital. Er war ein äußerst humorvoller Großvater, der immer einen Scherz auf den Lippen hatte, immer sehr heitere Anekdoten erzählte. Als 1979 der amerik. Schauspieler John Wayne starb, titelte ein großes deutsches Boulevardblatt die Schlagzeile:
"Er starb wie ein Held" - Wilhelm sagte zu mir: "...das werden sie über mich nicht schreiben, wenn ich einmal sterbe!" - ...doch, Opa, Du bist wie ein Held gestorben, mit einem Lächeln im Gesicht, einem letzten Scherz auf den Lippen und ohne Furcht. Und ich schreibe es DOCH über Dich: "Wilhelm Remiorz starb wie ein Held"
-
Inschrift auf John Waynes Grabstein:
„Der morgige Tag ist das Wichtigste im Leben. Er kommt zu uns um Mitternacht – ganz rein. Er ist makellos, wenn er ankommt, und gibt sich in unsere Hände. Er hofft, dass wir vom Gestern etwas gelernt haben.“
John Wayne, 26.05.1907 in Winterset, Iowa, +11.06.1979 in L.A. *)
*) vergleiche John Waynes und Wilhelms Geburts- und Todesdaten
Zur Gedenkkerze ein paar Zitate von Mark Twain. Ich merkte erst jetzt, wieviele bekannte Zitate seiner wir so täglich um uns werfen. Mein Opa Wilhelm hatte so einige in petto.
Genießen sie die sehr warmen Junitage gerade in vollen Zügen? Oder ist es Ihnen ein Greuel? Wilhelm säße jetzt im Schatten seines alten Kirschbaums und würde zitieren, Andekdoten erzählen - und vielleicht ein wenig über die Hitze stöhnen...aber nur ein wenig!
Für Wilhelm. Für Axel.
Sommer ist die Zeit, in der es zu heiß ist, um das zu tun, wozu es im Winter zu kalt war.
Ehe man anfängt seine Feinde zu lieben, sollte man seine Freunde besser behandeln.
Die Wahrheit ist das kostbarste, was wir haben - gehen wir sparsam damit um!
Als ich 14 war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Als ich 21 war, war ich verblüfft, wieviel er in 7 Jahren dazu gelernt hatte...
Mark Twain, eigentl. Samuel Langhorne Clemens, *30.11.1835 in Florida (Ort in Missouri), +21.04.1910 in Redding, Connecticut.
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Detlev von Liliencron. Lieben Sie den Juni? Denken Sie "endlich der erste Sommermonat?" Viele sagen "bloß keinen Regen" - allerdings wäre es schön, wenn es doch mal öfter regnen würde - denken Sie an die Natur. Die Wiesen sind bei uns schon gelb, die Bäume verlieren nicht wenige grüne Blätter...
Für Wilhelm. Für Axel.
Schöne Junitage
Mitternacht, die Gärten lauschen,
Flüsterwort und Liebeskuss,
Bis der letzte Klang verklungen,
Weil nun alles schlafen muss –
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.
Sonnengrüner Rosengarten,
Sonnenweiße Stromesflut,
Sonnenstiller Morgenfriede,
Der auf Baum und Beeten ruht –
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.
Straßentreiben, fern, verworren,
Reicher Mann und Bettelkind,
Myrtenkränze, Leichenzüge,
Tausendfältig Leben rinnt –
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.
Langsam graut der Abend nieder,
Milde wird die harte Welt,
Und das Herz macht seinen Frieden,
Und zum Kinde wird der Held –
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.
Detlev von Liliencron, *1844 in Kiel, +1909 in Alt-Rahlstedt (ab1937
zu Hamburg, Stadtbezirk Wandsbek)
Liliencron war dt. Lyriker, Prosa- und Bühnenautor.
Heute vor 119 Jahren wurde mein Großvater Wilhelm, vom Familienstamm Schlesier, in Bottrop geboren. Ein Original erblickte
das Licht der Welt, eine Frohnatur, ein unglaublich humorvoller
Mensch - er sollte viele Menschen fröhlich und glücklich machen.
In 4 Wochen jährt sich Wilhelms Todestag - 30 Jahre ist es jetzt schon her.
Wilhelms Geburtsjahr 1904 - was war das für eine Zeit? Vor fast 120 Jahren? Können wir es uns vorstellen, in dieser Zeit zu leben?
Kaiser Wilhelm ll. war Staatsoberhaupt, Bernhard von Bülow Reichskanzler.
Das Kinderschutzgesetz trat in Kraft, die Arbeit von Kindern unter 12 wurde in allen Betrieben verboten.
Wilhelm musste aber auch bereits mit 14 Jahren eine Bergmannslehre beginnen.
Sein Lieblingsclub FC.Schalke 04 wurde gegründet, noch unter dem Namen Westfalia Schalke.
Die FIFA wurde ebenfalls gegründet.
Die beliebtesten Vornamen 1904 waren u. a. Maria, Helene und Erna, Hans, Paul, Otto und Walter.
Ich werde am heutigen Tag viel an meinem Opa denken - an seine tollen Geburtstagsfeiern mit vielen Gästen, und ich werde viel lächeln, wenn mir einige seiner Späße einfallen...
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Emil Rittershaus.
Wilhelm hatte einen exorbitanten Humor, lachte sehr viel. Ähnlich wie in den Versen von Rittershaus " Komm! Laß uns einen Scherz erzählen" sagte mein Großvater so oft: "Ich muß Dir mal einen Spaß erzählen" - es handelte sich dabei fast ausschließlich über selbst erlebte Anekdoten - Wilhelm hatte die Gabe, viel aufs Korn zu nehmen, das Leben von der heiteren Seite zu betrachten. Und darum ging es ihm im Prinzip immer gut. Manchmal gelingt mir dies auch - meines Erachtens viel häufiger als meinen Mitmenschen - aber es ist nicht so einfach, immer alles von der humorvollen Seite zu betrachten. Ich habe einen Freund, der scheinbar alles humoristisch betrachtet kann - derweil ist dies aber auch sehr anstrengend. Ich bin zufrieden mit meiner Mischung aus objektiver Betrachtungsweise, einer großen Portion Melancholie - und manchmal bin ich auch "Wilhelm" - Gott sei Dank!
Ihr, die ihr allen Scherz vernehmet,
Laßt dem Humor das Spiel beim Krug!
Wer nie zum Denken sich bequemet,
Hat doch zum Lästern Witz genug!
Da trifft der Pfeil den Armen, Schwachen,
Da will nicht die Verleumdung ruhn! –
Viel besser ists beim Scherz zu lachen,
Als seinem Nächsten weh zu tun!
Bevor die bösen Reden fallen,
Bring heitrer Sinn das Blut in Fluß. –
Ach, auch der Klügste unter Allen
Liebt ja nicht immer Spiritus!
Warum sich stets zum Ernste quälen?
Ein jedes Ding zu seiner Stund! –
Komm! Laß uns einen Scherz erzählen!
Man lacht – und Lachen ist gesund!
Emil Rittershaus, *03. April 1834 in Barmen (heute zu Wuppertal),
+03.. März 1897 ebenda. Rittershaus war ein westfälischer Lyriker
und Rezitator, sehr bekannt sein "Westfalenlied"
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Uhland.
Für Wilhelm. Für Axel.
Frühlingsglaube
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal;
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Johannes Ludwig "Louis" Uhland, *26.04.1787 in Tübingen,
+ 13.11.1862 ebenda.