von Franz Wezel am 17.02.2021 - 17:29 Uhr | melden
(Messe am 16.02.2021)
Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in Wahrheit geheiligt sind. Joh. 17,19
Dieses Wort, das wir eben in der Zweiten Lesung, im Evangelium, gehört haben, wurde Thomas als sogenanntes Wort des Lebens gegeben. Ein Wort aus der Schrift, der Bibel, an dem sich die betreffende Person ausrichten sollte, oder konnte. Dieses Wort sollte Thomas auf seinem Weg im Fokolar begleiten.
Damit auch sie in Wahrheit geheiligt sind.
Was ist Heiligkeit? Was verstehen wir darunter?
Fromm daherredet? Betend durch die Welt gehen? Mit dem Hl. Antonius Gebetswinkel schiefen Kopf und Hände haltend daherkommend?
So ist es wahrlich nicht! Aber ich denke, dass wir alle, die wir hier sind, um Thomas auf dem letzten Weg zu begleiten, etwas von einer wahren, einer gewissen Heiligkeit leben.
Nur ist es uns bewusst?
Ich muss immer wieder an meine Mutter denken. Wir waren 7 Kinder, ich gehöre zu den Jüngsten. Mutter musste jahrelang jeden Morgen für jeden ein Berg Butterbrote errichten. Für den Vater, die großen Brüder in der Lehre, für uns für die Schule, und das Tag für Tag. Es gingen immer eineinhalb Brot drauf.
Oder Wäsche waschen für 9 Personen, in den ersten Jahren ohne Waschmaschine.
Und das alles ohne Klagen. Mutter ist in meinen Erinnerungen immer eine frohe Frau gewesen. Bevor man sie sah, hörte man sie lachen!
Für andere da sein – das ist für mich Heiligkeit! Butterbrote schmieren, Wäsche waschen!
Für andere da sein geht auch ohne Gott! Das konnte ich selbst immer wieder erfahren.
Hier hilf zum Verständnis die Goldene Regel:
Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.
Ich habe mein halbes Arbeitsleben in der DDR verbracht. Ich war der einzige Gläubige unter 21 Kollegen. Aber oft musste ich mich schämen, da die sogenannten Heiden viel mehr an Liebe anderen gegenüber hatten als ich. Sie nannten es Solidarität.
Da habe ich gelernt, Heiligkeit hat auch den Namen Solidarität.
Ich wollte mal gut sein und schlug meinen Bürokollegen vor, ab sofort nicht mehr negativ über andere Kollegen zu sprechen. Er war sofort einverstanden. Der erste der sich daran nicht hielt, war ich, der Christ. Der Kollege, noch dazu der Parteisekretär, erinnerte mich: Franz, denk an unsere Abmachung.
Heilig sein kann auch gelesen werden als: Geschenk für andere sein! Zeit haben füreinander, sich unterbrechen lassen in einer Arbeit, beim Buch lesen, bei der Sportschau – da gibt es viele Beispiele. Aber jedoch die Einfachsten sind die Schwierigsten!
Ich bin dann als älterer Mensch Priester geworden und arbeitete für ein paar Jahre in einem KH. Ein Notruf! Eine junge Mutter mit Gehirntod, alle Verwandten um ihr Bett – der Mann, die Eltern, Geschwister. Die junge Mutter hatte einen Organspende Ausweis, alle waren für die Organspende, nur die Mutter nicht. Die Ärzte riefen mich, um mit ihr zu sprechen. Letztlich ging es auch darum, andere Menschen zu helfen, ja Menschenleben zu retten. Als die Mutter dies verstand, willigte auch sie ein. Das ist Heiligkeit!
Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.
Das ist Heiligkeit im Alltag.
Und ich heilige mich für sie – Gott schenkt uns die Kraft und Möglichkeit – damit auch sie in Wahrheit geheiligt sind. Es tut uns allen gut, zu wissen, dass wir diese Möglichkeit haben.
Ich weiß nicht, ob Thomas immer so gelebt hat. Seine Bereitwilligkeit, für andere dazu sein, habe ich kennen und schätzen gelernt. Aber was für mich (und vielleicht auch für euch) das Wichtigste ist: er hat uns durch sein Wort des Lebens diese Botschaft hinterlassen:
Heiligkeit zu leben ist ein Synonym für Solidarität, oder auch ein Synonym für die Goldene Regel: Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.
So verstehe ich den Satz aus der Bibel:
Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in Wahrheit geheiligt werden.
Amen