Von Andreas Steinhardt 08.06.2023 um 21:26 Uhr | melden
Zur Gedenkkerze ein Gedicht von Georg Heym.
Sind sie vielleicht katholisch und folgten gar heute einer Fronleichnamsprozession? Oder ist Ihnen dies schir einerlei?
Freuen Sie sich wenigstens über einen erneuten Feiertag in der Woche? Nun, zumindest haben wir heute wie 4 weitere Bundes-
länder einen gesetzlichen Feiertag.
Ich erinnere mich an einige Prozessionen, die ich mit meinen Großeltern, respektive Eltern, beiwohnte. Mal die kleine Prozession in unserem Ortsteil, aber auch der wesentlich größere, feierliche Umzug im benachbarten Stadteill der Großeltern, wie der in Ortsmitte.
Theresia nahm immer gern an der Prozession teil, sang laut mit, war diese doch meist bei gutem Wetter - und anschließend gab es ein kleines Fest rund um die Kirche mit Bratwurst und Waffeln...und man traf viele Bekannte zum Schnacken....
Fronleichnamsprozession
O weites Land des Sommers und der Winde,
Der reinen Wolken, die dem Wind sich bieten.
Wo goldener Weizen reift und die Gebinde
Des gelben Roggens trocknen in den Mieten.
Die Erde dämmert von den Düften allen,
Von grünen Winden und des Mohnes Farben,
Des schwere Köpfe auf den Stielen fallen
Und weithin brennen aus den hohen Garben.
Des Feldwegs Brücke steigt im halben Bogen,
Wo helle Wellen weiße Kiesel feuchten.
Die Wassergräser werden fortgezogen,
Die in der Sonne aus dem Bache leuchten.
Die Brücke schwankt herauf die erste Fahne.
Sie flammt von Gold und Rot. Die Seidenquasten
Zu beiden Seiten halten Kastellane
Im alten Chorrock, dem von Staub verblassten.
Man hört Gesang. Die jungen Priester kommen.
Barhäuptig gehen sie vor den Prälaten.
Zu Flöten schallt der Messgesang. Die frommen
Und alten Lieder wandern durch die Saaten.
In weißen Kleidchen kommen Kinder singend.
Sie tragen kleine Kränze in den Haaren.
Und Knaben, runde Weihrauchkessel schwingend,
Im Spitzenrock und roten Festtalaren.
Die Kirchenbilder kommen auf Altären.
Mariens Wunden brennen hell im Licht.
Und Christus naht, von Blumen bunt, die wehren
Die Sonne von dem gelben Holzgesicht.
Im Baldachine glänzt des Bischofs Krone.
Er schreitet singend mit dem heiligen Schrein.
Der hohe Stimmenschall der Diakone
Fliegt weit hinaus durch Land und Felderreih’n.
Der Truhen Glanz weht um die alte Tracht.
Die Kessel dampfen, drin die Kräuter kohlen.
Sie ziehen durch der weiten Felder Pracht,
Und matter glänzen die vergilbten Stolen.
Der Zug wird kleiner. Der Gesang verhallt.
Sie ziehn dahin, dem grünen Wald entgegen.
Er tut sich auf. Der Glanz verzieht im Wald,
Wo goldne Stille träumt auf dunklen Wegen.
Der Mittag kommt. Es schläft das weite Land,
Die tiefen Wege, wo die Schwalbe schweift,
Und eine Mühle steht am Himmelsrand,
Die ewig nach den weißen Wolken greift.
Georg Heym, *30.10.1887 in Hirschberg, Schlesien (heutiges Jelenia Gora der pl. Woiwodschaft Niederschlesien),
+16.01. 1912 in Gatow (Wannsee), seit 1920 zum Berliner Stadtbezirk Spandau gehörend.