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Von Werner 04.10.2023 um 18:16 Uhr | melden
"Täter sind wichtiger für die Gemeinschaft als Opfer", sagte einmal eine Therapeutin erschütternderweise im Rahmen meiner eigenen Aufarbeitung traumatischer und später auch von verschiedenen Formen der Gewalt geprägter Erlebnisse, die verursachenden davon allesamt in frühester und späterer Kindheit.
Ich erinnere mich geweint zu haben als die Nachricht von Ihrem freiwilligen Tod bekannt wurde. Ich erinnere mich auch deutlich daran gedacht zu haben: "Wenn es dieser starken Frau nicht gelingt, so etwas zu überwinden, dann kann es gar nicht (ganz) gelingen." Ich war erneut erschüttert, nicht nur über ihre schlußendlich doch erfolgte konsequente Entscheidung darüber, dass ihr und uns der Täter die "alte Suse" unwiederbringlich genommen hatte, sondern erschüttert über die Dynamiken von Macht und deren Mißbrauch in unserer Gesellschaft ganz allgemein, die in Ereignissen wie diesen lediglich einen (persönlich ausgeprägten) Kulminationspunkt erreichen, letztlich aber das Eingangszitat aufs Erschütterndste zu bestätigen scheinen: Die Täter sind "uns", der Gesellschaft, offenbar wichtiger als die Opfer, deren Ethik wird gar nicht in Frage gestellt, solange sie nur Ergebnisse hervorbringen, zur Not eben mit Gewalt.
Ich vermag mich vielleicht ein wenig und ansatzweise hineinzufühlen in das, was die kleine dreiköpfige Familie als Bastion der Menschlichkeit durchzufechten hatte im Nachgang der Tat, wie sie bei allem Schmerz auch möglicherweise so ein Gefühl eines eingeschworenen kleinen Zirkels ja regelrecht zweckoptimistisch etabliert haben mögen, wie unerschrocken und tapfer Fr. Preusker sich selbst allem stellte, niemals und unter keinen Umständen bereit, sich in der Opferrolle marginalisieren zu lassen, immer bereit und fähig zu kämpfen, nicht nur für sich, sondern auch ihre beiden Männer, die ihr mit allem, wozu ein Mensch in der Lage ist, zur Seite standen, im Herzen, mit Taten, aufrecht, offen, mutig. Ich bewundere den Weg, den sie nach der Tat beschritten hatte, entschlossen sich wieder ins Leben zurückzukämpfen, es auch im Rahmen des Möglichen geschafft hatte, dabei auf Unterstützung zurückgreifen könnend, die vielen in dem Umfang vermutlich versagt bleiben wird.
Mich hat diese Geschichte seit Erlangen der Kenntnis über einen zufällig gesehenen Magazinartikel nie mehr losgelassen und zutiefst und intensiv bewegt, noch heute, bereits fünfeinhalb Jahre nach ihrem Entschluß, dass es jetzt genug gewesen sein darf. Ich fühlte mich ihr und ihrem Schicksal zeitweise so nahe, so nahe es eben geht und angemessen ist. Sie ist und war mir ein Vorbild, sogar in ihrer Entscheidung, dass am Ende möglicherweise die beste Ausprägung von Selbstfürsorge darin bestehen kann zu entscheiden: Es war, wie es war, mit schönen und tollen Zeiten, mit schrecklichen, von allem etwas. Aber das, was nun übrig bleibt, ist nicht das, was ich mit meinem Bild meiner Selbst mehr in Einklang zu bringen vermag, das Kämpfen darf ein Ende haben. Auch und vor allem das ist ein mutiger Schritt, da der Suizid in unseren Gesellschaften noch immer stigmatisiert ist, was ich inzwischen als kollektive Übergriffigkeit und eklatante Verurteilung der Opfer von Gewalttaten interpretiere, auch unsere Justiz und Legislative hierfür in die Kritik zu nehmen hätte.
Sofern unser Bewußtsein – von "Seele" mag ich da nicht sprechen – in irgendeiner für uns nicht fassbaren Weise fortexistieren sollte, so wünsche ich mir nur eines: Dass Fr. Preusker auf ihr Leben in Zufriedenheit zurückblickt und in dem Bewußtsein alles in ihren mitgegebenen Möglichkeiten liegende gegeben zu haben, das dem gesamten Rest von uns weiterhin nicht nur Mahnmal, sondern auch Licht, Vorbild sein kann. Mut zu haben bedeutet nicht automatisch in allen Lebenssituation "siegreich" sein zu können. Mut bedarf es vor allem in der vermeintlichen "Niederlage": Des Mutes sich mindestens die eigene Würde und Werte bewahrt zu haben.
Ich danke ihr von Herzen in allem, das sie in unsere Welt gebracht hat. Reises Sie in Frieden weiter, wo immer Sie sind! An die Hinterbliebenen mein aufrichtigstes Beileid und Mitgefühl.