Raimund Heinreichsberger

Raimund
Heinreichsberger

02.12.1960
Wien
-
24.04.2017
Stockerau bei Wien

Stimmungsbild-Raimund-Heinreichsberger-3

Gedenkseite für Raimund Heinreichsberger

Raimund Heinreichsberger wurde im Herbst am 02. Dezember 1960 in Wien geboren und starb am 24. April 2017 mit 56 Jahren in Stockerau bei Wien. Er wurde im Tierkreiszeichen Schütze geboren.

Seine Urne wurde am 25.05.2017 auf dem Friedhof in Stockerau beigesetzt.

Raimund Heinreichsberger nació en el otoño 02 de diciembre de 1960 en Viena y murió el 24 de abril de 2017 56 años en Stockerau cerca de Viena. Él nació en el signo zodiacal Sagitario.

Su urna fue enterrada el 25/05/2017 en el cementerio de Stockerau.

Raimund era un viajero del mundo, aventurero y empresario.
Le pregunté a un muy notable y probablemente única galería de fotos de este sitio.

Raimund war ein Weltenbummler, Abenteurer und Geschäftsmann.
Ich habe eine sehr bemerkenswerte und wohl einmalige Bildergalerie auf diese Seite gestellt.

Ich habe diese Gedenkseite für meinen Freund Raimund erstellt

1.) um den Kampf gegen das Vergessen in Angriff zu
nehmen.
2.) weitere Gedenkseiten werden folgen.

3.) es sollen Seiten werden, von Frauen und Männern die nicht groß im Rampenlicht standen, die man aber trotzdem als Helden des Alltags bezeichnen kann. Menschen die nicht bei tausenden bekannt waren, aber im regionalen Bereich Einfluss auf andere und ihre Umwelt ausübten.

4.) Ich möchte dass diese Freunde und Bekannten nicht in der Vergessenheit verschwinden.

5.) Am Ende dieser Gedenkseite werde ich eine Namensliste der Personen erstellen für die ich eine Gedenkseite erstellt habe.

Raimund war ein Weltenbummler, Abenteurer und Geschäftsmann.
Seine Reisen, Abenteuer hat er sich selbst finanziert.
Als Schiffskoch, Gelegenheitsarbeiter, selbständiger Viehzüchter und Kinobetreiber verdiente es sich sein Geld.
Er besaß eine Farm und betrieb eine Ranch in Paraguay.
Aloe Vera als wahre Wunder-pflanze sollte ihm zum Erfolg führen.
Doch die Farm konnte nicht produktiv betrieben werden. Die dort angestellten Arbeiter und der Vormann, arbeiteten in die eigene Tasche.
Er ließ die Pflanzungen roden und verlegte sich auf die Viehwirtschaft. Als zweites Standbein
mietete er Räumlichkeiten in Paraguays Hauptstadt Asuncion und eröffnete das Erotik-Kino la Pera.

Die Ranch sollte ein Ferienparadies mit Foto-Safari werden. Hierbei lag die Betonung auf "Foto".

Tiere durften nicht geschossen werden. Das mitführen von Waffen war den Touristen strengstens untersagt.
Es sollte geworben werden für ein friedliches miteinander von Natur, Menschen und Tieren.

Für die Sicherheit im Urwald waren einschließlich unsere Ranch-Mitarbeiter zuständig.
Einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichte Raimund vor Jahren auf der damaligen Wkw Seite mit der Seite, "Raimund und JeanPaul".
Auf dieser Seite wurde getestet wie man das mögliche Urlaubsparadies in Paraguay vermarkten könnte.
Doch leider blieb der Plan im damaligen Genehmigungsverfahren hängen.
Raimund wurde genötigt seine Ranch zu verkaufen.
Erstaunlicher Weise konnte er durch glückliche Umstände einen angemessenen Verkaufspreis erzielen und dieses Geld nach Österreich transferieren.
Das ist ein Novum in Paraguay und gelingt sonst kaum jemand.

Zu den Bemerkenswertesten Leistungen von Raimund gehört zweifelsfrei sein Gewaltmarsch nach Machu Picchu, der alten Festungsstadt der Inkas.

Reise nach Machu Picchu,

Zu den Bemerkenswertesten Leistungen von Raimund gehört zweifelsfrei sein Gewaltmarsch nach Machu Picchu, der alten Festungsstadt der Inkas.

Am 24. April 2001 begann diese Reise. Zunächst mit dem Bus.
Dazu hier die Original-Nachricht von Raimund.

Solche Nachrichten und Fotos ließ er zur Datensicherung seiner Familie zukommen.
Immer wenn er bei seiner Reise Zugang zum Internet und zur Post hatte sendete er Nachrichten und Filme nach Österreich und Deutschland.

Sta. Cruz, 2001-04-24

Liebe Familie!

Die Reise begann überaus bequem. Das Wetter war frisch, ohne die übliche Hitze, der Bus hatte Liegesitze und ich schlief sofort ein, unterbrochen nur an einer Stelle, wo ich den Paß vorzeigen mußte.
Der Bus war an der Stadtgrenze von Asuncion, noch vor dem Überqueren der Brücke ins Chaco, an einer Reihe von Kiosken stehen geblieben und die Fahrer hatten Unmengen an Wasser und Lebensmittel zugeladen. Selbst die Reisenden, offenbar alles Profis, die aus beruflichen Gründen diese billige Reisemöglichkeit wählen, machten umfangreiche Einkäufe von Getränken und haltbaren Esswaren. Nur meine Sitznachbarin, eine rundliche, überaus attraktive Brasilianerin, und ich verzichteten darauf. Einer der Fahrgäste erklärte mir, dass eine Reise durch das Chaco zu jedem Moment zu einer Expedition ausarten könne und wir eventuell gezwungen wären wochenlang im Busch zu warten, bis die Bedingungen sich besserten. Mit etwas Glück fänden wir allerdings Aufnahme und Wasser auf einer Estancia, falls sie nahe genug läge, um sie zu Fuß zu erreichen. Schon ein paar Regentropfen verwandeln die Erdstrasse in eine unpassierbare Schlammbahn und an einen Motorschaden wolle er erst gar nicht denken.
Am darauf folgenden Morgen, als ich erwachte, befanden wir uns im tiefsten Chaco, wo der Fahrer des Busses gerade ein kleines Krokodil aufschlitzte, das so dumm gewesen war, die Staubstraße in diesem Moment überqueren zu wollen. Das ist natürlich ein ökologisches Verbrechen, aber ein durchaus übliches. Die Reise verlief bis zu diesem Moment gut, nur verloren wir viel Zeit wegen des unstillbaren Jagdfiebers unseres Fahrers. Zum Glück war er für die meisten Tiere zu langsam und seine Bewaffnung beschränkte sich auf den großen Bus und ein stumpfes Messer. Letzteres hinderte ihn auch beträchtlich in seinem Bemühen das erschlagene Krokodil, kaum einen Meter lang, auszunehmen und die Haut abzuziehen. Ich hätte zwar ein scharfes Messer gehabt, wollte aber nicht zum Komplizen bei seinen kriminellen Hobbys werden. Trotzdem waren die Zwangspausen angenehm für mich, da ich so häufig dazu kam eine Zigarette zu rauchen. Unter den bolivianischen Händlern, sofern man die Schmuggler von Kleidung, Elektrogeräten und wer weiß was noch allem, so nennen kann, brach sehr bald Unruhe aus. Vor allem eine dicke, ältere Hochländerin brachte mit keifender Stimme wortgewandt ihren Unmut zum Ausdruck, worauf unser Freizeitjäger seine Tätigkeit unterbrach und weiterfuhr. Jedoch schon einige Kilometer weiter hielt er beim letzten paraguayischen Militärposten vor der Grenze, sprach mit dem Kommandanten und der ließ einen seiner Soldaten, einen professionellen Wilderer, wecken, der, wie im Chaco üblich, mit einem rasiermesserscharfen Schneidegerät ausgestattet, der potentiellen Handtasche zu Leibe rückte. Der fleischige Schwanzmuskel gilt im Übrigen als Spezialität, vor allem der junger Tiere, und bildet einen köstlichen Vorwand für die Ausrottung dieser weltweit geschützten Reptile.
Der verschlafene Soldat hatte kaum mit seiner Arbeit begonnen, als die ersten dicken Tropfen auf uns fielen, worauf der Fahrer sein Krokodil abrupt im Stich ließ und mit Windeseile versuchte unter der Regenwolke durchzufahren, bevor sie ihren ganzen Inhalt vergießen konnte. Trotz der guten Absicht kamen wir keine 500 Meter weit, bis der große Bus, als wäre er der ungewohnten Eile überdrüssig, scheinbar gemächlich in den flachen Graben am Straßenrand rutschte und dort zum Stehen kam. Der feine obere Staubbelag der Straße hatte sich in eine schmierige Rutschbahn verwandelt und die Räder drehten haltlos durch, als der Fahrer versuchte wieder trockenen Boden zu gewinnen. Alle männlichen Fahrgäste mussten runter und ziehen, während der Fahrgehilfe mit der Spitzhacke eine trockene Spur aus dem Schlick kratzte. Im Schritttempo kroch der Bus endlich aus dem Graben und mit derselben Geschwindigkeit überquerten wir die Grenze. Ab da war die Straße mit Steinen befestigt und damit regensicher. Der Schauer hatte Gott sei dank aufgehört, aber mit der Sauberkeit war es vorbei. Wir starrten alle vor Dreck wie Schweine.
Kaum hatten wir die Grenze nach Bolivien passiert, kam das Gerücht eines Generalstreiks für den nächsten Tag auf. Die Hauptstraßen und alle Zugänge zu den Großstädten seien ab Mitternacht gesperrt. Von nun an gab der Fahrer sein Trödeln auf und wir breschten dahin, was die Straße hergab, manchmal bis zu 50 km/h. Ich konnte lange nicht schlafen und saß beim Fahrer vorn um zu rauchen und ihm dabei zuzusehen, wie er versuchte auf der löchrigen Ruta Transamericana Rallye zu fahren. Um halb zwölf Uhr nachts schlief ich endlich ein und wachte erst auf als der Bus stillstand und ein Bolivianer zu mir sagte: „Vamos“. „Wohin“, fragte ich? Die Straßen seien bereits gesperrt und wir wären noch drei Stunden außerhalb von Sta.Cruz, aber sie hätten einen Kleinbus aufgetrieben, der uns über Umwege in die Stadt brächte. Bei absoluter Dunkelheit und schweigsam, damit uns die Leute von den Straßenblokaden nicht hören konnten, schlichen wir mehr als einen Kilometer durch ein weitläufiges Dorf, dann ein Bahngleis entlang, ich zum ersten Mal mit meinem Monsterrucksack, schlichteten alles Gepäck auf den Dachträger eines Kleinbusses und fuhren ab. Das kostete natürlich zusätzlich, denn der Streikbrecher riskierte ja immerhin sein Auto, vielleicht sogar seine Gesundheit. Es begann wie mit Kübeln zu schütten, aber wir kamen heil in Sta. Cruz an. Vom Bahnhof nahm ich ein Taxi zu einem Hotel und fiel um fünf Uhr früh steif wie ein Brett ins Bett. Na, das war doch ein ganz nettes kleines Abenteuer für den Beginn?
Ich habe übrigens bereits meinen zukünftigen Gegner gesichtet. Gestern, als wir aus dem Chaco kamen, tauchten vor uns die bolivianischen Vorkordillieren auf, riesig, dunkel und angsteinflößend. Trotzdem bin ich besten Vertrauens.
Die Bolivianer scheinen unglaublich nette, höfliche Leute zu sein und sie sprechen ein weit besseres Spanisch als die Paraguayer.
Ich werde circa vier Tage hier in Sta. Cruz bleiben. Heute ist großer Regen angesagt, so daß ich bloß theoretische Vorbereitungen treffen kann und ich treffe mich mit Elisabeth, einem Mädchen, das mir von meiner bolivianischen Freundin Maria in Asuncion als Kontaktperson vermittelt wurde, um sowohl Sta Cruz als auch sie kennen zu lernen. Sie hat eine sehr nette Stimme.
Da wir wegen der Straßenblockaden praktisch „illegal“ in die Stadt kamen, jedenfalls ohne Gepäckkontrolle, umging ich den ohnehin nur lästigen Zoll und habe bisher kein Problem wegen meiner „Waffel“. Der Pass war mir schon an einem kleinen Grenzposten im ersten bolivianischen Dorf abgestempelt worden. Ist das nicht komisch, wie das Schicksal den Ängsten ein Schnippchen schlagen kann. Das unvorhergesehene Umgehen der Zollkontrolle war im Übrigen nicht nur für mich von Vorteil, sondern auch für viele Händler, die mit enormem Gepäck reisten, fast alles voll mit illegaler Ware. Eine der Händlerinnen stieg schon tagsüber auf einen bolivianischen Bus um, was ihr zwar eine neue Fahrkarte nach Sta. Cruz kostete und ein saftiges Trinkgeld für den neuen Fahrer, aber sie entging dabei dem Zoll, der ihr sicherlich viel teurer gekommen wäre, und vielleicht war Kleidung nicht alles, was sie schmuggelte.

Viele liebe Grüße
Raimund

Über diese Reise nach Machu Picchu wollte Raimund ein Buch schreiben und einen Bildband veröffentlichen. Ich bin im Besitz seiner Manuskripte und Fotos.
Zu diesem Zweck hat er Paraguay verlassen und sich neu in Österreich angesiedelt. Aber in Österreich angekommen hat ihn die Motivation zu schreiben, verlassen. Er sagte zu mir, „ ich kann schreiben ja, ich kann auch 1000 Seiten und mehr schreiben, aber mein Herz schreibt nicht mit. Ich werde warten bis das Gefühl zum schreiben zurück kommt.“
Leider ging sein Leben zu Ende bevor er seien Kraft und Motivation zum schreiben wieder gefunden hat.
Ich werde daher die Bilder seiner Reise auf seine Gedenkseite stellen und mit einigen Kapiteln, wie sie in seinem Buch erschienen wären, untermalen.

Eine weitere schöne Geschichte aus Sta. Cruz
Sta. Cruz, 2001-04-27


Hallo Rabbits!

Vorerst will ich eines klarstellen. Ich habe nicht mit Marcia geschlafen, wie ihr mir liebenswürdigerweise unterstellt, so gerne ich das auch gewollt hätte. Ich bin bloß hinter ihr hergelaufen wie ein verliebtes Hündchen und habe das auch genossen. Das Ziel war ausnahmsweise nicht das Bett, außerdem habe ich Probleme mit Frauen zu schlafen, die mir wirklich gut gefallen. Zum Glück wissen die Mädchen zumeist besser als ich, wann und mit wem sie ins Bett gehen können ohne zu verletzen oder verletzt zu werden.
Der heutige Tag zeichnete sich durch absolute Abenteuerlosigkeit aus, noch dazu beginnt meine ohnehin oberflächliche Planung leichte Schwachstellen aufzuweisen. Es ist mir wirklich peinlich das zugeben zu müssen. Am Morgen, gleich nach dem Verlängern des Visums von einem auf drei Monate, besorgte ich eine zweite Landkarte vom kartografischen Institut der Militärs, leider im selben Maßstab, wie meine nordamerikanische Karte, aber etwas Genaueres ist vor allem von den tropischen Provinzen Chapare und Beni nicht zu bekommen. Schließlich handelt es sich um die beiden wichtigsten Drogenanbaugebiete Boliviens, wie ich von meinem Leibtaxifahrer Don José ausführlich informiert wurde. Neben mir am Kartenverkauf stand ein Oberst der bolivianischen Armee und nicht mal dem gaben sie was Besseres.
Immerhin gelang es mir im Vergleich der beiden Karten einen kleinen Irrtum aufzudecken, der mich schnell in Teufels Küche gebracht hätte. Die amerikanische Karte verwendet für die Bezeichnung der unbefestigten Wege und der Grenzen zwischen den Bundesländern dieselbe Strichlänge und nicht nur das, selbst die Farben sind ähnlich, nämlich ein rötliches hellbraun und ein helles rotbraun. Das bedeutet, der Weg den ich gehen wollte ist nichts weiter als die Landesgrenze und genau dort gibt es gar keinen Weg. Ich könnte dem Esel in Nordamerika, der das verbrochen hat, den Kopf abreißen. Ich bleibe trotzdem bei meinem ursprünglichen Plan und beginne die Wanderung in Rio Ichilo, dem Fluss, der die Grenze zwischen den Bundesländern Cochabamba und Sta. Cruz bildet. Er verläuft genau zwischen den beiden Nationalparks Amboró und Carrsasco und was eignete sich besser für den Beginn einer Wanderung als ein enormes, menschenleeres Schutzgebiet? Ich werde also so weit als möglich am Fluss entlang nach Süden gehen und arbeite mich dann mit dem Kompass vor, bis ich auf die nächste Asphaltstrasse stoße.
Die Straßenblockaden wurden bereits überall aufgehoben, bloß nicht im Chapare, wo die Demonstrationen schon in den letzten Jahren revolutionsartigen Charakter annahmen, mit großzügiger Aufstockung der ohnehin hohen Militärdichte und wahren Schlachten zwischen den Cocapflanzern und den Elitetruppen. Die Spezialeinheiten werden von den Nordamerikanern und die Bauern von den Cocabaronen finanziert und genau in diesem brodelnden Hexenkessel will ich meine Wanderung beginnen. Don Jose, der Taxifahrer, fand die ganze Fahrt über kein anderes Thema, als mir den Kopf mit seinen Horrorgeschichten zu füllen. Ich müsse mir unbedingt ein Gewehr besorgen, um mich gegen die gefährlichen Raubtiere im Dschungel zu wehren, mein Revolver sei bei Weitem nicht genug. Wenn es nach ihm ginge sollte es eine Automatik sein. Außerdem sei ich leicht mit einem Nordamerikaner zu verwechseln und die Landbevölkerung, vor allem im Chapare, ist derzeit gar nicht gut auf die Yankis zu sprechen. Meine Sorgen erstrecken sich also nicht mehr nur auf wilde Schweine und Jaguare, sondern auch auf verärgerte Cocabauern und ihre Rachegelüste.
Mit der Hilfe Don Josés klapperte ich eine Reihe von Waffengeschäften ab und fand auch sehr schnell eine brauchbare Waffe, ein superleichtes Jagdgewehr mit abnehmbarem Lauf, Kal. 22 Magnum. Leider hätte das hochbrisante Leichtgewicht 400 Dollar gekostet und ein spürbares Loch in meine Reisekasse gerissen. Ich erzählte Jose zwar von dem Fund, ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass ich es aus Geldknappheit nicht kaufen konnte. Erst ab diesem Moment wurde er zu einem ehrlichen, väterlichen Freund. Wir machten noch eine zweite Tour und neben einem zusammengestoppelten Angelzeug, stockte ich schließlich meinen Munitionsbestand von zehn auf dreißig Stück auf. Teuer genug, schließlich kostete mich jede Patrone einen Dollar. Selbst bei einem massiven Angriff der gefürchteten Pekarihorden, den „Chanchos troperos“, käme ich wohl kaum dazu mehr als das zu verschießen und im Falle eines Einsatzes der Waffe gegen Menschen halte ich mich an den Rat eines befreundeten Polizisten in Paraguay. Er hatte einen Revolver von mir gekauft und ich fragte ihn warum er nicht eine Pistole um das gleiche Geld vorzöge, wo er damit die dreifache, wenn nicht sechsfache Feuerkraft hätte. Er meinte sarkastisch: „Wenn ich mehr als drei Schüsse brauche, um aus einem Schlamassel raus zu kommen, dann war diese Party für mich die letzte“.
Meine Vorbereitungen laufen mittlerweile auf Hochtouren. Den Nachmittag verbrachte ich mit dem Lackieren der Landkarten. Gestern wollte ich sie noch plastifizieren lassen, aber der Preis dafür beträgt achtzig Dollar, so dass ich es vorzog mir ein breites durchsichtiges Klebeband zu kaufen und einen ebenfalls durchsichtigen Lackspray, kluger Junge nicht wahr? Ich klebte die Faltstellen und die Ränder auf beiden Seiten mit dem Band ab und sprühte den Rest mit dem Lack ein. Das Hotel stellte mir liebenswürdigerweise den kleinen Konferenzraum dafür zur Verfügung. Ich habe keine Ahnung, wie lange der Schutz halten wird, aber er kostete bloß vier Dollar. Ich bin also ziemlich stolz auf mich.
Der Spaziergang am Fluss Para’i hatte mich davon überzeugt, dass mein kleiner Schweizer Wasserentkeimer diese dreckige Brühe wohl kaum schlucken würde. Ich löste auch dieses Problem auf unorthodoxe Weise. Ob es funktioniert, wird die Praxis zeigen. Ich kaufte einen billigen Teefilter, nichts weiter als starker Draht, rund geformt, mit einem Stück Stoff als Filter, dazu einen kleinen Plastiktrichter, ein Paar Damennylonstrümpfe und für die Feinfilterung Melitta Filtertüten. Die Sache ist noch nicht ganz Patentreif, aber der Anfang ist versprechend.
Mein Hotelzimmer sieht mittlerweile aus wie ein Trödlerladen. Würde gerne wissen, was die Dienstmädchen denken. Vielleicht glauben sie, mir schmeckt das Essen in Sta. Cruz nicht, wegen der vielen Lebensmittel, die sich mittlerweile angesammelt haben. Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall. Alleine die Küche hier ist die weite Reise wert.
Liebe Mama, ich verspreche dir, mich vor den bösen Männern in Acht zu nehmen, vor allem, da ihre unsauberen Absichten in meinem Fall wohl kaum sexueller Natur wären. Ich hätte zwar auch mit Ersterem meine liebe Not, aber es erscheint mir trotzdem das kleinere Übel unter den vorstellbaren.

Sta. Cruz, 2001-04-28

Liebe Familie!

Ich selbst bin tief betrübt und auch ihr seid ganz sicher schwer enttäuscht, dass ich noch immer ein ganz normales Mail verschicke und nicht auf der Buschtrommel schlage. Solltet ihr trotzdem schon versucht haben ein von weit her stammendes, dumpfes Geräusch zu entziffern, so war das entweder mein Herzklopfen, oder euer Nachbar, beim Holz hacken.
Wie auch immer, gestern Abend begann es wie verrückt zu regnen. Die hiesigen Wetterfrösche sagen für die nächsten drei Tage keine Änderung voraus. „Aha“, höre ich Euch sagen, „er wartet also den Regen ab“. Auch das, aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Mein neues Problem ist weit banaler.
Ich stand heute um fünf Uhr früh auf und begann den Rucksack für den Abmarsch zu packen. Ich erwartete keine Schwierigkeiten, denn schließlich hatte ich ja das ganze Zeug schon aus Paraguay hierher transportiert, sogar mit dem Zelt im Inneren des Rucksackes verstaut, welches jetzt außen angeschnürt werden soll. Bloß den kleinen Rucksack mit Karten, Büchern, Waffeleisen und Kamera sowie einigen Fressereien, hatte ich extra in der Hand getragen. Die Überlegung war, dass der Platz, den das Zelt im Rucksack freigemacht hatte, für die Lebensmittel ausreichen müsste, obwohl mir die Unzahl von Säcken, die ich täglich zugekauft hatte, hätte sagen müssen, dass es eines Wunders bedurfte und zwar eines großen, um das alles unterzubringen. Da aber schon alles Vorherige an dieser Reise der starken Hand der höheren Mächte bedurft hatte, nahm ich die Sache nicht weiter ernst, bis heute morgen. Ich packte schon seit mehr als einer Stunde, mein Körper war mittlerweile vor Anstrengung und Verzweiflung schweißbedeckt, es kam der Moment der Abreise zum Bahnhof und ich hatte noch immer keine Möglichkeit gefunden alles zu verstauen. Also ging ich Frühstücken. Das Schicksal, oder besser meine Blauäugigkeit hatten mir die Entscheidung aus der Hand genommen. Ich muss noch einen Tag bleiben. Der Vorteil dabei ist, dass vielleicht der Regen aufhört.
Im Vergleich zu Lappland gibt es nicht viel, was ich damals nicht auch mit gehabt hätte. Der Revolver mit Munition, der mehr Gewicht als Volumen hat, vielleicht die Pumpe für die Wasserentkeimung, sonst fällt mir nichts ein. Selbstverständlich hatten wir damals bloß ein Zelt für zwei Personen, die Küche war für zwei, dafür aber brauchten wir die doppelte Menge an Lebensmitteln und wir kochten über Holzfeuer, nicht auf einem Benzinkocher. Ein Liter Benzin wiegt schließlich einen Kilo. Die Ausrüstung war damals sogar noch schwerer, da ich viele Sachen schlechter Qualität dabei hatte. Einer der wesentlichsten Unterschiede ist vielleicht der, dass ich die dicke Kleidung sehr wohl für die Wintermonate im Altiplano brauche, sie aber noch nicht angezogen habe. Es ist kühl, wegen des Regens, aber weit entfernt von kalt.
Ich muss also schmerzhafte und kostspielige Kürzungen vornehmen und Entscheidungen darüber treffen, was ich der hiesigen Bevölkerung, genauer gesagt, den Zimmermädchen, zurücklasse. Mit Sicherheit gehören dazu zwei Bücher, ich hoffe die Damen lesen, die ich eigentlich nur für die Busreise mitnahm, wahrscheinlich die Turnschuhe und auf jeden Fall einen Teil der Lebensmittel.
Ich könnte mir natürlich auch einen Esel kaufen. Wenigstens hätte ich dann einen Ansprechpartner, dessen Intelligenz nicht allzu weit unter meiner steht. Wie das in den Anden nicht nur mit Eseln üblich zu sein scheint, kann ich ihn dann später auffressen, egal ob gefroren oder nicht.
Volle drei Stunden verbrachte ich damit alles auszupacken um dann wiederum alles, was irgendwie möglich war, umzuleeren, zusammenzuleeren, kurz gesagt, zu komprimieren. So kam es, das ich in einem Weithalsgefäß, das bisher bloß zur Hälfte mit Notnahrung, einer Art Müsli, befüllt war, nun auch noch alle Teebeutel und Suppenwürfel verstaute. In ähnlich krimineller Weise und mit rasant fortschreitender Rücksichtslosigkeit trieb ich die Komprimierung voran, bis wirklich aller zur Verfügung stehender Raum genützt war. Die Außensäcke für den Schlafsack und die Liegeunterlage, die noch Leerräume boten, hatte ich total vergessen und in die stopfte ich jetzt zusätzlich diverse Lebensmittel und Kleidung. Sobald die Sache so weit gediehen war, füllte ich probehalber auch noch die Wasserflaschen, immerhin dreieinhalb Liter, und holte schon den Liter Benzin, der mir noch gefehlt hatte.
Der Rucksack hatte sein Äußeres radikal verändert. Hatte er bisher bloß beeindruckend ausgesehen, waren seine Ausmaße jetzt, gelinde gesagt, bedrohlich. Ich schwitzte ohnehin schon, wahrscheinlich vor Nervosität, aber der echte Schweißausbruch kam erst, als ich den Rucksack hoch riss und mich in die Tragriemen zwängte. Das Gewicht war so groß geworden, dass ich es kaum noch anheben konnte, außerdem schneiden mir die Riemen das Blut ab und das Gewicht zieht mich nach hinten. Ich wollte kein großes Aufsehen erregen und ging daher nicht auf den Gang, sondern drehte bloß zwei, drei Runden im Zimmer. Fortbewegung war noch immer möglich, die Frage ist vielmehr, wie weit. Ich bin so unbeweglich geworden, dass ich schon mit normalen Wegen Probleme hätte. Wie soll das also ganz ohne Weg gehen? Sollte ich einen neuen Weg wählen? Na gut, aber welchen?
Alle eingezeichneten Wege, selbst die kleinsten, führen durch Dörfer, was die Menge an Lebensmitteln, die ich mitführe, kaum rechtfertigen würde. Ich wäre der Lächerlichkeit preisgegeben, ganz Bolivien begänne über mich zu lachen. Außerdem käme ich so wohl kaum in den Genuss das zu sehen und zu erleben, wozu ich herkam. Bleibt die Frage, ob ich bei der Überanstrengung, der ich mich aussetze, Kraft genug haben werde um überhaupt etwas zu sehen. Im Falle der Nationalparks wird mich wahrscheinlich keiner auslachen, mit Ausnahme der hungrigen Raubtiere, für die ich in meiner Bewegungslosigkeit eine leichte Mahlzeit abgäbe.
Derart in Panik geraten, setzte ich alle Hebel in Bewegung um noch am selben Sonntag herauszufinden, ob es nicht doch einen Weg entlang des Flusses Ichilo gäbe. An allen in Frage kommenden Stellen fand ich natürlich nur die Nachwächter, die mich freundlich, aber bestimmt, auf den Montag vertrösteten. Setze ich mich am Montag also tatsächlich mit der Parkverwaltung der Naturfreunde in Verbindung, so fände ich zwar heraus, ob es einen Weg gibt oder nicht, mache aber alle auf mein Vorhaben aufmerksam und wahrscheinlich werden sie mir sagen, dass es zu gefährlich sei, dass es ohne Waffe nicht machbar sei und ich kann den Besitz meiner Waffe schwerlich zugeben, da sie illegal ist.
Wieder andererseits haben die ergiebigen Regenfälle der letzten Zeit auch für mich eine Menge positiver Auswirkungen. Wildtiere sammeln sich prinzipiell dann an den Wasserstellen, wenn sie weiter draußen keines mehr finden. Gibt es genügend Wasser, sind die Tümpel voll und das Gras saftig grün, bevorzugen sie die Zurückgezogenheit der waldigen Hügel. Sicher ist bloß eines: ein Fluss bedeutet sicheres Wasser und da es der einzige Fluss auf weiter Strecke zu sein scheint, ist die Dichte der Tiere dort am größten, sowohl der harmlosen, als auch der gefährlichen. Alle brauchen Wasser und die Raubtiere brauchen Beute. Wegen meines Gepäckes, werde ich mich wohl kaum gegen einen eventuellen Angriff wehren können, falls ich es überhaupt bemerkte, dass Gefahr im Verzug ist und deshalb ist Wasserüberfluss für mich günstig. Nach all’ diesen Überlegungen, neige ich dazu den Plan aufrecht zu erhalten und den Park entlang des Flusses zu durchqueren.
Die einzigen Menschen, die tatsächlich über die Verhältnisse Bescheid geben können, sind die Einwohner von Rio Ichilo, des gleichnamigen Dorfes an der Asphaltstrasse. Sollte ich von dort nicht zurückkommen, so wäre das der beste Punkt, mit der Suche nach mir zu beginnen, denn ich bin sicher, dass alle, die mich sehen werden, sich an den Verrückten mit dem Monsterrucksack erinnern. Das war bloß ein kleiner Scherz. Ihr braucht euch wirklich keine Sorgen zu machen.
So, that’s news to me, and now I’m really out of here. Ganz liebe Grüße an alle und bleibt mir gewogen. Raimund.







..........Fortsetzung folgt....................





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