Marie Schiffer

Marie
Schiffer

09.02.1998
Frankfurt an der Oder
-
06.04.2013
Brumby

stimmungsbild29
ZurückAus dem Kondolenzbuch: Fortsetzung

von Mama am 06.04.2015 - 16:01 Uhr | melden

… der Tag des Abschieds
Mitschüler und Freunde mit Eltern sind gekommen um noch „einmal“ Abschied zu nehmen. Wir hatten sie gebeten, eine Nachricht mit zu bringen, damit wir sie an den Ballons befestigen können. 15:00 Uhr haben wir uns auf dem Friedhof getroffen und gegen 15:45 sind 30 Herzen in den Himmel gestiegen mit lieben Grüßen verbunden. Das war die Zeit, als ihre Seele in den Himmel stieg.
Auch ihre Tante, die gerade zur Kur war, hat zu diesem Zeitpunkt Grüße in den Himmel geschickt.
Der Tag konnte nicht schöner sein, obwohl es so traurig war.
Die Sonne hat auf ihr Grab geschienen und als die Ballons aufgestiegen sind, kamen Schmetterlinge, flatterten um uns herum und setzten sich auf ihren Stein.

Danke noch mal an alle, die an diesen Tag bei uns waren.

Die Gerichtsverhandlung verlief nicht zu unsere Zufriedenheit.
Ein Gutes hat es jedoch. Seit damals haben wir Ruhe und können unseren Schmerz für uns verarbeiten.

Am Ende des Monats bin ich dann zur Kur gefahren. Von 100% auf 0% herunter kommen. Für mich die absolute Härte, denn ich war täglich an ihrem Grab. Ob Sonne, Regen oder Schnee.
Bevor ich los gefahren bin, war ich noch mal bei meiner Kleinen und wusste nicht, wann ich dort wieder stehen würde.
Am Ziel angekommen, habe ich mich so verloren gefühlt. Bin am Meer spazieren gegangen und meine Gedanken waren bei ihr.
Dann hat man Bekanntschaften geschlossen und angefangen zu reden. Jeder der meine Geschichte hörte war erschüttert. Sie waren alle ganz lieb und haben mir kleine Aufmerksamkeiten gebracht und einen Ort gezeigt, wo ich ihr nah sein konnte. Als ich eine Rose von einer „jetzt“ Freundin bekam habe ich sie an diesen Ort getragen. Es war eine alte Kirche im Wald. Als ich dort etwas verweilte, kam jemand gefahren der sich ehrenamtlich um diese Kirche kümmert. Ich fragte, ob die Möglichkeit besteht, eine Kerze dort aufzustellen. Er erzählte mir das diese Kirche entweiht und wegen Baufälligkeit geschlossen ist. Doch ich sollte meine Rose wieder mitnehmen und am nächsten Tag zu einer anderen Kirche im Wald kommen. Da könnte ich auch eine Kerze aufstellen. Leider hatte ich noch keine und wollte später dort hin gehen. Der nette Herr hat mir dann auch noch eine Kerze mitgegeben, die ich am nächsten Tag aufstellen durfte.
Die Nacht konnte ich nicht gut schlafen und bin ganz aufgeregt am nächsten Tag zur Kirche gegangen, die nicht weit von unserem Heim entfernt war.
Die Sonne hat geschienen und die Kirche steht im Wald auf einer Wiese.
Ich musste noch etwas warten und habe mich umgesehen. Und plötzlich war er da. Der Schmetterling. Ich habe ihn seit Tagen vergeblich gesucht. Er flatterte um mich herum und ich habe ihn mit Tränen in den Augen beobachtet. Die ganze Last des vergangenen Jahres kam über mich.
Als der nette Herr kam, um die Kirche zu öffnen, hatte ich mich schon etwas beruhigt. Er legte mir ein Kissen auf die Bank und bot mir einen Platz an. Ich zündete die Kerze auf dem Altar an und legte meine Rose daneben. Dann setzte ich mich und habe bitterlich geweint. Da kam der ganze Schmerz von diesem Jahr heraus. Er setzte sich dann zu mir und wir erzählten. Auch er war sichtlich ergriffen.
Er bot mir einen Schlüssel für die Kirche an, damit ich mich jeder Zeit dort zurück ziehen konnte, wenn mir danach war.
Als ich mit meiner Freundin mal an der Kirche war, hat uns wieder dieser Schmetterling begrüßt und so konnte auch sie mal sehen, wovon ich immer gesprochen habe. Später sagte sie mir: „ wenn sie es nicht erlebt hätte, würde sie es nicht geglaubt haben.“
Traurig jedoch war, dass ich seit diesem Tage keinen Schmetterling mehr dort gesehen habe.

Danke für diese Herzlichkeit an den Herrn, der mir so viel Trost gegeben hat

Als ich nach 6 Wochen wieder zurück war, gab es erst mal nur eine Richtung. Ich musste zum Grab meines Kindes.
Mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass sich jemand am Grab bedient hatte. Ein Schmetterling der mit Magneten auf einer Kerze saß, wurde entfernt. Es macht uns schon sehr traurig, das jemand etwas vom Grab entwendet. Vielleicht ist es der Person nicht bewusst, aber wenn man etwas vom Friedhof mitnimmt, bringt das Unglück.

Die Zeit verging und die Kur hat mir geholfen, nicht mehr jeden Tag zum Friedhof zu müssen und mit der Trauer besser umgehen zu können.

Anfang Juli kam dann die Nachricht, die alles wieder auf Anfang setzte.
Ihre Tante hatte sich das Leben genommen, genau wie unsere Kleine. Auch ihre Kur hatte nicht geholfen, sie von diesem Vorhaben abzubringen.
An dem Tag der Beerdigung haben wir unsere Kleine noch mal zu Grabe getragen. Der einzige Unterschied bestand darin, das ein anderes Bild dort stand.
Bilder und Gedanken kommen in einem hoch, die wir gerade versuchten zu verarbeiten.

Mit der Zeit habe ich auch geschafft, von ihren Sachen los zu lassen. Ihr Zimmer ist jetzt zu meinem geworden und ich habe immer einen Ort, wo ich ihr noch ein wenig nah sein kann. Sie hat einen Platz bekommen, wo für sie wichtige Dinge stehen und für uns in Erinnerung bleiben können. Für uns ist es so in Ordnung und wir kommen damit zurecht. Trauer geht schon recht seltsame Wege.

Meine Freundin hat uns besucht und wir sind gemeinsam zum Friedhof gefahren. Dort angekommen sind wir aus dem Auto gestiegen und uns hat als erstes ein Schmetterling begrüßt. Wir standen wieder wie erstarrt da und keiner hat sich getraut ein Wort zu sagen. Meine Freundin hat geglaubt, dass alles nicht war ist, aber es war so. Wieder ein Zeichen. Ein Zeichen das sie bei uns ist.

Um uns herum, bei Freunden und Bekannten, war es nicht anders. In diesem einen Jahr sind so viele gegangen.
Selbst meine Freundin musste diese bittere Erfahrung machen. Wir konnten ihr leider nur aus der Ferne Beistand geben.

Das Weihnachtsfest kam und die Kids waren bei uns. Wir waren am Nachmittag noch mal zum Friedhof und haben es für das Fest geschmückt und mit Tränen in den Augen davor gestanden, weil es wieder ein Feiertag ohne sie war. Dann haben wir uns aber auf die Kinder konzentriert und konnten die Trauer etwas mildern.

Der 17. Geburtstag stand an.
17 rote Rosen schmückten das Grab und viele andere Sträuße, die zum Gedenken gebracht wurden. Zu dieser Zeit bin ich mal wieder tgl. am Grab gewesen, um zu sehen wie sehr sie doch gemocht wurde. Sogar ein kleines Pferdchen wurde ihr ans Grab gestellt und wir hoffen, sie hat noch lange Freude daran, denn es hat einen schönen Platz gefunden. Sie liebte die Pferde.
Für uns war dieser Tag schrecklich, denn wir konnten sie nicht mehr in den Arm nehmen um zu gratulieren.


Nun sind zwei Jahre vergangen und wir stehen wieder fassungslos an ihrem Grab und fragen nach dem WARUM.

Ich wünsche niemandem, diese Erfahrung machen zu müssen!

Mama
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