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Gedenkseite für Maori Flori
geboren um zu leben...
und nicht um mit 24 Jahren zu sterben....
die 2 Zeilen stehen seit Tagen auf meinem Bildschirm, ich möchte etwas schreiben aber ich finde einfach
keinen Anfang. Ich soll / möchte das aufschreiben was so unfassbar ist und mit dem geschriebenen Wort,
welches dann jeder lesen kann, eine noch größere Endgültigkeit erlangen wird.
Unser Flo ist Tod
Am frühen Abend des 15. November kommt er super gut gelaut von der Arbeit nach Hause, will gleich
noch mal los zu seiner Freundin Anke, ne Runde zusammen chillen meinte er. Seine letzten Worte " es
wird nicht so spät werden, wenn doch rufe ich an...", ein letzter Kuss, eine letzte Umarmung und er war
weg.
Nachts um ca. 2 Uhr klingelte mein Handy, ein Freund von Flo war dran und wollte mit mir etwas
bereden, sehr komische Situation, mir ist nicht im Ansatz in den Sinn gekommen das mit Flo irgendetwas
passiert sein könnte.
15 Minuten später steht Christoph vor mir, erzählt irgendetwas von, Flo sei bei Anke vom Balkon
gefallen, es ist aber nicht so schlimm, man hat ihn aber zum Check ins Krankenhaus Friedrichshain
gebracht. Ich solle mir keine zu großen Sorgen machen, er wäre selbstständig zum RTW gelaufen und
war orientiert und ansprechbar. Er gab mir noch die Telefonnummer des Krankenhauses, damit ich
nachfragen kann, ob er dort bleiben muß oder wir ihn abholen können.
Tolle Botschaft um viertel 3 Uhr...an Schlaf war nicht mehr zu denken, ich weckte meinen Mann und wir
beschlossen bis 3 Uhr zu warten und danach die Lage zu checken.
Da klingelte erneut das Telefon, der Polizeibeamte sagte er rief mich auf Bitten meines Sohnes an, er
solle Bescheid sagen das er einen Unfall hatte und ich mir aber keine Sorgen machen brauche.
Ich wollte irgendwie gerade erleichtert aufatmen, als es an der Wohnungstür klingelte und 2
Polizeibeamte davor standen. Diese erzählten mir im Grunde genommen nichts anderes, Flo hätte nen
Schutzengel gehabt, eventuell kleine Verletzungen...
Danach folgen meinerseits dutzende Anrufe ins Krankenhaus, man versprach mir das man mich sofort
unterrichtet wenn ein Untersuchungsergebnis feststeht, bat mich aber darum nicht zu kommen. 3
Stunden können eine Ewigkeit sein, ob nun leicht verletzt, ich wollte einfach nur wissen was genau los
ist, eine Mutter lässt sich nicht mit bla bla nur leicht verletzt abspeisen.
Um 6.12 Uhr kam der Anruf...und die Welt steht seit dieser Sekunde still.
Nichts von wegen leicht verletzt, nicht mit von wegen abholen, die Stimme bat mich sofort zu kommen,
auf Nachfrage was los ist, kam der kurze Satz " ihr Sohn ist Tod"
Alles was von diesem Zeitpunkt an geschehen ist, kann ich kaum wiedergeben, es war wie ein Film, ein
Schleier, alles war nicht bewusst gesteuert sondern mechanisch.
Wir sind sofort los, unser jüngster Sohn musste auf dem Weg schnell zur Oma gebracht werden, den
Großeltern wollte ich es eigentlich so nicht gleich sagen aber ich bin dort regelrecht zusammen geklappt.
Der weitere Weg zum Krankenhaus war völlig Wortlos, ohne Konzentration auf den Straßenverkehr,
absolut leichtsinnig würd ich heute sagen.
Dann kam der Moment, die Ärztin begrüßte uns , erklärte ziemlich zusammenhangslos irgend etwas, was
so richtig keiner von uns beiden verstanden hat, ich wollte eigentlich bloß noch zu meinem Jungen.
Und da lag er dann, noch intubiert, die Augen ein klein wenig geöffnet, mein kleiner-großer Flo...
Mein Mann ertrug den Anblick nur wenige Augenblicke und ist dann wieder raus aus dem Zimmer, ich
weiß nicht wie lange ich seine Hand gehalten hab, wie oft ich ihm übers Haar gestrichen hab, was ich
alles zu ihm gesagt hab, ich wollte und konnte nicht gehen. Mit einem male fing mein Handy an eine
Whats ap anzukündigen, der Klingelton ist der "Astronaut" der Band Unheilig, normal nur als Melodie
angespielt aber dort im Krankenhaus nicht, das komplette Lied wurde wiedergegeben. Dieser Titel hat
für mich eine wahnsinnige Bedeutung und ich hab immer zu meiner Familie gesagt, dieses Lied bitte zu
meiner Beerdigung. Da stehe ich am Bett von meinem toten Sohn und mein Beerdigungslied wird
gespielt, völlig grotesk.
Irgendwann wieder zu Hause, die Kinder wußten mittlerweile darüber bescheid was passiert ist, die
ersten Freunde wurden informiert, war unsere Wohnung voller Menschen, ich weis gar nicht mehr wer
alles hier war. Es war aber alles so still, eine so erdrückende Ruhe, selbst die Hunde machten keinerlei
Geräusche.
Oh mein Gott, was ist jetzt zu tun ? was muss man wo zuerst machen ? , irgendwann stand diese Frage
im Raum, ein Bestatter war leicht gefunden, wir hatten einen im Bekanntenkreis, das absurde daran, sein
Sohn hieß auch Florian, ging in die gleiche Schule wie er, ging auf die gleichen Konzerte und hat mit der
Freundin ( bei ihr ist der Unfall passiert) von unserem Flo zusammen Bestatter gelernt, eine Konstellation
die irgendwie unglaublich ist.
Mein größter Wunsch war, meinen Flo noch ein letztes Mal sehen zu dürfen, am liebsten zu Hause. Ja so
etwas ist möglich, es macht nur nicht jeder Bestatter, ich bin dem Frank Priepke so unendlich Dankbar
das er dies für uns möglich gemacht hat. Diese Stunden waren so ein unsagbares letztes Geschenk, das
hier bei dem Gedanken daran Tränen überströmt da sitze.
Eine Woche nachdem dieses Unfassbare geschehen ist, kam unser Flo nach Hause. Mit ein paar
Handgriffen von allen wurde das Zimmer von seinem Bruder beräumt, das der Sarg Platz hatte, mein
Mann holte diverse Dinge in das Zimmer die wichtig für unseren Flo waren, wir haben ganz viele Kerzen
und Teelichter hingestellt und einen riesigen Strauß Sonnenblumen. Seine Freundin war mit bei uns als
endlich der Bestattungswagen vor fuhr, da war er nun noch ein letztes Mal, mein Baby...
Wir haben ihn so hergerichtet wie er vorher war, das heißt Piercings rein und seine geliebten 40 mm
Tunnel in die Ohren, er hatte seinen Lieblingspulli an, seine neue flippige Goa Hose und seine
Zehenschuhe, die hatte er 10 Tage zuvor zu seinem 24. Geburtstag von uns bekommen, er war so stolz
drauf.
Es kamen unglaublich viele um ihn noch einmal sehen und anfassen zu können, jeder hat ihm
irgendetwas mitgeben...
Meine letzten Minuten waren am nächsten Morgen, ein letztes Mal mit ihm zusammen einen Kaffee
trinken und ne Zigarette rauchen und meine unheilige Musik hören,genau so wie wir es so oft zusammen
getan haben. Und genau hier zerreisst es mir das Herz, das kann alles nur nen Scheiß Traum sein, das ist
nicht Real, bitte bitte lass mich doch endlich aufwachen...
Wir haben den Südwestkirchhof Stahnsdorf als letzten Garten für ihn ausgesucht, mitten im Wald, das
hätte er cool gefunden, nichts was jeder hat oder kriegt und so war auch seine Beisetzung, er war etwas
ganz besonderes und so sollte auch sein letzter Tag sein.
Die Beisetzung fand am 13.12.2013 um 13 Uhr statt, das Datum ist so irre, wie das ganze was passiert ist.
Die Kapelle war voll, es gab keinen Redner, wir wollten niemanden reden hören der unseren Flo gar nicht
kannte. Wir haben uns entschlossen 3 Musiktitel die ihm viel bedeuteten zu nehmen und Bilder von ihm
dazu zu zeigen, was dank Laptop und entsprechendem Programm nicht all zu schwer zu lösen gewesen
ist, um Leinwand und Beamer kümmerten sich seine Freunde.
Am Gab hatten seine Freunde an seiner Stelle ein kleines Erinnerungsbäumchen aufgestellt, die Äste
waren bestückt mit Dingen die Flo wichtig waren, viele davon waren gebastelt. Es waren so viele
gekommen, es war so bunt, ich glaub das hätte ihm gefallen.
Heute genau 1 Jahr später, steht unser Leben noch immer still, wir gehn in eine Trauergruppe von
LOD, wo wir uns gut aufgehoben fühlen, machen eine Therapie aber das Leben ist nicht mehr das Leben.
Jetzt wo wir wissen was passiert ist, macht es uns auch nicht gerade leichter, ganz im Gegenteil.
Der Auslöser für seinen Balkonsturz war ein Zuckerschock, gestorben ist nach der Operation, von
Reanimierungsmaßnahmen wurde aufgrund der schlechten Prognose abgesehen.
Das Leben geht wohl weiter, im Moment aber ohne uns...wo bist du mein Flo ?
6 Jahre nach dem noch immer unfassbarem, sind wir endlich einen Schritt weiter...
Was einst wie ein Unfall durch Krankheit aussah , oder uns von deinen sogenannten Freunden so aufgetischt wurde, stellt sich heute ganz anders da.
Vielleicht war es keine Absicht das du geschubst worden bist aber es ist eine Tatsache, die alles verändert.
Es erklärt aber warum dir niemand geholfen hat und bis heute niemand den Mut hat mit uns zu reden.