Menschen in den Tod begleiten: vom plötzlichen Notfall zum erwartbaren Tod
Der Sauerstoff gurgelt, Flüssigkeit rinnt langsam durch einen Schlauch. Es riecht nach Desinfektionsmittel. Die Minuten, Stunden oder Tage verrinnen quälend langsam und doch viel zu schnell. Sie sitzen am Bett Ihres Angehörigen und wissen: Jeder Atemzug kann der letzte sein. Längst ist noch nicht alles gesagt, längst haben Sie noch nicht begriffen, was geschieht. Sie teilen die letzten Tage und Stunden im Leben einer geliebten Person.
Niemand wünscht sich das: so von einer oder einem Angehörigen Abschied nehmen zu müssen, und doch kommt es nicht selten vor. Wenn der oder die Kranke nicht mehr ansprechbar ist, gibt es viele medizinische Aspekte zu klären und zahlreiche Informationen der Ärzte und Ärztinnen zu verarbeiten. Liegt eine Patientenverfügung vor, gibt es für Sie größere Klarheit in Ihren Entscheidungen. In Ihrem Innern tauchen weitere Fragen auf: Hätten Sie etwas tun können, womit der Notfall vermieden worden wäre? Sind die Entscheidungen, die Sie jetzt treffen müssen, wirklich die richtigen? Und wie begleiten Sie den Menschen, den Sie lieben, in den erwartbaren Tod?
Angehörige als Sterbebegleitung
Kann er oder sie Sie noch hören oder spüren, dass Sie da sind? Wie kann die verbleibende Zeit gestaltet werden? Was tut Sterbenden gut? Für die Angehörigen sind das sehr schwierige Fragen. Zwar kennen sie den sterbenden Menschen genau, doch die persönliche Nähe und Betroffenheit sowie die Plötzlichkeit des Geschehens lassen es oftmals nicht zu, den Sterbeprozess anzunehmen und sich vordringlich um die Bedürfnisse des oder der Sterbenden zu kümmern. Zu groß ist oft der Wunsch, das Geschehen möge nicht wahr sein, die Hoffnung, es könne doch noch einmal "alles gut" ausgehen. Auch ist denkbar, dass Angehörige sich selbst überfordern: Sie wollen alles richtig machen - doch das ist nahezu unmöglich.
Was tut Sterbenden gut?
Wichtig ist, dem oder der Sterbenden nahe zu sein, d.h. ein Gespür für seine/ihre Empfindungen zu entwickeln. Gut ist es, wenn im Krankenzimmer eine Atmosphäre hergestellt werden kann, die freundlich wirkt und einen beruhigenden Rahmen gibt: Das kann ein sanftes Licht oder beruhigende Musik sein. Sanfte und bewusste körperliche Berührungen können dem Sterbenden Wärme vermitteln. Auch darf am Sterbebett von Komapatienten oder -patientinnen geredet werden: Vertraute Stimmen wirken oft beruhigend. Doch es ist nicht die Zeit für aufgeregte Selbstvorwürfe, für laute Klagen oder fordernde Fragen an die oder den Sterbenden. Da der Hörsinn in der Sterbephase bis zuletzt stark ausgeprägt ist, ist es wichtig, den/die Sterbende/n nicht mit akustischen Eindrücken zu überladen. Sterbebegleitung bedeutet, sich auf die Bedürfnisse des Sterbenden ganz einzulassen, sie zu "erspüren" und keineswegs, die eigene Vorstellung von dem, was gut sein könnte, durchzusetzen. Alles, was Sie mit dieser inneren achtsamen Haltung am Sterbebett tun, wird der geliebten Person in ihren letzten Stunden menschliche Wärme und Beistand vermitteln.
Artikel geschrieben von Eva-Maria Glagau
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