Leo
Nicht bekannt

Von einer traurigen Mutter 09.11.2016 um 15:17 Uhr | melden

Lieber Leo!

Die Welt trampelt einfach weiter in ihrem Lauf, laut, schrill, Nachricht um Nachricht um Nachricht. Nur um Dich ist Stille, für immer, endgültig. Die Kerzen brennen still, irgendwo liegt Dein winziges Grab, nichts ändert sich mehr an Deinem Schicksal. Nichts darfst Du mehr erleben, sehen, spüren, nichts darfst Du erfahren, lernen, wissen, kennen.

All diese Liebe hier, von all den Fremden, die Tag für Tag um Dich trauern, als wäre es gerade erst geschehen; Du hättest es verdient, das zu spüren. Dass Dich jemand liebt, dass es jemanden gibt, dem Du alles bist, der für Dich sein Leben geben würde, der Dich schützt, bei dem Du geborgen bist, ruhig, sicher und warm sein darfst, aufwachsen ohne Todesangst, Willkür, grässlichen Schmerz, schließlich den Abgrund tiefster Dunkelheit.

Diese Leere macht mir oft sehr schwer zu schaffen. Diese Verzweiflung gegen die Dinge, die nicht mehr zu ändern sind. Kein Leo mehr. Niemals mehr.

Mögen Deine Mörder eines Tages ERKENNEN, was sie getan haben und die ganze Schuld, die sie auf sich geladen haben, auf sie hereinbrechen wie ein Felsblock. Diese Schuld, die so schwer und so grenzenlos ist, dass kein Lebewesen, das ein Mensch ist, mit ihr leben kann. Es ist unvorstellbar, wie man nach einer solchen Tat einfach weiter da sein kann. Wie man noch irgend etwas wollen kann. Mag die Erkenntnis sie eines Tages mit voller Wucht treffen und sie innerlich verheeren und vernichten.

Kleines totes Baby in Deinem Grab. Was hast Du um Dein Leben geschrien, um Hilfe, Hilfe, Hilfe - um Erbarmen, um Mitgefühl, um Dein Leben. Immer wieder, immer immer wieder... Deinen kalten, unmenschlichen Mörder hat es nicht berührt, und Deine Mitmörderin hat das alles gehört und gewusst und Dich einfach sterben lassen. Was hast Du alles erleiden müssen vor Deinem schrecklichen Tod. Wenn sie Dich doch wenigstens irgendwo weggegeben hätten. Wenn sie Dich doch wenigstens hätten leben lassen.