Knut Olaf
Andresen

Von Kristina Andresen 18.12.2024 um 17:19 Uhr | melden

Ich weiß es .... ich hatte versprochen, nur noch positive
Kerzenbriefe an Dich zu schreiben. Aber wenn ich darauf
warte, habe ich Sorge, dass der nächste Kerzenbrief
gegebenenfalls noch viele Monate auf sich warten lassen
wird. Das will ich aber nicht. Du sollsten ich denken,
dass ich Dich vergaß.

Aktuell aber funktioniere ich nicht so, wie in den letzten
beiden Jahren. Der Optimismus ist mir so ein kleines bisschen
abhanden gekommen und meine Stimmung ist leider
nicht so, dass ich Dir jetzt etwas richtig Positives
schreiben könnte.

Manchmal ist das wohl so im Leben.

Mir ging es selbst nicht ganz so prächtig.
Physisch und auch psychisch nicht.
Und es dauerte eine kleine Weile, bis ich
mich wieder selbst ertragen konnte.

Genau in dieser Situation schaute ich dann auch
noch die Fotos von "unserem" letzten gemeinsamen
Weihnachtsfest an und hatte fortan wirklich
richtig dicht am Wasser gebaut.

Das war dumm von mir.

Zwar ließ ich mir das meistens gar nicht so anmerken,
aber immer, wenn ich allein daheim war,
ließ ich die Maske fallen.

Jetzt naht doch tatsächlich schon Dein 5. Todestag.
Wie furchtbar.

Mein Leben ist schön - nicht, dass Du nun denkst,
ich sei in alte fast depressive Trauerzeiten zurückgefallen.
Ich schaffe fast alles, was das Leben manchmal plötzlich
vor mir aufbaut. Hürden und Schwierigkeiten.
Todesfälle, die mir nahe gehen, Kummer, der sich an mir
festbeißt und nicht locker lassen will. Sorgen, die mich
nicht loslassen wollen. Erinnerungen, die mir weh tun.

Manchmal lässt der Besucher in meinen Träumen
auf der Türschwelle all die Erinnerungen zurück,
denen ich entkommen zu sein glaubte.
Und manchmal muss ich das hilflose Kind in mir
dann in die dunkelste Ecke meines Bewußtseins
zurückdrängen.

Spätestens dann empfinde ich mich als schrecklich dumm.
Weiß ich doch, dass ich das Leben nur vorwärts leben kann.
Und das will ich doch auch. Ganz gewiss will ich das.
Meistens klappt das ja auch sehr gut.
Das letzte Halbjahr scheint wohl einfach eines dieser
gebrauchten, abgenutzten Halbjahre gewesen zu sein.

Aber es ist ja bald vorbei. Und im Grunde meines
Herzens weiß ich es ja wirklich besser.

Mach Dir bitte keine Gedanken meinetwegen.

Heute der Tag z.B. war wundervoll.
Unser Sohn lud mich zum Frühstück ein und
wir zwei allein hatten quasi "alle Zeit der Welt"
für unsere inhaltlichen Gespräche.
Es tat mir sehr gut, wieder deutlich Intensiveres
aus seinem Leben hören zu können.
Mehr echte Nähe wahrnehmen zu können.
Zu ahnen, zu wissen, zu erfahren,
was ihn treibt.
Was ihn antreibt,
was sein Motor ist.

Das tat gut. Daraus ziehe ich auch wieder Kraft.
Die Kraft die ich oftmals auf der anderen Seite
benötige.

Stark sein zu können.

Zu erkennen und danach Handeln zu müssen,
dass meinem (positiv gewollten) Einfluß selbstverständlich
Grenzen gesetzt sind. Das muss ich akzeptieren.

Deinen Tod zum Beispiel habe ich ja inzwischen
auch wirklich akzeptiert. Diese absolute Lähmung damals;
an die ich mich erinnere und diese panikartige
Einsamkeit sind wirklich fort und haben stattdessen
einer weichen, etwas wehmütigen Trauer und
einer fast greifbaren Leere Platz gemacht.

Keine Leere in meinem Leben an sich, sondern
das Wissen, dass Dein Platz an meiner Seite leer ist
und für immer leer bleiben wird.
Eine Lücke, die schwerwiegend ist.

Das ist so. Aber damit kann ich inzwischen umgehen.

Und weißt Du was? Nun, wo ich Dir dieses schrieb,
geht es mir schon etwas besser. Ich habe zwar immer
noch feuchte Augen, aber ich bin auf dem Weg hindurch.
Du weißt es ja: Hindurch ist der einzige Weg hinaus.

Ich denke oft an Dich und
hoffe, dass Du irgendwo eine Heimat gefunden hast
und dass es Dir dort gefällt.

Vielleicht ist es dumm, oder auch nicht dumm....
vielleicht albern, oder nicht albern.....
..... so zu denken.

Mir aber hilft es.
Und das ist ja auch ein bisschen
wichtig, nicht wahr?

Ich schicke Dir unendlich viele
liebe und herzliche Grüße

Deine Liebste