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von Belinda am 10.12.2017 - 10:27 Uhr | melden
In kurzen Worten...Sätzen möchte ich niederschreiben, wie die Selbsthilfegruppe in Dornbirn für Verwaiste Eltern wieder ins Leben gerufen wurde....
Ich heiße Belinda Reis, bin verheiratet mit meinem Mann Hubert und haben 2 wundervolle Söhne. Meine Familie...meine tolle, glückliche, kleine Familie....
Am 19. Oktober 2013 veränderte sich unser Leben ....unser ältester Sohn Julien verunglückte mit seinen 19 Jahren tödlich im Auto seines Freundes.
Von diesem Tag an war nichts mehr wie es einmal war. Aus unserer glücklichen Familie wurde eine traurige Familie. Trauer, Tränen, Sinnlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Wut wurden unsere Begleiter. Angst keine guten Eltern mehr
zu sein für unseren jüngeren Sohn, Angst vor der Zeit, die vor uns lag, Angst vor der Zukunft, Angst, das ALLES nicht zu
bewältigen, Angst vor uns, Angst, das FALSCHE zu tun, Angst um die Familie.....
Die Zeit vor der Beerdigung steht man unter großem Schock. Die Bewältigung von den vielen Dingen, die man bewältigen muss, fordert enorm viel Kraft...Kraft, die man nicht hat...und doch ist sie DA. Die vielen Menschen, die für uns DA waren, taten uns sehr gut. Umarmungen, das miteinander weinen, reden, stillschweigen war wichtig für uns. Und wenn es Abend wurde und wir DREI wieder alleine waren....trösteten wir uns gegenseitig...Tränen, das nicht akzeptieren wollen, Wut, Verzweiflung, Angst, das nicht WAHR-HABEN wollen...begleiteten uns..auch bis heute gibt es diese Tage....
Nach 3 Wochen..für die anderen Menschen ging ihr Leben wie gewohnt weiter...doch für uns...wir mussten unser Leben wieder finden...wir mussten wieder lernen..aufzustehen, zur Arbeit zu gehen, in die Schule gehen...unseren Alttag wieder finden...einen Weg finden...einen neuen Weg finden ohne unseren Sohn und Bruder...und diesen Weg suchen wir noch heute...wir sind auf dem richtigen Weg...doch es wird immer ein schwerer Weg sein...
Nach 3 Monate wollte ich Menschen um mich haben, die das gleiche Schicksal haben. Ich wollte mich mit Menschen treffen, die mir sagen konnten, wie sie den Tod ihres Kindes verarbeiten...Ich suchte im Internet nach einer Selbsthilfegruppe. Ich rief in Dornbirn bei der Vorarlberger Selbsthilfe an und bekam Nikolas Burtscher ans Telefon. Und dieses Telefonat hat mir ein Weg von vielen Wegen geöffnet. Nikolas Burtscher half mir die Selbsthilfegruppe "Verwaiste Eltern" wieder ins Leben zu rufen. Dafür bin ich ihm von Herzen dankbar. Heidi...eine Mama aus Götzis...die auch ihre kleine Tochter Lena durch einen
Unfall verlor..war von Anfang dabei und so wollten wir diese Gruppe führen. Das war im Februar 2014. Am Anfang war es sehr mühsam. Niemand erreichte diese Gruppe. Wir wollten "Irgendwie" schon aufgeben...und dann kam im August eine Mama dazu..wir hatten gute Gespräche...und im Jänner 2015 waren wir zu acht. Mamas..die ihre Kinder verloren haben...die Mut hatten darüber zu sprechen..ihre Gefühle zu zeigen, weinen, lachen, uns gegenseitig trösten und in Erinnerungen schweben...es tut gut...3 Stunden mit Menschen zusammen zu sein, die einander verstehen, die den Schmerz kennen, die ehrlich sind, die einander zuhören, und das wichtigste ist....über unsere KINDER zu sprechen...
Diesen 3. Mittwoch im Monat tut uns sehr gut...wir können über unsere Gefühle reden, über unser Befinden..denn für die anderen Menschen ist es manchmal schwierig..sicher haben wir uns verändert...denn unser NEUES LEBEN haben wir uns nicht ausgesucht....unser neues Leben müssen wir lernen zu akzeptieren ...egal wie lange es her ist...5 Jahre, 10 Jahre, 15 Jahre...wie aus einem sehr schönen Gedicht von dem Meer...von den Wellen....die Wellen bleiben...einmal stürmischer, einmal weniger stürmisch, einmal kräftig...einmal ruhig....aber sie bleiben...und für viele Menschen ist es sehr schwierig dies zu verstehen...
In unseren Gesprächen mit meinen Mamas (ich nenne sie meine...weil sie mir sehr viel bedeuten) habe ich sehr viele Eindrücke bekommen. Wir wollen Dasein füreinander und auch weiterhin anderen Mamas, Papas und Geschwister helfen.
Wir hatten einen sehr netten, einfühlsamen Bestatter. Mit Ruhe, mit Mitgefühl hat er uns geholfen über die Tage zu gehen. Zur Kleidung von Julien habe ich die Schuhe mitgenommen..eigentlich durfte man keine Schuhe ihm anziehen...doch er sagte gleich...das machen wir für ihn...denn sein Bruder Davis wollte, das er seine Schuhe trägt...wir durften auch Dinge, die uns wichtig waren...ihm in den Sarg legen..das war eine wundervolle Geste vom Bestatter...und viele andere liebe Gesten
waren dabei....auch der Kaplan und Pfarrer haben uns sehr liebevoll begleitet....
Man könnte den Sarg noch bemalen...mit Gedichten verzieren, Zeichnungen...
von den Händen und Füßen einen Abdruck machen...Haare abschneiden....
Wir DREI entschieden alles zusammen....Ablauf, Sarg, seine letzte Ruhestätte aussuchen...schwere Schritte..doch alles zusammen....und
das war sehr wichtig für uns...und auch sehr wichtig für Davis...alle Entscheidungen trafen wir zusammen....
Davis sah seinen Bruder Julien im Spital aufgebahrt...und auch in der Kirchenhalle ....er war erst 14 Jahre...doch
es half ihm dabei...vieles annehmen zu müssen und zu akzeptieren...und auch seine Trauer zu durchleben...
Ich möchte auch in Zukunft für Eltern dasein..die ihr Kind verloren haben...diese Gruppe hilft auch mir sehr viel über den Tod von meinem Julien ...
Ich habe viele Sachen gemacht...Energiearbeit, Gespräche, Engelseminare besucht, viele Bücher gelesen, der
Glaube an Gott, Bergwanderungen, viele andere Seminare besucht...die Nähe zur Natur mit mir sehr geholfen...
auch auch gute Gespräche mit Freundinnen...
Aber vor allem hat mir meine kleine Familie geholfen...mein wundervoller Sohn Davis und mein Mann...
und dafür danke ich ihnen von ganzen Herzen...und wir sind sehr stolz auf unseren Sohn Davis...für seine Kraft....die er auch uns immer gibt....
Ich habe 2 wundervolle Kinder bekommen....ich habe die Verantwortung übernommen für meine zwei wundervollen Söhne...
und die werde ich immer haben, bis ich meine Augen schließe....
lg. Belinda