Ina Friedrich

Ina
Friedrich

21.08.1962
Ebstorf
-
26.05.2024
Osnabrück

stimmungsbild

Aus dem Leben meiner Schwester Ina

.

Ina wurde am 21 August 1962 in Ebstorf/Kreis Uelzen geboren. Wie stolz war ich damals, eine große Schwester sein zu dürfen. Immerhin war ich schon fast 5 Jahre alt. Es war so ein schönes Gefühl meine kleine Schwester Ina im Arm zu halten oder beim Spazierengehen, den Kinderwagen schieben zu dürfen.
Ina wuchs zu einem quirligen, selbstbewussten und lebensfrohen kleinen Mädchen heran.
Ihre Kindheit verbrachte sie in dem Heidestädtchen Uelzen und bis zum 9 Lebensjahr verlief ihr Leben in geregelten Bahnen, in einer intakten Familie.
Als ich knapp 14 und Ina gerade einmal 9 Jahre alt war, verstarb unsere Mutter nach der Geburt unseres kleinen Bruders, an einer Lungenembolie.
Von da an änderte sich alles. Plötzlich hatten wir unsere wichtigste Bezugsperson verloren, mussten den Alltag zusammen mit unserem berufstätigen Vater alleine meistern. Zudem wurde auch unser kleiner Bruder zu unserer Tante gegeben, wo er zwar liebevoll umsorgt aufgewachsen ist, aber das Schicksal hat ihn trotzdem aus unserer Familie gerissen.
Unser Vater gab sich die größte Mühe, uns Mutter und Vater gleichzeitig zu sein, Arbeit, Haushalt und Kinder unter einen Hut zu bringen. Erst viel später in unserem Leben wurde uns bewusst, dass er damit heillos überfordert war. Vielleicht deshalb war unsere Jugend von Strenge und Verboten geprägt, wo vielleicht Liebe und Verständnis wichtig gewesen wären. Was tun Kinder und Jugendliche in so einer Situation? Sie tun genau das Gegenteil von dem was von ihnen erwartet wird. Verbote reizen geradezu zu Ungehorsam.
Mit gerade einmal 15 Jahren, erfuhr Ina, dass sie im 5. Monat schwanger war. Es folgte eine sehr schwere Zeit. Unser Vater lebte damals schon mit seiner zweiten Frau zusammen. Diese gab sich große Mühe die Mutter zu ersetzen, aber das war in dieser Situation sehr schwierig. Es wurde dann entschieden, dass Ina, das Kind nach der Geburt, zur Adoption freigeben sollte. Ich selbst, war zu der Zeit schon Zuhause ausgezogen und für Ina, in dieser für sie sehr schweren Zeit, keine große Hilfe. Ich bedaure es noch heute sehr, dass ich nicht so für Ina dagewesen bin, wie ich es als große Schwester hätte sein sollen.
In der damaligen Zeit war es noch eine Schande, als sehr junge und unverheiratete Frau, schwanger zu sein. Wohl aus diesem Grund, wurde Ina in ein Mutter/Kind Heim geschickt. Ich erinnere mich noch an die Besuche in diesem Heim. Ina lebte dort in einem kleinen Zimmer unter dem Dach und hat nie ihren Humor verloren. Kurz nach der Geburt hat sich Ina dann doch für ihr Kind entschieden. Meine mutige kleine Schwester. Sie nahm kurzerhand ihre kleine Tochter, verließ das Mutter/Kind Heim und fuhr nach Hause. Sie kümmerte sich so gut es ging um ihr Baby. Aber sie war selber noch ein Kind. So wurde ihr die Erziehung von den Erwachsenen nach und nach aus den Händen genommen. Es machte sie damals sehr traurig und sie zweifelte an sich selbst. Aber sie wäre nicht die Ina, die sie bis zum letzten Tag ihres Lebens geblieben ist, wenn sie nicht gekämpft hätte.
Sie schloss ihre Schule und eine Lehre als Einzelhandelskauffrau ab. Als es aber in der Familie immer wieder Unstimmigkeiten wegen der Kindererziehung gab und Ina immer mehr Zweifel an ihrer Fähigkeit als Mutter kamen, zog es sie in die große weite Welt hinaus. Sie wusste ihre Tochter in guten Händen. Ich sehe es heute als ein Opfer, das sie brachte, um ihrer Tochter ein friedliches und behütetes Aufwachsen zu ermöglichen.
Von da an tat Ina tatsächlich nur noch das was sie wollte, das was für sie in der Situation das Beste war. Sie lebte ihr Leben. Sie hatte Spaß, sie tat die verrücktesten Dinge. Nur… wie es in ihrem Herzen aussah, das ließ sie niemanden sehen. Sie begann eine Mauer um ihr Herz zu bauen und nur ganz wenigen Menschen gelang es jemals, hinter diese Mauer zu schauen. Hinter dieser Mauer fand man ein einsames Kind, dass sich nach Liebe sehnte, das verbittert war, weil das Schicksal ihr so böse mitgespielt hat. Ihr erst die Mutter und dann auch ihre Tochter genommen hatte. Sie hat nie eine richtige Mutter/Kind Beziehung zu ihrer kleinen Tochter aufbauen können. Und bis zum heutigen Tag bin ich fest davon überzeugt, dass… auch wenn Ina es nie gezeigt hat, sie sehr darunter gelitten hat.
Ich bin froh, dass Ina am Ende ihres Lebens doch noch ihren Frieden mit ihrer Tochter machen konnte. Ich glaube, das hat beiden viel bedeutet.


In ihrer zweiten Ehe, bekam sie dann ihren Sohn Kilian. Damit war ihr großer Wunsch in Erfüllung gegangen. Ihre ganze Liebe und Fürsorglichkeit galt Kilian. Sie hat alles getan um ihn zu einem tollen, selbstständigen Menschen aufwachsen zu lassen. Bis zum Schluss hat Ina gekämpft um für ihn, so gut es ging, da zu sein.
Ihre zweite große Liebe waren ihre Tiere. Hunde, Katzen, Pferde, Schafe, Hühner, Enten, Ziegen, Vögel, Fische und sogar exotische Spinnen, fanden bei ihr ein liebevolles Zuhause. Ina hätte alles für ihre Tiere getan. Aber das Größte was sie getan hat… aus Liebe zu ihren Tieren… war, sie aufzugeben. Als Ina zu krank wurde, um den Bedürfnissen ihrer Vierbeiner gerecht zu werden, suchte sie neue Familien für sie, damit es ihnen weiterhin gut ging. Das zeugt von großer Stärke, sich selbst hinten an zu stellen und nur an das Wohl der Tiere zu denken. Es hat ihr das Herz gebrochen. Ich bewundere meine kleine Schwester sehr dafür.
Uns beide, hatte das Leben für viele Jahre in verschiedene Richtungen gelenkt.
Aber es gibt so viele Momente, für die ich unendlich dankbar bin und die immer in meinem Herzen und meiner Erinnerung bleiben werden.
Manche von ihnen liegen lange zurück. Damals als wir jung und verrückt waren. Als wir mit unseren Freundinnen durch die Discos gezogen sind und jede Menge Unsinn gemacht haben. Die vielen Butterfahrten, bei denen es immer hoch her ging und der schwankende Gang den wir damals hatten, kam nicht nur vom Wellengang des Meeres.
Wie oft haben wir später gemeinsam gegrillt, mit unseren Familien. Wie viel Spaß hatten wir im Dänemark Urlaub. Ich sehe Ina und mich auf einem Brunnenrand sitzen mit einer großen Tüte Krabben in den Händen. Wir haben es beide geliebt, frisch gefangene Krabben vom Kutter zu pulen und zu essen.
Ina… ich bin dir für so Vieles dankbar. Du warst immer für mich da, wenn ich dich brauchte. Du hast dich auch um Tatiana gekümmert, als ich in Hannover gearbeitet habe und nicht immer da sein konnte.

Oh ja… wir haben uns auch oft gestritten. Wir waren so verschieden, aber wir haben uns trotzdem sehr lieb gehabt.

Im Jahr 2019 bin ich dann in Rente gegangen und ganz in deine Nähe gezogen…. auf die andere Straßenseite.
Kleine Schwester – große Schwester, beide inzwischen älter und krank. Aber wir haben unsere gemeinsamen Stunden am Vormittag genossen, haben zusammen Kaffee getrunken, die Vögel und die Eichhörnchen beobachtet, die sich vor deiner Wohnung getummelt haben. Wir haben gelacht und geweint. Ich habe noch immer den kleinen verschlossenen Trotzkopf in dir gesehen, der du schon als Kind warst. Wir haben uns angezickt und uns mit Tränen in den Augen wieder in den Armen gelegen. Wir sind gemeinsam mit unseren E Mobilen über den Flohmarkt gefahren und einmal sogar noch zum Shoppen in die Stadt.
Wir haben über vergangene Zeiten gesprochen und ab und zu hast du mich hinter deine Mauer blicken lassen. Aber auch mir gegenüber hast du sie nie ganz fallen lassen. Das war dein Ort um dich vor deinem Umfeld zurückzuziehen und zu verstecken. Nur selten hast du gezeigt, wie schlecht es dir wirklich ging. Und wenn ich dich darauf angesprochen habe, hast du dich meistens dazu gezwungen stark zu sein und alles herunter zu spielen. Wie oft hast du mir gesagt: Jammern hilft doch nichts… wir müssen positiv denken.
Damit hattest du wohl recht Schwesterchen. Deine positive Einstellung hat dich immer wieder gestärkt und dir die Kraft zum Kämpfen gegeben. Ich bewundere dich dafür.
Mir stehen noch jetzt die Tränen in den Augen, wenn ich daran denke, dass du, obwohl es dir damals schon richtig schlecht ging, unter großer Anstrengung und mit Hilfe von Tatiana, es dir nicht hast nehmen lassen zu meinem Geburtstag persönlich zu erscheinen. Das war das größte Geschenk, das du mir hättest machen können.
Im letzten Jahr hast du dich entschlossen, doch noch einmal in die Lungenfachklinik zu gehen um evtl. durch eine Medikamentenumstellung eine kleine Besserung zu erreichen. Doch was mit so großer Hoffnung begann, endete mit einer Lungenentzündung, von der du dich nie wieder erholt hast.
Wir haben versucht, dir weiterhin ein selbstbestimmtes Leben in deiner, von dir so liebevoll eingerichteten Wohnung zu ermöglichen. Doch mit dem Fortschreiten der Krankheit und deiner zunehmenden Schwäche, war das irgendwann nicht mehr möglich. Du hast es abgelehnt, dass einer von uns auch die Nächte bei dir bleibt und auch ein Umzug zu mir, kam für dich, aus Rücksicht auf uns, nicht in Frage. Du hast, wie schon dein Leben lang, immer zuerst an Andere gedacht und dich dann entschieden in ein Hospiz umzuziehen. Dort hast du dich … ganz nach „Ina`s Art“, erst mal eingerichtet. All die Dinge, an denen dein Herz hing, vieles, was du mit deinen eigenen Händen und deiner unendlichen Kreativität geschaffen hast, durfte mit dir umziehen.
Die letzten Monate waren sehr, sehr schwer…. für uns alle. Du hast so gelitten und trotzdem immer weitergekämpft. Du hast weiterhin jeden Tag deine phantastischen Ideen umgesetzt und kleine Kunstwerke erschaffen. Selbst als es dir auf Grund der fortschreitenden Krankheit und der erhöhten Medikamentengabe, immer schwerer fiel, hast du nicht aufgegeben und gehäkelt was das Zeug hält.

Ich habe dir Schnitzel und Frikadellen gebraten, die du mir fast immer aus den Händen gerissen hast…. mit deinem so verschmitzten Lächeln. Wenn ich daran denke muss ich jetzt auch lächeln.
Aber ich weiß auch, dass du dich in den letzten Wochen oft sehr einsam gefühlt hast. Wir haben dich besucht, so oft wir konnten und auch einige deiner Freundinnen sind immer wieder bei dir gewesen und haben dir gezeigt, dass du nicht alleine bist. Ganz besonders Kerstin hat ihre jahrelangen regelmäßigen Besuche auch im Hospiz beibehalten. Aber es waren immer nur Besuche. Was sind schon 2 bis 3 Stunden, gegen den Rest eines langen Tages.
Ich bin froh, dass sich die Mitarbeiter im Hospiz so gut und einfühlsam um dich gekümmert haben und auch immer für uns da waren, wenn wir Hilfe und Zuspruch brauchten. Auch sie haben dich für deine Stärke bewundert und den Humor, den du nie verloren hast.
Und dann bist du gestürzt. Von dem Moment an hast du aufgegeben zu kämpfen. Du hast für dich bestimmt: Nun ist es genug!
Wir verstehen dich Schwesterchen. Du hast dein Leben lang gekämpft, meistens für andere… aber irgendwann ist die Kraft verbraucht.
Wir haben dich die letzten Tage in deinem Leben so wenig wie möglich alleine gelassen - wollten nicht, dass du alleine bist, wenn du über die Regenbogenbrücke gehen musst. Auch unser Bruder hat sich noch von dir verabschieden können. Aber dann hast du für dich entschieden, dass du ganz in Ruhe und alleine sein möchtest, wenn der Moment kommt, da du den Weg über die Regenbogenbrücke antreten must und du hast einen Augenblick gewählt, als niemand von uns bei dir war.
Ganz friedlich hast du ausgesehen, als wir uns ein allerletztes Mal von dir verabschiedet haben. Und ich schwöre, du hattest dein verschmitztes Lächeln auf den Lippen.

Ich vermisse dich kleine Schwester… vermisse dich so sehr. Du warst nicht nur meine Schwester, sondern auch meine Freundin und Vertraute.
Wenn ich jetzt morgens meinen Kaffee alleine trinken muss, denke ich an dich und ich sehe dich mit fliegenden blonden Locken auf einem deiner Pferde vorbeireiten und du winkst mir zu. In diesen Momenten weiß ich, dass es dir jetzt endlich gut geht und zu meiner Trauer gesellt sich Dankbarkeit.
Ich habe dich lieb kleine Schwester.

Geschenk Am 14.06.2024 von Ursula angelegt.
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