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Gedenkseite für Hermann Scheer
Der SPD-Politiker Hermann Scheer ist im Alter von 66 Jahren gestorben. Das bestätigte ein Sprecher an diesem Freitag. Scheer sei bereits am 14. Oktober 2010 in einem Berliner Krankenhaus gestorben, sagte er. Er habe sich wegen akuter Herzschwäche in Behandlung begeben. "Sein plötzlicher Tod erschüttert alle", hieß es auf der Homepage des Politikers. Scheer, der in Waiblingen bei Stuttgart lebte, hinterlässt seine Frau und eine erwachsene Tochter. Noch vor kurzem war Scheer bei einer Demonstration gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 aufgetreten und hatte sich für einen Volksentscheid ausgesprochen.
Scheer war seit 1965 Mitglied der SPD und saß für die Partei seit 1980 im Bundestag. Von 1993 bis November 2009 gehörte er dem Parteivorstand an. Er engagierte sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem für die Umwelt und den Einsatz erneuerbarer Energien und erhielt dafür zahlreiche internationale Auszeichnungen, darunter den Weltsolarpreis 1998. Ein Jahr später wurde er für seinen "unermüdlichen Einsatz zur weltweiten Förderung der Sonnenenergie" mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Vom amerikanischen "Time Magazine" wurde Scheer als "Hero for the Green Century" (Held des grünen Jahrhunderts) ausgezeichnet.
Er setzte sich vor allem für Solarenergie als Alternative zur Atomenergie ein. Scheer war Präsident der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (Eurosolar), deren Ziel es ist, atomare und fossile Energie vollständig durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Er schrieb zahlreiche Bücher und war auch als Herausgeber tätig. In den achtziger Jahren machte der SPD-Linke sich für eine aktive Friedenspolitik und Abrüstung stark. Im SPD-Vorstand brachte Scheer Ende der neunziger Jahre mit Äußerungen, das Nato-Vorgehen im Kosovo sei ein "Kriegsverbrechen", den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gegen sich auf. Dieser meinte seinerzeit sogar, Scheer gehöre aus der Partei geworfen.
Auch zuletzt war Scheer in seiner Partei stark umstritten: Vor allem sein vehementer Einsatz für die hessische Landesvorsitzende Andrea Yspsilanti und ihr Projekt einer rot-rot-grünen Koalition in Wiesbaden sorgte intern immer wieder für Streit zwischen Scheer und führenden Köpfen der SPD. Vor der hessischen Landtagswahl gehörte Scheer dem Schattenkabinett der SPD-Spitzenkandidatin Ypsilanti an. In einer möglichen Regierung sollte er für Wirtschaft und Umwelt zuständig sein und damit eine Art "Superminister" in Hessen werden. Nach der Wahl vom Januar 2008 scheiterte die Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung jedoch an Widerstand von vier SPD-Abgeordneten.
Politische Weggefährten reagierten bestürzt auf Scheers Tod. Die Nachricht habe ihn sprachlos gemacht, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er würdigte Scheer als "einen engagierten Kämpfer für die dringend notwendige Energiewende." Er sei ein Politiker gewesen, "der politische Wirkung auch ohne formale Ämter in Regierung oder Parteien entfaltete - durch seine klaren Argumente, durch seine visionäre Kraft und seine charismatische Erscheinung", erklärte der SPD-Chef. "Wir haben ihm sehr viel zu verdanken", sagte der hessische SPD-Generalsekretär Michael Roth. Scheer habe sich wie nur wenige andere im Wahlkampf gegen die CDU-geführte Regierung in Hessen eingesetzt und dort maßgeblich zum SPD-Wahlergebnis beigetragen. Das Konzept der Energiewende, mit dem die SPD angetreten sei und viel Profil gewonnen habe, sei vor allem auf Scheer zurückgegangen.
Auch die Grünen würdigten das umweltpolitische Engagement des Politikers. "Mit ihm verlieren wir einen leidenschaftlichen Politiker, einen freien Geist, der mit großem Intellekt und aufrechtem Gang für seine Ideale gekämpft hat und nie den einfachen Weg gegangen ist", erklärten die Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir. Als Vordenker und Architekt des solaren Zeitalters sei er den Grünen auf ganz besondere Weise verbunden gewesen.