Hans Christian Ströbele

Hans Christian
Ströbele

07.06.1939
Halle an der Saale
-
29.08.2022
Berlin Moabit Deutschland BRD

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ZurückAus dem Kondolenzbuch: Hans Christian Ströbele Leben

von Wiki am 01.09.2022 - 11:57 Uhr | melden

Familie, Jugend und Studium

Ströbeles Großvater war der Bauernfunktionär Franz Ströbele (1879–1952). Sein Vater war der aus Leonberg in Württemberg stammende Chemiker Rudolf Ströbele (1911–1988), der 1937 beim späteren Nobelpreisträger Richard Kuhn promoviert wurde. Rudolf Ströbele war NSDAP-Mitglied und nach seiner Promotion zunächst im Hauptlaboratorium des IG-Farben-Werkes Ludwigshafen, während des Zweiten Weltkriegs dann als Betriebsführer der Buna-Werke in Schkopau tätig. Beim Rückzug der US-Armee im Sommer 1945 wurde die Familie Ströbele von dieser in den Westen mitgenommen. Ab 1955 war Rudolf Ströbele Leiter der Organischen Chemie der Chemischen Werke Hüls AG in Marl, der größten Abteilung des Werkes. 1957 erhielt er Prokura. Hans-Christian Ströbeles Mutter Gabriele, geb. Zimmermann, hatte Jura studiert, konnte jedoch ihren damaligen Wunsch, Richterin zu werden, nicht weiterverfolgen, weil ihr aufgrund des herrschenden Frauenbildes im Dritten Reich verwehrt wurde, ein juristisches Referendariat zu absolvieren. Die Genehmigung der Eheschließung von Rudolf Ströbele und Gabriele Zimmermann ist im Bundesarchiv in der Sammlung Berlin Document Center, „Personenbezogene Unterlagen der SS und SA“ unter der Archivsignatur R 9361-III/203263 registriert.

Nach dem Abitur 1959 am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Marl leistete Hans-Christian Ströbele zunächst Wehrdienst als Kanonier bei der Luftwaffe in Aurich, lehnte aber die übliche Beförderung zum Gefreiten ab. Nach dem Wehrdienst absolvierte Ströbele ab 1960 ein Studium der Politikwissenschaft und der Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin, das er mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. 1969 legte er die zweite juristische Staatsprüfung ab und erhielt die Zulassung als Rechtsanwalt. Ab 1967 war er mit der Ethnologin Juliana Ströbele-Gregor verheiratet. Er lebte ab 2016 im Berliner Bezirk Mitte im Ortsteil Hansaviertel.

Hans-Christian Ströbele war ein Neffe des Fußballreporters Herbert Zimmermann. Die Rechte an dessen Originalübertragung des Endspiels der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 liegen bei Hans-Christian Ströbeles Erben und seinen drei Geschwistern. Sofern die Übertragung nicht im Ersten wiederholt wird, muss jede Veröffentlichung verhandelt werden. Hierbei übernahm Ströbele für seine Geschwister die rechtliche Vertretung. Die erzielte Summe in Höhe eines vierstelligen Betrags spendete Ströbele. Als Kind nahm Herbert Zimmermann ihn manchmal zu Interviews, zum Beispiel mit Sepp Herberger und Fritz Walter, und auch zu Fußballspielen mit.
Anwalt und Unterstützer von RAF-Mitgliedern und das Sozialistische Anwaltskollektiv (1970–1979)

Seit dem 3. Juni 1967 leistete er als Rechtsreferendar seine Anwaltsstation im Anwaltsbüro von Horst Mahler ab. Am 1. Mai 1969 gründete er mit Mahler und dem späteren Berliner Verfassungsrichter Klaus Eschen das sogenannte Sozialistische Anwaltskollektiv in Berlin. Ziel war, Demonstranten und anderen Aktivisten aus der damaligen Studenten- bzw. 68er-Bewegung, die sich zahlreichen Strafverfahren ausgesetzt sahen, juristische Unterstützung anzubieten.

Ab 1970 übernahm Ströbele die Verteidigung von RAF-Angehörigen, u. a. Andreas Baader. 1975 wurde Ströbele wegen Missbrauchs der Anwaltsprivilegien noch vor Beginn des Stammheim-Prozesses von der Verteidigung ausgeschlossen. 1980 Die 2. Große Strafkammer beim Landgericht Berlin verurteilte ihn wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 Strafgesetzbuch) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung, da er an der Konsolidierung der RAF nach der ersten Verhaftungswelle 1972 mitgewirkt habe und in den Aufbau des illegalen Informationssystems der RAF involviert gewesen sei. Die 10. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts reduzierte diese Strafe 1982 auf zehn Monate. Für die Richter war Ströbeles Verbindung zur RAF ein „besonders schwerer Fall“ von Unterstützung, da die unterstützte Organisation eingerichtet worden sei, um „Straftaten des Mordes und Sprengstoffdelikte zu begehen“. Ströbele bestritt die Vorwürfe und erklärte, das Informationssystem habe lediglich der Arbeit als Verteidiger für die gefangenen Mitglieder der RAF in den Jahren 1970 bis 1975 gedient.

Der Ströbele-Biograf Stefan Reinecke notierte, Ströbele habe RAF-Angehörige als „Mitglieder des 68er-Kollektivs“ gesehen; keine „verrückten Desperados, das waren politische Menschen, das waren unsere Genossinnen und Genossen“.
Anwalt beim Studentenstreik 1976/77 in Berlin
Ströbele berichtet am 11. Januar 1977 bei einer Veranstaltung im Audimax der Technischen Universität Berlin über den Prozess gegen Christoph Dreher und Peter Wietheger.

Während des Studentenstreiks 1976/77 („Berufsverbotestreik“) verteidigte Hans-Christian Ströbele zwei bei einem wahrscheinlich provozierten Zwischenfall mit Flugblattverteilern einer Sekte festgenommene Studenten. Die Inhaftierung von Christoph Dreher und Peter Wietheger führte zu einer aus Protest vorgenommenen Kirchenbesetzung und erregte in der Öffentlichkeit Aufsehen. Ströbeles Verteidigung war es zu verdanken, dass beide Studenten mit Geldstrafen wieder in Freiheit kamen.

Im Jahr 1979 löste sich das Sozialistische Anwaltskollektiv auf; Ströbele war aber weiter als Rechtsanwalt tätig. Im Jahre 1988 war er Verteidiger im Prozess gegen Hansjoachim Rosenthal, den ersten in Deutschland durch die DNA-Analyse (genetischer Fingerabdruck) überführten Mörder.
Politische Vorwürfe gegen Ströbele

Im Februar 2001 wurde ein Stasi-Protokoll bekannt, das den Eindruck erweckte, Ströbele habe in den 1970er Jahren Überfälle der PLO oder Flugzeugentführungen gebilligt, um auf politische Fragen aufmerksam zu machen. Ströbele erwirkte eine Gegendarstellung: „Ich habe mich in dieser Weise nie geäußert. Die in diesem MfS-Papier niedergelegten Überlegungen entsprachen keineswegs meiner Sicht der Dinge. Ich befürwortete nicht Terrorhandlungen.“

2007 bezeichnete der damalige Ministerpräsident Bayerns, Günther Beckstein, Ströbeles Äußerungen zur RAF als „beschämend“ und als „eine Verhöhnung der Opfer des brutalen RAF-Terrors, wenn gerade der als RAF-Unterstützer rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilte Ströbele auch heute noch RAF-Ideologie bagatellisiert“. Ströbele meinte, er sehe in der Kritik des inhaftierten Ex-Terroristen Christian Klar am Kapitalismus „keine Aufforderung zu Gewalt oder zu Terrorismus“.
Quelle Wikipedia

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