Von Andreas Steinhardt 01.11.2024 um 14:06 Uhr | melden
Am heutigen Hochfest Allerheiligen zur Gedenkkerze ein Gedicht von Max Dauthendey, passend zum Novemberanfang.
Am gestrigen Tag schmückten wir die Gräber meiner verstorbenen Verwandten und die meiner Wahlfamilie bis in die Dämmerung hinein.
Es war ein wundervoller, lichtdurchfluteter letzter Oktobertag. Heute, am Festtag ist es sed contra sehr trübe, Nieselregen setze am Vormittag ein.
Gerdas Grab ist seit einigen Monaten eingeebnet.
Die Konturen ihrer Ruhestätte sind noch erkennbar, so dass man dort noch eine Kerze aufstellen kann.
Im Bilderalbum finden Sie zwei Aufnahmen ihres Grabes.
Erster November
von Max Dauthendey
Da draußen ist frühe Nebelnacht,
Die hat den Tag um Stunden bestohlen,
Hat aus den Fenstern Laternen gemacht.
Ich möchte mir den Mond herholen,
Dass ich einen hätt’, der ewig lacht,
Denn die Nacht ist wie ein schwarzes Bett.
Dort hat der Tod, wie auf Lagern aus Kohlen,
Gedankenlos als Dieb seine Ruhestätt’.
Weiß nicht, ist die Stadt draußen klein oder groß,
Ob Menschen drin hausen, oder bin ich allein,
Denn ein jeder Tag schwarz wie der Fluss fortfloss,
Und beklagt gingen viele zur Nacht hinein.
Auch Vater und Mutter haben gefragt,
Und niemandem wurde der Weg gesagt.
Auch Vater und Mutter wurden zu Stein,
Ein Stein, der sich über dem Grabe schloss.
Drauf lese ich heut’ ihre Namen bloß,
Nur noch die Namen sind beide mein.
Woher sie kamen, wohin sie gingen, -
Ich kann die Nacht nicht zum Reden zwingen.
Max Dauthendey, dt. Dichter und Maler, * 25. Juli 1867 in Würzburg, +20. August 1918 in Malang auf Java, Niederländisch-Indien, seit 1949 Indonesien.