Von Andreas Steinhardt 16.01.2020 um 16:58 Uhr | melden
Am 18. Januar vor 26 Jahren fand die Trauerfeier für unsere Mutter statt, die mit 63 Jahren, nach schwerer Herzkrankheit
viel zu früh von uns ging. Es war ein klarer, kalter Wintermorgen mit Rauhreif, und während der Zeremonie schönstem Sonnenschein. Zunächst fand am noch dunklen Morgen das Requiem im Rahmen einer Eucharistiefeier in der kath. Kirche St. Josef Gladbeck-Rentfort statt. Die Heilige Messe zelebrierte Pastor Norbert Hoffmann, ein Original, ein Priester zum anfassen, ein Menschenfischer.
Nach der Eucharistiefeier, bei der Pastor Hoffmann (auch Buchautor, meine Empfehlung, Wikipedia) wohltuende, tröstende Worte fand, ging die aufgrund Gerdas großen Bekanntheitsgrades immense Anzahl von Trauergästen geschlossen zum direkt neben der Josefskirche gelegenen Friedhof Gladbeck-Rentfort.
Direkt hinter dem Pastor ging ich mit meinem kleinen Neffen ganz voran. Beim Tod seiner Oma Gerda war er gerade 8 Jahre alt. Ein surreales Bild - der jüngste Enkel und der jüngste Sohn schritten Hand in Hand voran, die kalte, aber doch tröstende Wintersonne schaute zwischen den hohen Baumwipfeln neugierig heraus. Einige Rabenkrähen begleiteten uns mit ihrem klagenden, fast schluchzenden Lauten.
Während der Zeremonie am Grab schaute ich grundsätzlich nur in die Sonne, dachte mir, das unsere Mutter uns jetzt vielleicht zusieht, unsere Trauer vielleicht gar nicht (mehr) verstehen kann, dort im ewigen Glück. Oder vielleicht war Gerda noch mitten unter uns - um mit den wohltuenden Worten des Pastors aufzusteigen...? Gedankenströme lösten Gedankenblitze ab. Auf jeden Fall hatte ich in diesem Moment der Zeremonie jede Menge Fantasien, die mich von den Endzeitstimmung-Gedanken ferne führten....ich schaute weiter in die tröstende Morgensonne...am späten Nachmittag, die Sonne setzte sich gerade, ging ich noch einmal - alleine - zum Grab meiner Mutter. Zuvor, am fühen Nachmittag marschierte ich noch mit mit meinen Verwandten zum Grab, um es jetzt aufgeschüttet, mit unglaublich vielen Kränzen überhäuft, anzusehen, die ersten Kerzen am Ihrem frischen Grab anzuzünden. Ich wollte unbedingt in der beginnenden Dämmerung einmal allein sein am Grab. Zum ersten Male - von Tausenden von Tagen. Die Sonne, die am Morgen zur Trauerzeremonie am Grabe so tröstend zusah, ging langsam unter. Müde vom anstrengenden Tage, wie ich auch. Ich schaute ihr eine Weile beim Untergang zu, wie ich am Morgen auch aufschaute bei ihrer beginnenden Runde. Es war ein so lichterfüller Januartag - ganz, wie Gerda ihn geliebt hätte. Nun war sie dort oben, irgendwo da, wo die Sonne auch ihre Bahnen zieht...