Fritz Lang

Fritz
Lang

05.12.1890
Wien
-
02.08.1976
Beverley Hills

Stimmungsbild-Fritz-Lang-2

Gedenkseite für Fritz Lang

Zur Erinnerung an meinen Lieblingsregisseur Fritz Lang

"Ich war immer ein kämpfender Mensch. Ich habe immer sehr gekämpft für meine Ideen, um sie durchzudrücken - auch in Amerika oder speziell in Amerika. Wenn man eine Überzeugung hat, dafür muss man kämpfen."
(Fritz Lang in einem Interview 1969)

Der gebürtige Wiener ist für mich der wirkungsmächtigste, deutschsprachige Filmregisseur des Zwanzigsten Jahrhunderts, dem wir unsterbliche Meisterwerke wie "Metropolis", "Die Nibelungen", "Dr. Mabuse, der Spieler", "M" und "Das Testament des Dr. Mabuse" verdanken.

Zu Leben und Werk dieser faszinierenden und charismatischen Persönlichkeit sei allen Interessierten die wunderbare Biographie "Fritz Lang - Ich bin ein Augenmensch" von Norbert Grob ans Herz gelegt.

Ich widme mich mit selbst verfassten Texten einigen Aspekten von Fritz Langs Leben und Werk:

Fritz Lang in “Die Verachtung” (“Le Mèpris”)

“Jeden Morgen mein Brot zu verdienen, gehe ich auf den Markt, wo Lügen verkauft werden. Hoffnungsvoll reihe ich mich ein zwischen die Verkäufer.”
(Bertolt Brecht: "Hollywood" - im Film auf französisch zitiert von Fritz Lang)

"Der Tod ist keine Lösung."
(Fritz Lang)

"Man muss stets zu Ende führen, was man angefangen hat."
(Fritz Lang)

Deutschlands Meisterregisseur Fritz Lang war ein seiner künstlerischen Persönlichkeit adäquates filmisches Alterswerk bedauerlicherweise nicht vergönnt. In Hollywood hatte er sich ebenso mit diversen Produzenten überworfen wie mit Artur Brauner in Deutschland. Mehrere von ihm favorisierte Projekte scheiterten nicht zuletzt daran, dass sich sein Augenleiden ständig weiter verschlimmerte.

Während in Deutschland seine Filmklassiker aus den Zwanziger und Dreißiger Jahren entweder gar nicht oder lediglich in verstümmelter Form in den Kinos gezeigt wurden, priesen ihn in Frankreich die Vertreter der Nouvelle Vague. Der Regisseur Jean-Luc Godard äußerte enthusiastisch über Fritz Lang : “Er ist das Kino.” So ist es nicht verwunderlich, dass Godard dem von ihm Verehrten 1963 eine Rolle in seinem nach einem Roman von Alberto Moravia entstandenen Film “Die Verachtung” anbot.

Die rein äußerliche Handlung ist rasch erzählt. Der amerikanische Produzent Jeremy Prokosch (Jack Palance) hat den berühmten Regisseur Fritz Lang (er selbst) engagiert, um in Italien eine Verfilmung von Homers “Die Odysee” in Szene zu setzten. Der französische Theaterautor Paul Javal (Michel Piccoli) soll das vorhandene Drehbuch nach den abwegigen Vorstellungen von Prokosch umschreiben, da dieser sich davon mehr finanziellen Gewinn verspicht.

Da Javal sich in pekuniären Verlegenheiten befindet, nimmt er das Angebot an. Seine Frau Camille (Brigitte Bardot), für die Prokosch ein offenkundiges sexuelles Interesse hegt, überlässt Javal mehr oder weniger dem Produzenten, wofür diese ihre Ehemann zu verachten beginnt. Aufgrund dessen weigert sich Javal plötzlich, das geforderte Drehbuch zu verfassen, angeblich da er ausschließlich für das Theater tätig sein möchte. Nach einer erneuten Auseinandersetzung mit Camille, reist diese mit Prokosch von Capri nach Rom. Während der Autofahrt verunglücken Beide tödlich. Javal verabschiedet sich von Fritz Lang, während dieser auf Capri bleibt, um seinen Film fertig zu stellen.
Godards Werk ist ein in ruhigen Bildern mit kalten, klaren Farbtönen - es dominieren Blau und Weiß mit Rot und Gelb - gefilmter, höchst anspruchsvoller Essay über den Widerspruch zwischen Kunst und Leben, zwischen Anspruch und Wirklichkeit. “Die Verachtung” ist niveauvolles Kunstkino, das man am besten durch mehrfaches Ansehen auf sich wirken lassen sollte und das zahlreiche profunde Wahrheiten enthält.

Fritz Lang verkörpert sich selbst: voller Lebensklugheit und Noblesse, trotz des fortgeschrittenen Alters noch immer für seine künstlerischen Überzeugungen energisch kämpfend und zugleich mit einem leichten Hang zur Resignation.

Während der kultivierte Europäer Fritz Lang Hölderlin, Brecht, Dante und Corneille zitiert und über Homers “Odysee” referiert, wirft der der ebenso arrogante wie beschränkte Amerikaner, der sich allen Ernstes den griechischen Göttern verwandt fühlt aber keinerlei realen Bezug zu dem von ihm in Auftrag gegebenen Werk hat, mit Filmdosen um sich, da er deren Inhalt nicht zu begreifen vermag. Lediglich der Anblick einer nackten Statistin als Meerjungfrau während einer Mustervorführung entlockt ihm ein begeistertes Grinsen. Als Prokosch bei dem Wort Kunst sein Scheckbuch zückt, verweist ihn Fritz Lang darauf, dass es noch nicht so lange her sei, dass die Nazis bei diesem Wort den Revolver gezogen haben.

Symbolisch für die Unmöglichkeit einer vernünftigen Kommunikation zwischen den kunstbeflissenen Europäern (Lang und Javal) und dem ausschließlich von finanziellen Erwägungen getriebenem, ungehobelten Amerikaner (Prokosch), ist dass Prokoschs italienische Sekretärin Francesca Vanini (Georgia Moll) das Gesprochene ständig dolmetschen muss. Die Originalfassung ist bei diesem Film eindeutig der leider gekürzten deutschen Version vorzuziehen, kommt man doch so in den Genuss, Fritz Lang nicht nur deutsch sondern auch englisch und französisch sprechen zu hören, in einer kurzen Sequenz sogar Wiener Dialekt.

Wenn man den Meister in seinem eleganten blauen Nadelstreifenanzug, der jedoch bereits damals der aktuellen Mode nicht mehr entsprach, auf dem maroden Gelände von Cinecittà flanieren sieht und dazu Georges Delerues elegische Musik erklingt, überkommt einen unweigerlich das Gefühl, dass etwas Unwiederbringliches verloren gegangen ist.

In der letzten Szene des Films gibt Fritz Lang Regieanweisungen für seine “Odyssee”- Adaption. Es wird die Sequenz gedreht, in der der aus der Ferne heimgekehrte Odysseus erstmals seine Heimat Ithaka wiedersieht. Trotz der triumphierenden Geste des Darstellers des griechischen Helden, empfindet der Zuschauer statt dessen Wehmut und den Gedanken, dass Deutschlands bedeutendster Regisseur nach mehr als zwanzigjähriger Abwesenheit sein Vaterland nicht wieder gefunden hat.

Ein unbefriedigendes Spätwerk

"Nach vierzehnmonatiger Arbeit dort habe ich schließlich definitiv die Idee aufgegeben, noch einmal einen Film in Deutschland zu machen. Die Leute, mit denen man da arbeiten muss, sind wirklich unerträglich. Nicht nur, dass sie keine Versprechen halten, schriftlich oder nicht, es ist auch noch so, dass die Filmindustrie (wenn es überhaupt noch möglich ist, den kümmerlichen Rest dessen, was das Land einmal in seiner Filmproduktion weltberühmt gemacht hat, so zu nennen) heute geleitet wird von ehemaligen Rechtsanwälten, SS-Männern oder Exporteuren von Gott weiß was. Ihre Hauptarbeit besteht darin, Koproduktionen unter solchen Bedingungen zustande zu bringen, dass ihre Kassenbücher bereits Überschüsse aufweisen, bevor man den Film überhaupt angefangen hat."
(Fritz Lang)

Fritz Lang kehrte 1958 aus seinem amerikanischen Exil nach Westdeutschland zurück, um drei Filme zu inszenieren.

Zu "Der Tiger von Eschnapur" und "Das indische Grabmal" hatte er eine besondere persönliche Beziehung, da er diesen Stoff basierend auf dem Roman seiner damaligen Frau Thea von Harbou dem Produzenten Joe May als Szenarium anbot und fest damit rechnete, es auch als Regisseur zu inszenieren. May fand das Drehbuch so gut, dass er Fritz Lang die Regie verweigerte und den Film 1921 als zweiteiligen Streifen unter dem Titel "Das indische Grabmal" selbst in Szene setzte. Lang war maßlos enttäuscht und brach jeden Kontakt zu May ab.

Als er von Artur Brauner das Angebot erhielt, "Der Tiger von Eschnapur" und "Das indische Grabmal" zu inszenieren, glaubte Fritz Lang, dass sich ein Kreis schlösse. Während der Dreharbeiten wurde er vom Produzenten jedoch massiv in seiner Entscheidungsgewalt behindert. Während sie beim Publikum ein großer Erfolg waren, wurden die beiden Indien-Filme von der zeitgenössischen Kritik mit teilweise infamen Äußerungen rezensiert. Erst später erkannten französische Filmkritiker positive Akzente darin. Fritz Lang selbst nannte sie in späteren Jahren mit bitterer Ironie "Der Tiger von Dextropur" und "Das kindische Grabmal".

Auch sein letztes Werk, der dritte "Mabuse"-Film unter seiner Regie, wurde von der Kritik gemischt aufgenommen

Verbittert zog sich Fritz Lang wieder nach Hollywood zurück, nicht ohne zu bemerken, man könne in (West)-Deutschland so gut wie keine niveauvollen Filme (mehr) drehen. Seine Meisterwerke aus den Zwanziger und frühen Dreißiger Jahren wurden wenn überhaupt lediglich in verstümmelter Form in den Kinos gezeigt.

Während ihm sein französischer Kollege Jean-Luc Godard in "Die Verachtung" 1963 die Gelegenheit gab, sich selbst vor der Kamera zu verkörpern - was bei all den gemischten Kritiken für diesen Film stets einhelliges Lob auslöste - verhinderte sein zunehmend sich verschlimmerndes Augenleiden die Möglichkeit, weitere Filme zu inszenieren.

Der Meisterregisseur erhielt in seinen letzten Lebensjahren zahlreiche Ehrungen, aber dass seine filmischen Meisterwerke zu Kultobjekten avancierten, durfte er nicht mehr erleben.

Fritz Lang verstarb am 02.08.1976 in Beverly Hills.

© Text: Manuela Hertel

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