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von Eckard Ruttkowski am 07.12.2016 - 08:18 Uhr | melden
Es stand 1964 die Konfirmation an, damals für ein evangelisches Christenkind durchaus ein Ereignis im positiven Sinn. So im Januar des Jahres, Konfirmationen fanden damals immer in den Wochen vor Ostern statt, erklärte unser Gemeindepastor meinen Eltern, er werde mich nicht konfirmieren, da ich nicht ausreichend für den Konfirmandenunterricht lerne. Gut, da hatte er durchaus recht, aber es galt den „Blauen Brief“ abzuwenden und da waren die Prioritäten bei Mathe und Englisch und nicht bei Moses usw.
Meine Eltern haben dann Ede kontaktiert. Ja, und der lief zur Hochform auf, auch weil er meinte man könne mir alles, aber nicht Faulheit vorwerfen und schließlich sei er auch selbst Religionslehrer. Er versprach vorab, dass er dafür sorgen wird, dass ich konfirmiert werde, egal wo. Unmittelbar nach dieser damals beruhigenden Aussage muss er dann unseren Pastor aufgesucht haben. Pastor etwa einen halben Kopf kleiner als ich heute. Was die beiden im Einzelnen besprochen haben weiß ich nicht, aber es muss ergreifend gewesen sein.
Zwei oder drei Tage nach diesem Gespräch kam Ede zu uns nach Hause. Originalton Ede: So was habe ich noch nicht erlebt, aber er wird Dich konfirmieren. Für die Prüfung musst Du nur zwei Gebete lernen und ein paar Fragen beantworten, die du eine Woche vorher kennst. Und das reicht dann auch, wo leben wir denn hier. Am meisten hatte ihn wohl geärgert, dass der Pastor sich samt Schreibtisch auf einem Podest befand und Ede von seinem Stuhl aus zu ihm heraufschauen musste. Und er hatte ihm wohl nicht Prügel angedroht, aber seinen guten Kontakt zur Rundschau.
Ich bin dann ohne Wenn und Aber konfirmiert worden. Im Jahr darauf, aber noch während unserer Schulzeit erfuhr Ede, dass dieser Pastor namens Heider, zur Nazizeit als sog. Begleitpfarrer von der Landeskirche abgestellt war. Begleitpfarrer waren die Geistlichen, die die Todeskandidaten als Letzte vor dem Henker sahen. Ede erklärte mir damals, dass er vor solchen Menschen größten Respekt habe, er aber gerade deshalb nicht verstehen könnte, weshalb er sich in meinem Fall so verhalten habe.