Mit einem Geschenk hinterlassen Sie Ihr persönliches Zeichen in Gedenken an Elena Bleß. Veredeln Sie jetzt diese Gedenkseite durch ein Geschenk in Ihrem Namen.
Von Sophia 18.09.2022 um 22:34 Uhr | melden
Liebe Elena,
eigentlich wollte ich dir schon nach meinem Urlaub schreiben, aber manchmal habe ich Angst, dass es für andere (oder auch für dich) belanglos oder seltsam wirkt, wenn ich meine eigenen Erlebnisse immer in irgendeiner Verbindung zu dir setze. Ich mache es jetzt trotzdem, denn glaube mir bitte, du bist immer noch überall mit dabei, wo ich hingehe.
Vor über einem Monat bin ich nach Mallorca geflogen. Es war das erste Mal, dass ich nach deinem Tod über die Alpen geflogen bin- vielleicht genau dort, wo du dein Leben lassen musstest. Ich machte mir vorher Gedanken, wie ich mich fühlen würde, welche Bilder mir in den Kopf kommen würden, ob ich vielleicht auch Angst bekommen würde – letztendlich war genau das Gegenteil der Fall. Ich fühlte mich so sicher in diesem Flugzeug. Ich konnte mir absolut überhaupt nicht vorstellen, wie irgendetwas schief gehen könnte. Es war so selbstverständlich für mich, dass nach etwa zwei Stunden Flug alle Passagiere, die zusammen eingestiegen sind, auch wieder miteinander gelandet und gut gelaunt in ihren Urlaub gestartet sind. Umso unfassbarer ist für mich wieder einmal, wie es ausgerechnet dir passieren konnte, dass es nicht so war. Dir und 148 anderen unschuldigen Menschen im Flugzeug, von denen du vielleicht beim Check-In nebenbei Notiz genommen hattest, aber nie gedacht hättest, einmal mit ihnen auf Gedenktafeln zu stehen.
Auch vor Ort habe ich immer wieder an dich gedacht. Mein letzter Urlaub auf Mallorca war 2009. Damals, in der Zeit, als noch alles gut war. Als du auch noch einen schönen Sommer mit deiner Familie verbracht und noch etwa fünfeinhalb schöne Jahre vor dir hattest. Einmal sind wir zum Ort gefahren, wo wir damals waren. Vieles sah dort noch genauso aus, der Strand, Geschäfte, Hotels. All das hat die 13 Jahre dazwischen überlebt. Aber du hast es nicht. Gleichzeitig tröstet es mich manchmal, wenn sich so wenig verändert hat, denn dann denke ich: Du könntest jetzt noch zurückkommen und würdest alles wiedererkennen. Du müsstest nicht viel aufholen, du hättest nicht so viel verpasst. Aber wie lange wird man das noch sagen können? Und außerdem – du kommst ja nicht zurück.
Nun hat vor einer Woche die Schule wieder begonnen. Für mich ist seit 2015 der Start eines neuen Semesters bzw. später Schuljahres auch immer so ein Einschnitt, der mir sagt: wieder ein neuer Abschnitt ohne dich. Ich weiß, wie es mir anfangs immer so den Boden unter den Füßen weggerissen hat, dass ich mir gedacht habe: Bitte sprecht mich nicht an. Ich weiß nicht, ob ich euch folgen könnte und ob ich etwas dazu sagen könne. Das ist heute anders. Ich freue mich wieder über meine Arbeit und kann auch wieder lachen. Aber ich tue es immer in dem Bewusstsein, dass es ein unheimliches Privileg ist, das nicht jeder hat- noch hier zu sein und leben zu dürfen. Wie sehr wünschte ich mir, du dürftest es auch.
Liebe Elena, ich denke immer an dich und sende ganz viel Liebe zu dir in den Nachthimmel
Deine Sophia