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Von Heiko Nitschke 24.12.2022 um 08:33 Uhr | melden
I. STERBENDER DEUTSCHER SOLDAT
Ist alles denn zu Ende?
Nicht nur mein Leben — nein:
Die große deutsche Wende
Soll nicht gewesen sein?
Woran ich so fest glaubte —
Die große deutsche Tat —
Ach, alles, alles raubte
Mir diese Wolgastadt.
Noch kann ich nicht verstehen,
Was eigentlich geschah.
Dem Tod ins Auge sehen —
Dazu war ich ja da.
Doch jetzt den Tod erleiden,
Da ihn mein Herz verneint?
Kann ich denn nicht vermeiden,
Was mir nun sinnlos scheint?
Wieviel hätt’ ich zu fragen!
Ich hab’ ja nie gefragt.
Wofür das Leben wagen?
Ich habe es gewagt.
Ich hab’ es schon verloren
Und weiß nun nicht wofür.
Wozu ward ich geboren?
Was suchte ich denn hier?
Hier in dem fremden Lande?
O weh, wie ist mir bang,
Verblutend an dem Rande
Der Stadt, die mich bezwang.
Wie hat sie mich bezwungen!
Nicht nur den Leib — den Geist!
Hat alles mir entrungen,
Was in die Zukunft weist.
Doch wird ihr Sieg nicht Weisung
Dem deutschen Volke sein?
Des Kommenden Verheißung?
Ich sterb’ ja nicht allein.
Mein Leben geht zu Ende,
Doch schreit mein Tod nach Tat.
Du große deutsche Wende!
Dein Name — Stalingrad!
Heinrich Greif, 1943
Aus der Sammlung Stalingrader Monologe
Heiko Nitschke
Meerane, Weihnachten 2022