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Von Christa mit Ralf 01.08.2015 um 17:16 Uhr | melden
Einen lieben Gruß schicke ich Dir, lieber Christian!
Das folgende Gedicht von Anna Ritter habe ich für Deine Heike gewählt, die immer so schöne Gedichte für Dich findet:
Einem Todten
Wie dunkel ists! Nur wenn der Sturmgott droben
Sein leuchtend Schwert nach Wolkenriesen zückt,
Erhellt sich mir der Pfad, dann schreit ich eilend,
Ein Büchlein zitternd an die Brust gedrückt.
Gedichte sinds! Der Sehnsucht irres Stammeln,
Der Schrei der Noth, ein blasser Traum von Glück,
Gedanken aus der Einsamkeit geboren...!
In ihre Heimat trag ich sie zurück.
Ein Garten lockt im fahlen Licht der Blitze,
Am düstern Thor das Schweigen Wache hält,
Dort opfre ich im Schatten der Cypressen,
Ein Lebender im Bann der Todtenwelt.
Da liegt das Grab! Ein Kreuz ist drauf gebettet,
Die Lippen preß ich auf den kalten Stein
Und suche einen halbverwischten Namen,
Ach, der ihn trug, vor Jahren war er mein.
Wie dunkel ists! Nur von den Lilien windet
Ein seltsam, feierlicher Glanz sich los,
Den Epheu bieg ich schweigend auseinander
Und leg das Buch in seinen dunklen Schooß.
Gedichte sinds! Ein Buch wie viele andre,
Mir aber zittert jede Zeil nach.
Gedichte sinds, in banger Zeit gesungen
Von einer Seele, die in Sehnsucht brach.
Anna Ritter
1865-1921
Liebe Heike, ich wünsche Euch noch ein schönes Wochenende!
Liebe Grüsse
Christa