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Von in Liebe 20.04.2015 um 12:34 Uhr | melden
Ein verfallenes Schloß
Den Trümmern stehn des Waldes grüne Wogen
Wie frische Myrten der verlassnen Braut...
Mir ist bei jenen halbzerbrochnen Bogen
Als ob ein Aug mich sterbend angeschaut.
Ob auch die Sonn mit einem Strom des Lebens
Das sinkende Gemäuer hell begrüßt,
Ach, all ihr treues Mühen ist vergebens –
Hat je das Leben wach den Tod geküßt?
Die Büsche schmiegen ihre zarten Spitzen
Wie grüne Schleier um den grauen Bau,
Leis rauscht Geröll aus graubemoosten Ritzen,
Dazwischen nickt der Glockenblume Blau.
Der Efeu zieht sein Netz um Kluft und Spalten,
Um jene Zeugen der Vergänglichkeit,
Als wollt er liebend das zusammenhalten,
Was übrig noch aus längstvergangner Zeit.
So steht dies Werk, verwittert und zerfallen,
Ein Bild versunkner Größe, überm Tal,
Verlassen stehn die hochgewölbten Hallen,
Die Jubel einst durchscholl beim Weinpokal.
Ich blick mit Wehmut auf die düstern Mauern,
Die leise der Vernichtung Hauch verheert,
Und mein Gemüt durchzieht ein tiefes Trauern...
Ich denk an das, was mir einst lieb und wert.
Eugenie Marlitt
1825 - 1887
http://www.aphorismen.de/gedicht/154703
Meine Gedanken sind bei dir.