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Von in Liebe 14.02.2015 um 21:31 Uhr | melden
Der schönste Anblick
Schön ist’s, wenn zwei Sterne
Nah sich stehn am Firmament,
Schön, wenn zweier Rosen
Röte ineinander brennt.
Doch in Wahrheit! immer
Ist’s am schönsten anzusehn:
Wie zwei, so sich lieben,
Selig beieinander stehn.
Justinus Kerner 1786 – 1862
Ziel der Sehnsucht
Wenn ich durch die Fluren schweife,
Jene suchend her und hin,
Die mich schlug in goldne Reife,
Der ich ganz zu eigen bin:
Welch ein Wünschen, welch ein Wähnen
Hebt die Seele trunken auf;
In die Wolken trägt das Sehnen,
In die Himmel mich hinauf.
Mit dem Vogel möcht’ ich fliegen,
Auf den Sternen möcht’ ich stehn,
Mich auf Windesfittich wiegen,
Brausend über Wipfel gehn!
Bis ich komme zu dem örtchen,
Wo aus Büschen tief heraus
Mit dem beigelehnten Pförtchen
Winkt ihr kleines Hüttenhaus.
Schnell verflogen, schnell zergangen
Sind die Wünsche groß und klein,
Und die Sehnsucht kehrt gefangen
Still ins stille Hüttchen ein.
Friedrich Rückert 1788 – 1866
Sag ichs euch, geliebte Bäume
Sag ichs euch, geliebte Bäume?
Die ich ahndevoll gepflanzt,
Als die wunderbarsten Träume
Morgenrötlich mich umtanzt.
Ach, ihr wisst es, wie ich liebe,
Die so schön mich wiederliebt,
Die den reinsten meiner Triebe
Mir noch reiner wiedergibt.
Wachset wie aus meinem Herzen,
Treibet in die Luft hinein,
Denn ich grub viel Freud und Schmerzen
Unter eure Wurzeln ein.
Bringet Schatten, traget Früchte,
Neue Freude jeden Tag;
Nur dass ich sie dichte, dichte,
Dicht bei ihr genießen mag.
Johann Wolfgang von Goethe 1749 – 1832
Woher sind wir geboren?
Aus Lieb.
Wie wären wir verloren?
Ohn Lieb.
Was hilft uns überwinden?
Die Lieb.
Kann man auch Liebe finden?
Durch Lieb.
Was lässt nicht lange weinen?
Die Lieb.
Was soll uns stets vereinen?
Die Lieb.
Johann Wolfgang von Goethe 1749 – 1832
Gefunden
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie äuglein schön.
Ich wollt es brechen,
Da sagt es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Ich grub’s mit allen
Den Würzlein aus.
Zum Garten trug ich’s
Am hübschen Haus 1).
Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
Johann Wolfgang von Goethe 1749 – 1832