Christian Trox

Christian
Trox


 
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11.06.2013
 

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ZurückEine brennende Kerze: Kerze rost Herz
in Liebe

Von in Liebe 18.05.2014 um 19:40 Uhr | melden

Trauermantel

Traurig am trüben Tage saß ich und dachte zurück
Über viel kalte Winter nach einem warmen Glück.

Und während meiner Trübsal auf meine Schulter sank
Ein armer Trauermantel, vor Frost und Alter krank.

Und mühsam sich bewegend, das edle wunde Tier
Berührte meine Wangen und flüsterte zu mir:

"Du wolltest mirs nicht glauben, ich sagt es dir voraus,
Weißt du an jenem Morgen am See im Gartenhaus:
Hell leuchtete dein Auge, und Mut und Schaffenslust
Und stolze Siegeshoffnung beseelten deine Brust.

Nun ist es Alles verloren, Talent und Stolz und Mut,
Verloren und gestohlen das heilge Gottesgut.
Ich armer Unglücksvogel, ich brachte dir Leid und Weh;
Komm, laß uns zusammen sterben, das Leben tut zu weh."

Drauf faltet es die Flügel und sah zu mir empor.
Da hub ich an zu beten aus ihm und mir hervor:

"Du liebes, treues Tierchen, schilt und verklag dich nicht;
Stets will ich dankbar grüßen dein edles Angesicht.
Den soll man nicht bedauern, der Weh aus Schönheit fand;
Schönheit malt Veilchentrauer mit einem goldnen Rand.

Wohl würgt es mich im Herzen und drückt und bringt mich um.
Ich wollt es doch nicht missen: es ist mein Heiligtum,
Mein köstlich Angedenken an jene hohe Zeit,
Da war mein junger Wille gestempelt und geweiht.

Der Kampf hat umgeschlagen, es ist nicht unsre Schuld;
Nun heißt es lassen bluten in männlicher Geduld.
Was tun wir mit dem Reste des Lebens und der Kraft?
Komm, laß uns täglich segnen, was blüht, was liebt, was schafft.

Und könnt ich meine Trauer mit dichterischer Hand
Wirken zum Ruhmesmantel und legen das Gewand
Über die schönsten Schultern und winden ihr zum Kranz
Die Bilder und die Blumen aus der Erinnrung Glanz,
So wären tausend Jahre trotz dem entschwundnen Mut
Mir nicht zu viel zum Leben, ich lebt es ihr zu gut."

Und wie ich nach dem Beten das Vöglein küssen will,
Da war es leis verstorben. Bei uns gehts nicht so still.

Nun bin ich einzger Erbe vom See und Gartenhaus,
Und der verwaiste Segen einsam quillt trüb heraus.

Was tu ich jetzt auf Erden? Ich wag es und versuchs
Und dicht am Trauermantel und schreib es auf und buchs.
Da brauchts nicht weiser Arbeit, man weint es und man singts;
Denk ich des heilgen Vögleins, so scheint es und gelingts.


Carl Spitteler

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