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Gedenkseite für Christa Daenicke
Stammbaum: www.ancestry.de
https://de.findagrave.com/memorial/227389319/christa-daenicke
https://www.trauer.de/traueranzeige/christa-daenicke
Eltern:
Emma May, geb. Künkel wurde im Sommer am 06. Juli 1894 in Amalienhof geboren und starb am 23. November 1976 mit 82 Jahren in Eberswalde
Erich May (1,84m groß, Heirat 8_4_1922) wurde im Winter am 08. März 1894 in Claushagen geboren und starb am 28. November 1945 mit 51 Jahren in Lichterfelde
Kind: Bernhard Daenicke 7.12.47
Christa, Erna Erika Daenicke, eine von 2 Milliarden Menschen, wurde im Frühling 1924 in Lichterfelde geboren und starb nach einem Schlaganfall im Sommer 2009 im Eberswalder Krankenhaus.
Hier eine Zusammenstellung aus ihren Erzählungen und Ergänzungen vom Sohn Bernhard.
Es begann in Lichterfelde in der Steinfurter Allee. Erich und Vater Albert May bauten das Haus Nr. 13 und 14. Albert musste aufgeben und Nr. 13 verkaufen. Er bezog mit seiner Familie 1 Zimmer im Haus seines Sohnes Erich. Erich heiratete die Frau Emma Stärke geb. Künkel aus Amalienhof.
Sie brachte eine Tochter Erika mit in die Ehe.
In diese Verbindung wurde ich Christa May am 14.5.1924 hineingeboren. Meine Kindheit verlief normal. Auf der Aue hatte ich mit gleichaltrigen Mädchen einen idealen Spielplatz. Es waren Anneliese Erbe – Tochter von Herrmann Erbe und Käthe Rapsch. Wir kamen zusammen in die Volksschule Lichterfelde. Sie begann damals mit der 6. Klasse im weißen Saal des Lichterfelder Schlosses. Unser erster Klasselehrer war Herr Markward. Es folgten die Klassen 5 und 4, die im Schülerhaus (heutiger Kindergarten, inzwischen abgerissen) und im Wirtschaftsgebäude auf dem Gutshof . In der Schule gab es die Möglichkeit in einer Gruppe Mandoline zu spielen, bei der sie und ihre Schwester Erika mit machten. Ein Lehrer namens Schroeder war begeistert von diesem Instrument und versuchte seine Schüler dafür zu gewinnen. In jeder Klasse bildete er einen Mandolinenklub. Gerne hätte Christa nach der Schule Akkordeon spielen gelernt, doch waren die Eltern zu arm, um ein Instrument zu kaufen. Ich war inzwischen in der 2. Klasse, die wir in der 2. und 1. Abteilung machen mussten. Unser Klassenlehrer war Herr Kremzow. Die Klasse befand sich im heutigen Arzthaus in der Eberswalder Str. 4. Dann musste ich noch die erste Klasse absolvieren. Auch hier wieder in der 2. und 1. Abteilung. Der Raum war in der heutigen Gemeindevertretung ( später Ordnungsamt). Unser Lehrer war Herr Schröder, der auch als Hauptlehrer in der Schule fungierte.
Christa hatte keine Schwierigkeiten in der Schule, weil sie dort immer eine der Besten war. Von ihren Eltern wurden die Kinder in ihrer kirchlichen Erziehung nicht beeinflusst. Sie konnten sich ihre eigene Meinung bilden und waren daher nicht besonders religiös. Christa wurde nicht zum Kirchgänger erzogen und ging auch nicht gerne zur Kirche. Erst in späteren Jahren fand sie auf Grund der vielen chirurgischen Eingriffe, die immer gut ausgingen, wieder zu verstärktem Glauben zurück.
Während des letzten Schuljahres waren einige Mädchen aus der Klasse schon körperlich gut entwickelt. Das brachte sie auf die Idee mit Käthe Rapsch nach Amalienhof zu ihrer Oma zu fahren, um dort an einem dort bekannten Maskenball der Erwachsenen teilzunehmen. Christa hatte eine Cousine in Eberswalde, Helene Weiland. Sie wurde von ihr mitgenommen zum Tanzen in Neumanns Festsäle, welche den Ruf hatten, dass hier die Post abging. Sie blieben fasziniert bis spät in die Nacht. Als sie dann in der Nacht um 3 Uhr nach Hause kam, wartete schon ihre Mutter mit einem „Kantschuh“ hinter der Tür und verabreichte ihr eine Trachtprügel, die nicht von schlechten Eltern war, so wie sie es noch nie erlebt hatte.
Fernseher gab es damals noch nicht. Unser erstes Radio kaufte mein Vater als ich 10 Jahre alt war. Ich erinnere mich noch genau, welch großes Ereignis das war. Es war ein Volksempfänger, der 45,- M kostete. Im Volksmund wurde er Göbbelsschnauze genannt. Leider hatten wir keine Steckdose an der Wand. Die wurde beim Hausbau vergessen, denn weitere elektrische Geräte besaßen wir nicht. Für meinen Vater war das kein Problem. Geschickt baute er gleich eine an. Das Radio stand auf dem Zimmertisch, der direkt unter der Steckdose an der Decke stand. Nur war die Schnur mit dem Stecker zu kurz und so wurde einfach eine Fußbank unter das Gerät geschoben. Wir drei weiblichen Familienmitglieder fanden das nicht schön und deckten die Fußbank mit einem hübschen Stückchen Stoff ab. Den ersten Kontakt zum Rundfunk bekamen wir über meinen Onkel Otto, einem Bruder meines Vaters, der noch bei seinen Eltern in unserem Haus wohnte. Schon 1928 bastelte er an einem Detektor herum, und konnte sogar einige Sender über Kopfhörer empfangen.
Nach meiner Einsegnung verließ ich 1938 nach 8 Jahren die Volksschule in Lichterfelde. Christa Daenicke antwortete, als sie danach gefragt wurde, ob sie eine glückliche Kindheit gehabt hätte, mit ja und nein.
Es hat den Kindern oft viel Kummer bereitet, dass ihre Eltern nicht immer nett zueinander waren. In späteren Jahren, beschreibt Christa ihre Mutter, als nicht so, wie man sich das wünscht, manchmal etwas gehässig zu ihrem Mann.
Zu ihrer Tochter Erika war sie sehr gut, da die ihr Liebling war. Deshalb fand sich Christa nicht so nett behandelt von ihrer Mutter, wie Erika. Doch schlecht behandelt wurde Christa nach ihren Angaben auch nicht.
In der Steinfurter Allee 14 wurde sehr beengt gewohnt. Daher mussten die Kindergeburtstage, wenn es das Wetter erlaubte draußen gefeiert werden. Nur bei schlechtem Wetter wurde der Geburtstag dann in die Wohnstube verlegt.
Für den Haushalt war Erika mit zuständig als ältestes Kind. Christa blieb das erspart, worüber sie froh war. Sie wurde als Schulkind von ihrem Vater täglich, oder sogar mehrmals zu den Bienenständen geschickt, um zu sehen, ob alles in Ordnung war, oder es Bienenschwärme gab. Das machte sie aber auch nicht gerne. Die standen zwischen der Siedlung und der Brücke nach Finowfurt im Wald.
Einmal als sie zum Kaufladen der Frau Mueller in der Steinfurter Allee ~ 20 mit dem Fahrrad fuhr, war sie abgelenkt, stieß mit höherer Geschwindigkeit an den dort stehenden Straßenbaum und schlug mit dem Gesicht so auf den Lenker, dass sie sich die Ecke eines Zahnes heraus brach und damit bis zu den dritten Zähnen leben musste. Die Stelle war aber noch recht klein und so konnte sie es verbergen, wenn sie lachen musste.
Christa war in ihrer Jugend nie selbstsicher, sondern immer mit sich unzufrieden und unsicher, da sie glaubte mehr leisten zu müssen, den Aufgaben nicht gewachsen zu sein, die auf sie zukamen, mehr leisten zu sollen, als sie es konnte. Sie war auch ein innerlich ängstlicher Typ. Die Unruhe, dass irgendetwas Unvorhergesehenes passieren könnte, beunruhigte sie bis ins Alter.
In dieser Zeit gab es harte Jahre für uns. Mein Vater wurde arbeitslos. Er bekam 7.00 M Arbeitslosenunterstützung in der Woche. Wir hatten 1 und ½ Morgen Land hinter dem Haus. Darauf bauten wir wechselweise Kartoffeln und Korn an. Davon wurde ein Schwein, zwei Ziegen, ausreichend Hühner, Enten und Gänse gefüttert. Auf dem Hof gab es immer Hühner. Ein Huhn davon war Christas Lieblingshuhn. Wenn es trotzdem geschlachtet wurde, konnte sie natürlich davon nie etwas essen.
Hunde kamen und gingen in ihrem Leben. Einmal wurde dabei ihr Liebling ein Terrier der Foxi getauft wurde, geholt. Leider war er nur kurze Zeit bei ihr, weil er fort lief – zurück zu seinem Herrchen nach Messingwerk.
Mein Vater war ein geschickter Handwerker. Er baute sich Bienenkästen und betrieb seitdem auch eine Imkerei.
So hing an einem Baum im Dorf ein Zettel „verkaufe Bienenhonig 1 Pfund für 1,20 M“. Mein Vater sagte immer, wir brauchen niemals hungern. In unserem Garten fließen Mich und Honig. In der Zeit als er arbeitslos war, baute er das Spielzeug für seine Tochter selber. Z.B. einen Kaufmannsladen mit einer Waage, ein kleines Karussell und ein großes Schaukelpferd aus Holz. Als Christa 4 Jahre alt war, baute ihr Erich ein kleines Fahrrad zusammen. Zu dieser Zeit fuhr die ganze Familie mit dem Fahrrad von Lichterfelde nach Amalienhof und Christa bewältigte die Strecke nun mit eigener Kraft. Als Kind ließ sich Christa gern alles Erzählte in den Lichterfelder Jagon übersetzen.
Auf der 1. Aue fanden am Ende des Sommers eines jeden Jahres Siedlerfeste statt, zu denen die Anwohner ihre Häuser festlich mit Girlanden und Blumengebinde schmückten. Gern präsentierten die Siedler, was sie von ihren Feldern und aus ihren Gärten als Ernte einbrachten, denn jeder war stolz auf den Lohn seiner Arbeit. Aus der Umgebung kamen Händler mit kleinen Verkaufsständen, die sie rund um die Aue stellten. Hier boten sie ihre Waren an. Marie Grabs schenkte an ihrem Stand die Getränke aus. Schon am Eingang sorgte eine Blaskapelle für Stimmung. Dort wurde vom Siedlerverband Eintritt kassiert. Für die kleineren Kinder gab es Unterhaltungsspiele, wie Sackhüpfen und Wettrennen. Selbstverständlich bekamen die Sieger eine Belohnung. Junge Burschen kletterten an einem Mast hoch, an dem an einer Schnur Würste hochgezogen wurden. Mit dem Mund mussten sie diese greifen. Auch Verlosungen mit kleinen Preisen fanden statt. Der erste Preis konnten z. B. ein stattlicher Hahn, oder einige der schon erwähnten Siedlerernteartikel sein. Abends organisierten die Erwachsenen für ihre Kinder einen Fackelzug. Der krönende Abschluss fand dann im Saal der Wirtin Marie Grabs als Siedlerball statt. Die Auen wurden zu jener Zeit als Grünbereich geliebt und genutzt. Man traf sich bis in die 40er Jahre vor der Haustür auf der Bank, um sich zu unterhalten.
Nach Lichterfelde kam früher auch öfter ein Zirkus, oder kleine Unternehmen mit Karussell und Luftschaukeln.
Als Christa 1938 aus der Schule kam fing auch bald der Krieg an, von dem man da noch nicht wusste, welche Ausmaße er annehmen würde. Diese beunruhigende Situation schlug sich natürlich auch auf ihre Seele nieder. Als ich 9 Jahre alt war, kam Hitler an die Macht. Er ließ Autobahnen bauen und damit bekam mein Vater wieder Arbeit. Mein Vater war ein großer Gegner Hitlers. Das konnte ich nicht verstehen, denn er hatte ihm doch Arbeit gegeben.
Noch im selben Jahr begann ich am 1. April eine Lehre als Fotografin in Eberswalde (Adolf Hitler Damm 18) bei der Fotomeisterin Hedel Schulz und Charlotte Bessel. Das war für mich eine große Umstellung , denn ich war bis dahin ein richtiges Kind vom Lande. Wie es in der Stadt zuging, wusste ich nicht. Das Radio reichte aber nicht aus, um mich für das städtische Leben fit zu machen. Das erste Lehrjahr fiel mir schwer. Eine Abscheu hatte ich davor, im Laden einen Kunden zu bedienen. Das ging soweit, dass meine Chefin die Lehre beenden wollte. Ich gab mir große Mühe und da mir alle andere Arbeiten gut von der Hand gingen, war ich im 3. Lehrjahr so gut, dass ich in Abwesenheit und beim Urlaub meiner Chefin das Geschäft leiten konnte, obwohl wir auch eine ausgelernte Kraft als Gehilfin hatten. Nach Abschluss meiner Lehre blieb ich im Geschäft weiter tätig. Als Christa in Eberswalde im Fotostudio (in dem sie sehr viel aufgegeben bekam und immer sagte, dass ihr dort kein Gras unter den Schuhsolen wachsen konnte) der Frau Schulz ihre Lehre zur Fotografin machte und auslernte, lange bevor der Krieg endete, fand sie ihre große Liebe, in einem Leutnant bei der Artillerie , der aus Rotwald stammte. Der wurde dann aber versetzt. Noch im Krieg lernte sie Hannes kennen, der mit ihr Heiratspläne schmiedete. Er stammte aus Lanz bei Lenz wo Turnvater Jahn geboren wurde und gelebt hatte. Sie waren schon recht fest verbunden und hatten sich seinen Eltern vorgestellt. Nur schaffte es Hannes nicht, aus diesem Krieg zurück zukehren.
Alles wurde schwerer für uns. Es gab Lebensmittel- und Kleiderkarten. Jeder kam nur eine bestimmte Menge zugeteilt.
Nachdem ich meine Lehre beendet hatte, trat ich im Urlaub meine erste größere Reise an. Sie sollte ins Salzkammergut zum Wolfgangsee führen. Das war eine tolle Fahrt. Die Züge waren in dieser Zeit hoffnungslos überfüllt. Es blieb mir nichts anderes während der Fahrt übrig, als von Berlin bis Salzburg zu stehen. Umfallen konnte ich nicht, so eingepfercht standen wir. Auf dem Bahnhof Hof gab es keinen Aufenthalt. Da man nicht auf die Waggontoilette gelangte, stiegen Bedürftige mit gegenseitiger Hilfe aus dem Fenster aus und verrichteten ihr Geschäft auf dem Bahnsteig. Dann stiegen sie mit Hilfe anderer wieder durch die Fenster in den Waggon. In Österreich merkte man nichts vom Krieg. Es mussten zwar Lebensmittelkarten abgegeben werden, doch es gab noch viel mehr zu kaufen als in Deutschland. Auf den Almen bekam man jede Menge Brot, Butter und Käse. Zu Hause wurde das Leben immer schwieriger. Alle Männer waren eingezogen. Viele schon gefallen.
Am schlimmsten waren die Luftangriffe der Alliierten. Meistens gab es sie in den Abendstunden, wenn ich mit dem Fahrrad von der Arbeit heimfahren musste. Niemand durfte sich beim Fliegeralarm auf der Straße blicken lassen. Der Alarm begann mit einem Heulton der Sirene und endete mit einem lang gezogenen Ton der Entwarnung. Die großen Bombergeschwader flogen über unsere Köpfe hinweg in Richtung Berlin. Wenn im Randgebiet ein Bomber abgeschossen wurde, kam es schon mal vor, dass er in unserer Nähe abstürzte und explodierte. Einmal wurden über der Eckhardsiedlung ganze Christbäume von Leuchtkugeln gesetzt. Die erleuchteten alles taghell und waren ein Zeichen dafür, dass hier bombardiert werden sollte. Einige Bomben fielen dann auch. Unser Finowtal wurde aber von Bomben verschont, obwohl es hier viel Industrie gab. Angeblich wäre aus dieser Höhe nichts zu sehen, weil immer ein Nebelschleier darüber lag.
Die Wirtschaft funktionierte nur noch mit Frauen. Ich bekam eine Dienstverpflichtung als Straßenbahnschaffnerin. Man sagte, die Photographie sei nicht so wichtig. Meine Chefin hatte aber gute Verbindungen und so konnte sie meine Verpflichtung verhindern. Unsere Truppen waren inzwischen Auf dem Rückzug. Es wurden Kinder und alte Männer an die Front geholt. Meinen Vater hatte man zum Volkssturm eingezogen. Da bekam ich einen Befehl, Luftwaffenhelferin zu werden. Meine Chefin konnte diesmal trotz ihrer guten Verbindungen nichts mehr für mich tun. Auf dem Flugplatz in Finow musste ich in einem Fotolabor die Filme der Aufklärer über Russland entwickeln und vergrößern. Mit einer Sondergenehmigung konnte ich jeden Abend nach Hause fahren, um dort zu schlafen.
Aus Richtung Oder hörte man inzwischen schon den Kanonendonner und es hieß, das Fluggeschwader würde weiter westlich verlegt werden. Eines Tages rückten wir nach Neuruppin ab. Viele Flüchtlinge verstopften alle Straßen, die in Richtung westen führten. Zu Hause hatten wir einige Flüchtlinge von der Oder aufgenommen. Meine Oma aus Amalienhof und noch ein paar Frauen aus dem Ort waren bei uns und noch Emilie Kreschewski aus Hohenwutzen. In Neuruppin angekommen, fanden wir nur noch rauchende Trümmer vor. Am Tag zuvor war der Flugplatz von den Engländern bombardiert worden. Wir packten unser Fotolabor erst gar nicht mehr aus, da es kein Wasser und kein Strom mehr gab. In Notunterkünften brachte man uns unter. Plötzlich standen meine Schwester und Käthe Bönicke vor mir. Sie waren mit einem Panzer bis hierher mitgenommen worden. Meine Vorgesetzte sagte, sie können bei uns bleiben. Sie wurden auch als Luftwaffenhelferinnen eingegliedert. Bald ging unser Rückzug weiter. Unser nächstes Ziel war Lerds am Müritzsee. Auch die Fahrt dorthin war schwierig. Alle Straßen waren mit Flüchtlingstrecks verstopft. Uns schleuste man immer daran vorbei. Oft beschossen uns die englischen Tiefflieger. Wir bekamen aber über Funk rechtzeitig Vorwarnung und konnten unsere Fahrzeuge schnell verlassen. Sie waren ja immer das besondere Ziel der Tiefflieger. Oft schossen sie ihre Maschinengewehrsalben mitten hinein in die Flüchtlingstrecks. Nach einem solchen Angriff sahen wir viel Leid und Elend.
In Lerds bekamen wir niedrige Baracken als Unterkünfte. Hier wurden wir täglich von den Tieffliegern „ beharkt“. Die Geschosse gingen durch die dünnen Dächer fast ungehindert hindurch. Jeder grub sich deshalb draußen ein tiefes Loch und immer wenn eine Warnung kam, sprangen wir aus dem Fenster gleich ins Loch hinein.
Bald ging unsere Fahrt weiter nach Schwerin. Wir wurden im Schloss einquartiert. Hier waren wir sicher vor den Tieffliegern, Luftangriffe mit Bombern gab es auch nicht mehr. Die englischen, amerikanischen und französischen Truppen standen schon ganz in der Nähe. Plötzlich hieß es - weiter. Alles aufladen und da es sehr schnell gehen musste, setzten wir uns oben auf unsere vielen, mitgeschleppten Sachen drauf. Normalerweise wurde unser Hab und Gut auf einen extra Wagen geladen und transportiert. Unsere Fahrräder passten aber nicht mehr mit rauf, und so ließen wir sie einfach am Schweriner Schloss stehen. Ab, ging es nun in Richtung Gadesbusch. Unterwegs riet man uns allen Schmuck abzunehmen. Die Engländer nehmen sich alles, was sichtbar ist. Dann kam die Wagenkolonne ins stocken und man sagte uns, vorn werden unsere Leute schon von den Engländern entwaffnet. Man gab uns Frauen den guten Rat, abzusteigen, damit wir nicht auch als Luftwaffenhelferinnen in Gefangenschaft geraten. Wir verdrückten uns ins Gebüsch. Da saßen wir nun mit unserem Gepäck. Jeder von uns hatte einen Riesenkoffer und zwei Säcke voll Sachen. was nun? ./.
Früher (in ihrer Jugend) hatte sie oft mit den Ohren Probleme. Häufig bekam sie Ohrenschmerzen, so dass in jedem Zeugnis stand, wegen Krankheit lange gefehlt. Sie glaubte daher rührt ihre Schwerhörigkeit im Alter. Mit 18 hatte sie Diphtherie, mit 30 Scharlach und Probleme mit dem Herzen kamen dazu.
Karl Daenicke kannte Christa schon von der Kindheit an. Der Altersunterschied von sieben Jahren führte dazu, dass er auch als sie in die höheren Klassen kam, nicht auf sie achtete, denn er war schon kurz davor die Schule zu verlassen. Kennen lernte Sie ihn erst, als er aus dem Krieg zurückkam. Christa ging gern tanzen und so trafen sie sich bei einem Silvesterball. Sie tanzten miteinander und verabredeten sich danach wieder. Es vergingen ein, ein halb Jahre in denen sich Karl auch mit anderen jungen Frauen aus dem Ort traf, die sich für ihn interessierten, bevor sie sich einig wurden. Am 28.09.1946 heiratete mich Karl Daenicke.
Unser Sohn Bernhard wurde am 07.12.1947 zu Hause im Zimmer in der Steinfurter Allee 14 geboren. Es war am Sonntagnachmittag um 15,30 Uhr. Die Hebamme Frau Dubrinski holte ihn auf die Welt.
Im Juli 1947 gab ich darum meine Arbeit bei Hedel Schulz auf, denn sonst hätte ich jeden Tag mit dem Fahrrad nach Eberwalde fahre müssen. Das war nicht so einfach. Die Wassertorbrücke war gesprengt. Man konnte nur mit einer primitiven Fähre über den Kanal gelangen.
Mein Mann war zurzeit in der Sattlerei seines Vaters beschäftigt. 1950 baute er sich eine eigene Werkstatt auf. Sie befand sich in der Biesenthaler Str. in Finow. Bald wurden die Räume zu klein und er zog in die Dorfstraße. Er beschäftigte einige Gesellen und dazu 2 Lehrlinge. Leider gab es in der DDR zu wenig Material und einige Ausgangsstoffe gab es gar nicht. Ich fuhr über Gesundbrunnen nach Westberlin und kaufte diese fehlenden Dinge dort ein. Was ich tragen konnte schmuggelte ich durch die Zollgrenze in Bernau nach Hause. Sprungfedern und sperrige Sachen schaffte ich nach Birkenwerder an die Grenze von Westberlin. Über Schleichwege holten es die Lehrlinge von dort mit dem Fahrrad ab. Einmal wurden sie vom Zoll erwischt. Das hatte für Karl ein Strafverfahren zur Folge. Er wurde zu einem ¼ Jahr Gefängnis verurteilt. Hedel Schulz verhalf uns durch Beziehungen zu einem Staatsanwalt, um diese Strafe auf Bewährung umzuwandeln.
1955 nahm ich wieder eine Arbeit auf. Ich richtete bei der HO ein Fotolabor ein.
Während dieser Zeit bauten wir zu Hause eine Badestube an und überdachten den Treppenaufgang zum Hauseingang auf dem Hof.
Gleich nach dem Krieg versuchte sich mein Mann mit der Imkerei. Es gelang ihm sehr gut.
Das Dreiradauto von meinem Vater stand in dieser Zeit nicht fahrbereit – in einer alten Blechgarage. Da er es für die Imkerei und für seine Werkstatt gut brauchen konnte, ließen wir es von einem bekannten Autoschlosser wieder fahrtüchtig machen.
Inzwischen hatten wir auch ein kleines Motorrad gekauft. Damit fuhren wir beide zur Arbeit. Zuerst bis Finow und dann fuhr ich alleine nach Eberswalde.
1954 hatten wir die Fahrerlaubnis dafür gemacht. Wir dachten dabei ein wenig weiter und machten sie gleich für einen Pkw mit. Unser erstes Auto, einen P70 kauften wir uns 1961. Es war ein Jahreswagen. Die alte Blechgarage wurde sofort durch eine schönere, massivere ersetzt. (Dabei wurde der Wallnussbaum gefällt.)
1971 heirateten Gisela und Bernhard und da sie vorläufig keine Aussicht auf eine Wohnung hatten, bauten wir alles im Nebengebäude für die beiden innen aus. Damals war es ganz schwierig Baumaterial zu bekommen. Nur wer etwas zu geben hatte, bekam auch etwas zurück. So gab es die Ziegelbrennerei Schüßler noch. Er bekam von uns alle Polstermöbel aufgearbeitet, - vorrangig versteht sich. Wir konnten uns dafür jede Menge Ziegelsteine holen. 1000 Stück kosteten 35,-- M. Den Zement verkaufte uns ein guter Bekannter, der Bauunternehmer war. Er bekam dafür jedes Jahr seinen Bedarf an Honig von uns verkauft. Alles was an Holz nötig war, kauften wir im Sägewerk am Werbellinsee. Im Sofortverfahren reparierten wir ihnen immer dafür die Treibriemen oder besorgten auch mal einen neuen. Die Treibriemen waren fast nicht zu bekommen. Herr Kohls (Stahlbau Finow) war damals auch ein Familienvater mit einem großen Bedarf an Honig. Wir konnten daher alle nötigen Eisenträger von ihnen kaufen.
Tischlermeister Woutskowski baute Fenster und Türen, wenn sie benötigt wurden. Er ließ uns nicht jahrelang warten, wie es so üblich war. Er wurde von Karl zu seinem liebsten Hobby mitgenommen, dem Angeln. Den Jahresbedarf an Kohlen schippten wir ihm jährlich in seinen Kohlebunker, weil er körperlich nicht dazu in der Lage war. Unser Maurer war nicht mehr ganz jung und auch nicht völlig gesund. Trotzdem zog er den ganzen Bau allein durch. Von uns bekam er aber jeden Stein in die Hand gereicht. Er musste halt nur Stein auf Stein setzen. Drei Mark in der Stunde war sein Lohn. Auch er wurde mit dem Auto zum Angeln an den Werbellinsee mitgenommen, woran ihm sehr lag. Aufgrund seiner Gesundheit schaffte er das mit dem Fahrrad nicht.
Die Treppe im Nebengebäude hat der Tischler Schulz gebaut, der im Gemeindehaus wohnte.
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