Celestin Bougle

Celestin
Bougle

03.11.1870
Saint-Brieuc
-
12.08.1940
Paris

stimmungsbild

Gedenkseite für Celestin Bougle

Célestin Bouglé war ein französischer Soziologe. Bouglé wird 1870 in Saint-Brieuc in der Bretagne geboren und lebt nach dem Tod seines Vaters ab 1884 bei seinem Onkel in Paris. Dort besucht er das Collège Rollin und die Vorbereitungskurse (khâgne) für die ENS (École Normale Supérieure) am Lycée Henri IV. 1890 tritt er in die ENS ein. 1893 erhält er als Klassenbester die Lehrbefähigung (Agrégation) für das Fach Philosophie. Anschließend einjähriger Stipendienaufenthalt in Deutschland, wo er u.a. bei Georg Simmel studiert. Zuerst Lehrer in Saint-Brieuc wird er 1898 als Dozent an die geisteswissenschaftlichen Fakultät in Montpellier gesandt. 1899 Doktorat mit der Dissertation über Les Idées égalitaires. 1900 Professor in Toulouse, ab 1908 an der Sorbonne in Paris. Nebenbei Dozent an der ENS, ab 1927 deren stellvertretender Direktor, dann deren letzter Direktor vor der deutschen Besetzung (1935-40). Bouglé stirbt 1940 in Paris.

In Deutschland wird Célestin Bouglé vor allem von Simmel und dessen Werk über die soziale Differenzierung beeinflusst. Simmels Gedanken aufnehmend kritisiert Célestin Bouglé in seinem ersten Werk Les Sciences sociales en Allemagne 1896 Émile Durkheim dafür, dass dieser in den Sozialwissenschaften dieselben Methoden wie in den Naturwissenschaften benützen will. Trotzdem wird Célestin Bouglé ab 1896 zu einem bedeutenden Mitarbeiter von Durkheim und dessen Zeitschrift Année sociologique (1898-1913). Célestin Bouglé bedeutendstes Werk ist seine Dissertation über Les Idées égalitaires. Über Durkheims Idee der Arbeitsteilung hinausgehend und gestützt auf Simmels Begriff der sozialen Differenzierung analysiert er die moderne Gesellschaft. Diese unterscheidet sich nach Célestin Bouglé von anderen Gesellschaften dadurch, dass das moderne Individuum seine Rollen beliebig kombinieren kann. Dies ist gemäß Célestin Bouglé die Basis für den modernen Individualismus wie Egalitarismus. Auf dieser theoretischen Grundlage tritt Célestin Bouglé für die Rechte und Chancengleichheit aller Menschen ein und lehnt er früh jede rassistisch oder anderswie biologisch begründete Minderwertigkeit ab. Das Gegenteil der modernen Gesellschaft bildet die indische Kastengesellschaft, wo durch die Zugehörigkeit zur Kaste auch die übrigen Eigenschaften des Individuums definiert sind (siehe Célestin Bouglé Essais sur le régime des castes). Eher an der politisch-moralischen Seite der Soziologie interessiert, entfernt sich Célestin Bouglé ab 1910 von Durkheim und dessen übrigen Mitarbeitern (Mauss, Halbwachs) und widmet er sich mehr der Popularisierung des modernen und insbesondere soziologischen Denkens. 1920 gründet er das Centre de Documentation Sociale CDS, das verschiedene bekannte Persönlichkeiten hervorbringt, so Marcel Déat, Georges Friedman und Jean Stoetzel. Der bedeutendste Mitarbeiter des CDS ist Raymond Aron, der seine Dissertation über die deutsche Soziologie, in der er Max Weber in Frankreich einführt, bei Célestin Bouglé schreibt und, was die Ablehnung des totalitären Charakters der kommunistischen Ideologie anbetrifft, zu Bouglés politischem Erben wird.

Célestin Bouglé ist politisch sehr aktiv. Als zur Zeit der Dreyfus-Affäre 1898 die Ligue des droits de l’homme (Menschenrechtsliga) gegründet wird, wird Célestin Bouglé eines ihrer ersten Mitglieder. Von 1911 bis 1924 bekleidet er das Amt des Vizepräsidenten der Menschenrechtsliga. Zusammen mit Émile Chartier (Pseudonym: Alain) ist er der bedeutendste Intellektuelle des französischen Radikalsozialismus, jener spezifisch französischen Form von Liberalismus, die für Menschenrechte (siehe Dreyfus-Affäre) und Laizismus (siehe Trennung von Kirche und Staat 1905) eintritt. Célestin Bouglé setzt sich auch zusammen mit Léon Bourgeois für den Solidarismus ein, den radikalsozialistischen Versuch, Liberalismus mit der Verantwortung für sozial Schwächere zu verbinden. 1901, 1906, 1914 und 1924 kandidiert er als Radikalsozialist vergeblich für einen Sitz in der Nationalversammlung. Als begnadeter Redner hat er häufig politische Auftritte.

Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Celestin_Bougle
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