Pflichtteil
In Deutschland hat der Schutz der Familie in der Gesetzgebung einen hohen Stellenwert. Dies drückt sich darin aus, dass den engsten Familienangehörigen bei einem Erbfall auf jeden Fall ein sogenannter Pflichtteil zu steht – das bedeutet, dass er an die eingesetzten Erben eine Geldforderung in bestimmter Höhe hat.
In gut funktionierenden Familien werden die Pflichtteilsberechtigten ohnehin auch mit den Erben identisch sein und werden dann nicht mehr als Berechtigte bezeichnet - dieser Begriff bezieht sich nur auf enterbte Personen. Gab es also innerhalb der Familie Zwistigkeiten, aufgrund derer der Erblasser eine Person enterbt hat, so kann diese enterbte Person ihren Pflichtteil beanspruchen. Der Gesetzgeber erlaubt die Enterbung nämlich nur in wenigen Ausnahmefällen, zum Beispiel bei kriminellen Handlungen, die sich gegen den Erblasser und seine Familie gerichtet haben.
Berechtigte mit Anspruch auf einen Pflichtteil
Der Schutz der Familie bezieht sich nur auf den engsten Familienkreis, und deshalb sind nur enge Verwandte pflichtteilsberechtigt. Das sind die Kinder des Erblassers, wozu auch adoptierte Kinder zählen, sowie Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner.
Eltern, Geschwister, Großeltern und Enkel etc. haben nur dann einen Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn sie gemäß der gesetzlichen Erbfolge berechtigt wären. So haben zum Beispiel Enkel keinen Anspruch, wenn eines der Elternteile noch lebt.
Sollte der Pflichtteilsberechtigte vor Abwicklung der Auseinandersetzung sterben, so geht der Anspruch auf seine Erben über. Der Anspruch verjährt nach drei Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem der Berechtigte Kenntnis von seiner Enterbung erhalten hat. Hat er diese jedoch nie erhalten, so beträgt die Verjährungsfrist dreißig Jahre.
Ermittlung des Pflichtteils
Die Ermittlung der Höhe des Pflichtteils kann unter Umständen recht schwierig werden. Der Anspruchsberechtigte hat dabei das Recht auf Einsicht in alle relevanten Bereiche und kann die Vermögensaufstellung auch von einem Notar vornehmen lassen, wenn er befürchtet, dass die Erben keine ordnungsgemäße Auskunft geben werden.
Zu berücksichtigen sind im übrigens auch Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Ableben des Erblassers erfolgt sind. Auch hier besteht ein Anspruch auf Offenlegung, denn diese Schenkungen werden der Erbmasse wieder zugeschlagen, aus der der Pflichtteil berechnet wird. Allerdings werden im Gegenzug auch Schenkungen und Zuwendungen angerechnet, die die enterbte Person selber einmal vom Erblasser erhalten hat.
Reicht der Nachlass nach Berücksichtigung der Schenkungen nicht mehr zur Befriedigung des Pflichtteils aus, so kann sich der Anspruchsberechtigte nicht nur an den Erben halten, sondern auch direkt an den Beschenkten.
Umfang des Pflichtteils
Der Pflichtteil orientiert sich an den Ansprüchen, die sich aus einer gesetzlichen Erbfolge ergeben und beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die konkrete Höhe ist dabei von der Familiensituation abhängig, da sich die gesetzlichen Erbteile zum Beispiel nach der Anzahl der Kinder richten.
Der Pflichtteilsberechtigte hat dabei nur Anspruch auf die Auszahlung der ermittelten Summe; er hat als Nicht-Erbe keinen Anspruch auf bestimmte Sachwerte. Diese Summe muss ihm oder ihr von den Erben zeitnah ausgezahlt werden; in Ausnahmefällen ist eine Stundung möglich.
Da in einer Situation, in der man seinen Pflichtteil beanspruchen möchte, mit hoher Wahrscheinlichkeit Streitigkeiten in der Familie vorliegen, ist es unbedingt zu empfehlen, sich anwaltlichen Rat zu holen, damit man auch wirklich alles bekommt, was einem zusteht.
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